Guido Spannocchi: alto saxophone
Martin Siewert: guitar
Gina Schwarz: bass
Matheus Jardim: drums
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Guido Spannocchi: Dieser Wiener spielt in London rasanten Bebop
Guido Spannocchi, aufgewachsen in Wien Landstraße, hat sich in der hippen britischen Jazzszene durchgesetzt.
Umtriebige Wiener sind oft weltberühmt in Wien. Nicht so Altsaxofonist Guido Spannocchi. Er ist vor acht Jahren nach London gegangen, um sich in einer der konkurrenzträchtigsten Jazzszenen der Welt zu etablieren. Auf Kosten seiner Bekanntheit in Wien. Wenn er hier gastiert, dann eher im jazzunüblichen Kontext. Mittwochabend etwa im Rhiz. In London spielt er in den Tempeln der Jazzavantgarde, so im Vortex und im Cafe Oto in Dalston; zudem in noblen Hotelbars wie dem Bloomsbury Club. Popmusiker Robert Rotifer, gleichfalls Wiener in England, schätzt ihn sehr. Spannocchi hat auch mitgeholfen, das demnächst erscheinende, von Rotifer produzierte Album von André Heller zu veredeln. In der Hauptsache aber macht er derzeit live Werbung für seinen dritten Tonträger „All the Above“, der einmal mehr mit feinen Bitterstoffen aufwartet.
Spannocchis Ton ist darauf rau, aber anheimelnd. Von besonderem Charme ist die modale Komposition „Spilled Milk“. Sie lebt von sanften Dialogen des Altsaxofons mit dem Baritonsaxofon von Tony Kofi, einem ghanaischen Emigranten, der u. a. mit Ornette Coleman und der Acid-Jazz-Kombo Us3 musiziert hat. Weitere Gäste auf „All the Above“ sind der slowenische Tenorsaxofonist Jure Pukl sowie die Tiroler Bassistin Gina Schwarz. Sämtliche Stücke sind aus Spannocchis Feder. Strenge Form und spontane Improvisation, beides spielt eine große Rolle in seiner Ästhetik. Für einen bekennenden Liebhaber rasanter Bebop-Linien geht er es auf dem aktuellen Opus vergleichsweise meditativ an. Die Stücke sind zugänglicher als auf seinem letzten Album „Terms And Conditions“, auch weil sie sich an den Strukturen des Hard Bop orientieren.
Bebop ist wieder extrem hip!
Inspiriert wurde Spannocchi vom rastlosen Leben und Treiben in der Megacity London. Kurioserweise ist dort der alte Bebop extrem hip. In Wien ist dieses in den 1940er-Jahren von Charlie Parker und Dizzy Gillespie entwickelte Genre kaum zu hören. In London aber hottet die Jugend dazu ab. Bebop wird dort sehr frei interpretiert, zuweilen auch mit 250 Beats per Minute. Da fallen Gläser zu Boden, die Leute tanzen und schreien. In dieser Szene konnte sich Spannocchi mit seinem unorthodoxen Trio durchsetzen. Dass seine Musik beim ersten Hören eher schroff wirkt, das mögen seine Londoner Hörer. Für Hiesige ist das neue Album eine gute Einstiegschance, ist es doch etwas zugänglicher.
Das im rauen Ton jubilierende „Kensington Hanami“ sei „beim Anblick einer japanischen Zierkirsche vor einer dunkelgrünen Wand im noblen Borough of Chelsea and Kensington“ entstanden, verlautet Spannocchi, „Majorelle Blue“ meditiere über die Farbe einer Bühnenrückwand eines Clubs in Südlondon. Lyrische Anmut weist sein Spiel in „Ode to Ornette“ auf: Gewandt wechselt er zwischen Zärtlichkeit und reschen Ausbrüchen an die Grenzen der Tonalität. Ein sehnsüchtiges Feuerwerk an Trillern und rasenden Linien feuert er in „Cork Screw Blues“ ab, das auf einem 18-taktigen Bluesschema basiert. Zu Spannocchis Kunst zählt, dass er den Klischees nicht ausweichen muss, weil es in seiner Musik gar keine gibt. (Samir H. Köck, "Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2019)