Heinz von Hermann & Jazzahead Picante (A/D)
Heinz von Hermann: reeds
Johannes Herrlich: trombone
Markus Gaudriot: piano
Volker Wadauer: bass
Harry Tanschek: drums
Andi Steirer: percussions
Wir starten ca. 1/2 h vor Konzertbeginn den Live-Stream (Real-Time, nach Konzertende nicht mehr abrufbar!). Durch Klicken auf "Zum Livestream" öffnet sich ein Fenster, wo Sie kostenlos und ohne irgendeine Registrierung das Konzert miterleben können. Wir ersuchen Sie aber, dieses Projekt über "Pay as you wish" zu unterstützen. Vielen Dank & Willkommen im virtuellen Club!
Nach mehr als einhundert Jahren Jazzentwicklung ist es gar nicht so leicht, mit dem einen Wort Jazz alles zu definieren, was sich im Laufe von Jahrzehnten alles so angesammelt hat. Für Puristen ist Jazz ausschließlich die Musik der ersten drei Dekaden des 20. Jahrhunderts. Für andere beginnt er erst so richtig mit dem Bebop interessant zu werden. Ich kenne relativ prominente Opinionleader der Wiener Szene (m. E. sind es "Kretins") die mögen Swing-Jazz, O-Ton: "aber nur Goodman bis 1940, nachher ist er mir schon zu modern!" Jüngere Musikfreunde sprechen von Danceflor-Jazz und für viele ist es dann Jazz, wenn Musik mit einer tunesischen Laute oder mit dem Alphorn gespielt wird. Funk, Soul, Free, Neo-Bop, Third Stream, Fusion, Afro-Beat, Rap, House, Crossover, Ethno…… alles das kann auch Jazz sein. Ein Beweis dafür, wie einflussreich diese Musik bis jetzt gewesen ist (und sicher auch noch weiterhin sein wird). Trotzdem sind für mich persönlich einige Kriterien unerlässlich, wenn man von Jazz sprechen will: Die Musik sollte doch weitestgehend (aber nicht ausschließlich) improvisiert sein. Sie muss auch rhythmisch sein und zwar in einer Art, dass man von "swing" sprechen kann. Und drittens sollte ein Jazzmusiker doch seinen eigenen Sound, seinen eigenen individuellen, unverwechselbaren Ausdruck haben. "You have to play your own shit" sagen manche amerikanische Jazzmusiker, und wenn das auch nicht sehr fein klingt, richtig ist es allemal.
Heinz von Hermann, Jahrgang 1936, erfüllt all diese Kriterien. Er spielt "straight ahead" oder auch Salsa (Salsa hat er schon gespielt, als dieses Wort noch gar nicht in die Musikersprache Eingang gefunden hatte, damals sagte man noch Afro-Cuban oder Latin) und er ist dabei expressiv. Aber er ist nie "verbissen". Er spielt entspannt und das ist entspannend (aber nie langweilig) für den Hörer. Er spielt virtuos, aber er übertreibt seine Virtuosität nie zur Selbstzweckartistik. Er swingt "wie der Teufel" und seine Balladen klingen manchmal wie tiefe, leicht melancholische Seufzer. Die Karriere von Heinz in diesem Rahmen nachzuzeichnen, ist nahezu unmöglich. Nach dem Studium (auch Kontrabass bzw. Klarinette bei der Jazzlegende Fatty George) spielt er bis ca. 1958 in Wien, u. a. beim legendären Original Uzzi Förster. Danach ging Heinz wie auch andere Giganten unserer Szene (Koller, Drewo, Pauer, Fatty, Rettenbacher) nach Westdeutschland, war lange Zeit in Nordafrika und in Spanien (u.a. dort Zusammenarbeit mit Lee Konitz) tätig, um dann erneut in die BRD zu gehen, um diversen Big Bands (Greger, SFB, RIAS, Herbolzheimer) mit seiner außergewöhnlichen Solistik auf allen (!!) Instrumenten der Saxofonfamilie sowie mit den verschiedensten Flöten und der Klarinette "den Stempel aufzudrücken". Die Liste der Kollegen und Mitspieler, die Heinz in all diesen Jahrzehnten hatte, ist schier endlos und reicht von Herman Wilson und Coneccion Latina (das waren die ersten Salsa-Kontakte s. o.) sowie Bob Brookmeyer über Ray Brown und Clark Terry bis zu Ake Persson, Booker Ervin, Donald Byrd oder Tete Montoliu. In den letzten beiden Jahrzehnten legte Heinz eine respektable Reihe von CDs in Trio – oder Quintett/Sextett – Besetzungen mit Kompagnons wie Mads Vinding, Walter Norris, Erich Bachträgl, Dusko Gojkovic, Adrian Mears, Bruno Castellucci oder Jörg Reiter vor (ungenannt Gebliebene mögen mir verzeihen). Dass Heinz auch als Arrangeur (mit speziellen Versionen der Musik Thelonious Monks, Bix Beiderbeckes oder Lucky Thompsons) und Komponist (Ground Blues, Little Peace, Triolypso, Would She Have Loved It) ebenfalls bedeutend hervorgetreten ist, versteht sich beinahe von selbst. (...) (Klaus Schulz, 2011)