March 9, 2017
By Hannes Schweiger

Sorry this part has no English translation

MI 8. MÄRZ 2017
Trommelwirbelei und Luftsäulengestöber
GÜNTER „BABY“ SOMMER/ JOHANNES ENDERS
Günter „Baby“ Sommer (dr, perc, voice), Johannes Enders (ts, ss)

Beginnend mit dem Free Jazz und den aus ihm heraus entstandenen, weiterführenden stilistischen Nuancierungen etablierte sich diese Instrumentenpaarung (es sei nur auf John Coltrane/ Rashid Ali: „Interstellar Space“ verwiesen) fortan mehr noch in der europäisch verwurzelten Improvisationsmusik, denn in der amerikanischen, als eine oftmals präferierte Kommunikationsplattform. Dezidiert das zu einer prägnanten Melodierhythmik anregende Tenorsaxophon, mit seiner wirkungsmächtigen Klangfülle und deren sonorer Färbung, steht in besonderer Symbiose mit der „Rhythmuskeimzelle“ Schlagzeug. Ein Umstand den dieses so entspannt lustwandelnde Duo in stringentester Weise zu Gehör brachte. „Baby“ Sommer mit einer handvoll anderer Kollegen, der maßgeblichste europäische Schlagzeuger der Jazzavantgarde der letzten vier Dekaden, der lange vor dem Fall der Berliner Mauer, Mauern des konventionellen Time-Keeping niedergerissen hat, hat mit der spezifischen Erweiterung  seines Instrumentariums um aufeinander abgestimmte Trommeln und Cymbeln, die melodischen, harmonischen Aspekte des Schlagzeugspieles auf ein neues Level gehoben, in dem er die dahingehenden Erkundungen von Drum-Größen wie Max Roach oder Ed Blackwell weiter verfeinerte. Mit fast dirigierenden Bewegungen, in den Händen diverseste Anschlagwerkzeuge,  ließ er sein Set singen. Enders gesellte sich umgehend mit luftigen Girlanden auf dem Sopran hinzu und unterstrich welch stupender Melodiker er ist. Im weiteren Verlauf zog ein engmaschiges Interplay seine Bahnen, das einen wahren Ideenrausch zündete. Sommer zauberte mit ebensolchem melodischen Feinsinn sowie dynamischer Nuanciertheit detailreiche, perkussive Tonfolgen hervor, die er in repetitive Rhythmusmuster oder polyrhythmische Extravaganzen übergehen ließ, aus denen er wiederrum timebezogene Strukturierungen entwickelte. Und da ließ Sommer es mit Latin-Touch grooven, im Neo-Bop Flair tänzeln oder brach die metrische Bindung auf, was in pulsierende asymmetrische Akzentuierungen mündete. Enders, auf eindrucksvolle Weise auf seinem Hauptinstrument, dem Tenor, die Jazzgeschichte absorbierend und in persönliche Diktion verwandelnd, ließ einen irisierenden, immer tonal zentrierten Flow an vielgestaltigen motivischen Improvisationen, in bestem rollinsschen Sinne, aus diesem strömen. Sein flexibler, warmer Ton sprach zudem für sich. Glanzpunkte setzte der Saxophonist z.B. beim umwerfenden Zitieren und Paraphrasieren eines Monk-Potpourris oder dem von Rahsaan Roland Kirk inspirierten Simultanspiel auf  Tenor und Sopran. Diesen Spontanmomenten verlieh Sommer eine verschmitzte, vehement swingende Motorik. Im Zuge dessen wurde deutlich mit welch individueller Weitsicht das Duo seine Verwurzelungen in den Jazzanalen in der Gegenwart verankert. Wenn das in einem derartigen Spannungscluster seinen Ausdruck findet, formt sich daraus eine relevante eigene Geschichte. Diese reflektierte die Magie pluralistischer freier Improvisation, wie sie nur auf dem Jazzterrain zur Entfaltung gebracht werden kann. „Hörmusik Duette“ von tiefgreifender musikalischer und menschlicher Koinzidenz und Fantasieverschränkung.