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DI 13. Juni 2017
It means a thing, ´cause Han got that swing
HAN BENNINK & JORIS ROELOFS
Han Bennink (dr, floor), Joris Roelofs (cl, bcl)
„New Dutch Swing“ nannte der amerikanische Musikpublizist Kevin Whitehead sein fundiert analytisches, repräsentativ erkenntnisreiches Buch über die niederländische Entwicklungsgeschichte der Improvisierten Musik der Post-Free Jazz Ära. Einer, der im besonderen Maße die rhythmischen Eigenheiten dieses „New Dutch Swing“ mit durchschlagendem Vokabular verkörpert, ist der „Ganzheitsschlagzeuger“ Han Bennink. Seine beeindruckende musikalische Vita, die ihn sowohl als Partner einer Vielzahl großer afro-amerikanischer wie weißer amerikanischer Jazzmusiker diverser stilistischer Ausprägungen des Modern Jazz, als auch als eine der treibenden Kräfte und den vielleicht herausragendsten Schlagzeugstilisten der europäischen „Jazzfreiklang-Kultur“ ausweist, sei hier nur kurz gestriffen, da ja hinreichend bekannt. Was Benninks energiegeladenes Spiel, in dem Lautstärke und die Klangerzeugung am Rande der Hörbarkeitsgrenze eine symbiotische Verbindung eingehen, charakterisiert ist, dass er sich nie einem „dogmatischen“, zeitlich indeterminierten, rein klangfarbenorientierten Schlagwerken hingab, wie es speziell in der europäischen Improvisationsszene in den Anfängen Usus war, sondern bei aller metrischen Loslösung, nie die Grundbausteine der Jazzrhythmik vernachlässigte. Er verstand es deren Kernparameter Swing bzw. periodische Akzentuierung in ein ganz eigenes vielgestaltiges Rhythmusnormativ zu gießen. Zudem lässt Bennink sein Spiel nicht nur an einem Drumset festmachen, da ihm der umgebende Raum mit seinen vielfältigen klingenden Verlockungen viel zu wichtig ist. Was er mit teils humorigen theatralischen Gesten auslebt. Bennink ist einer der wenigen weißen Europäer, der mit einer unangelernten Natürlichkeit swingt. Von den Haars- bis zu den Zehenspitzen. Belegt hat der inzwischen Mitsiebziger diese Fähigkeit, nach wie vor einen Hochgenuss darstellend, in seinem jüngsten, auf spontaner Improvisationsbasis beruhenden Duo-Projekt mit dem um eine Generation jüngeren Saxophonisten/Klarinettisten Joris Roelofs aufs Neue. Der Funke sprang in der Interaktion der beiden vom Fleck weg über. Bennink zauberte unmittelbar einen unbändigen Drive hervor, ließ tradierte Timekeeping-Figuren, die er mit kleinen Gimmicks aufpeppte, unter Verwendung von Sticks, Beserln oder Mallets über sein Set tanzen, die dann doch von Zeit zu Zeit in einem asymmetrischen, genau strukturierten Beat-Wirrwarr ausflippten, ehe er sie wieder in straightem „In Time“-Spiel einfing. Darin hoffierte er einige der großen Jazzschlagzeug-Krösusse von Baby Dodds über Max Roach bis Sunny Murray. Ein Kulminationsmoment war Benninks kurzer Solo, das in aberwitzigen Rolls über die Toms fegte, über „Salt Peanuts“. Roelofs konnte sich angesichts einer solchen Rhythmus-Wunderwelt in seinen Improvisationen zwanglos treiben lassen, was er im Endeffekt betreffend der emotionalen Seite, leider nicht vollends ausschöpfte. Der Holzbläser, mit vollmundigem, sonorem Ton an der Bassklarinette, die er überwiegend zur Hand nahm, überzeugend, konzentrierte sich prinzipiell auf seinen verblüffenden melodischen Findungsreichtum und das Variieren von jazz-harmonischen Basics und seinen belebenden Umgang mit Changes und Licks. Hierfür servierte ihm Bennink hocherfreut permanent die swingende Schubkraft. Lustwandelte das Duo, überwiegend im Tempo moderato, generell „Inside“ des Jazzduktus, so holte es diesen mit spielerischem Verve und instrumentaler Meisterhaftigkeit, nicht zuletzt auch dank Benninks beispielhaftem, limitlos scheinendem Intuitionspotentials, in ein stimulierendes Gegenwartskontinuum. Die spielwitzelnden freifliegenden Holländer.