Mo 13. Dezember 2021
20:30

Lizz Wright (USA)

Verschoben !

Lizz Wright: vocals
Kenny Banks Sr.: piano
Adam Levy: guitar
Ben Zwerin: bass
Jack DeBoe: drums

Das Management von Lizz Wright informiert uns, dass die Tournee aus als bekannt anzunehmenden Gründen verschoben werden muss – und zwar deshalb, weil alle Konzerte ihrer Europatournee abgesagt wurden, mit der Ausnahme der beiden Konzerte im P&B. Aber dafür zahlt es sich nicht aus, die Übersee-Reise anzutreten, was wir bedauern aber natürlich verstehen. Es wird an einem Ersatztermin gearbeitet. Mit der Bitte um Verständnis... P&B-Team

Wir starten ca. 1/2 h vor Konzertbeginn den Live-Stream (Real-Time, nach Konzertende nicht mehr abrufbar!). Durch Klicken auf "Zum Livestream" öffnet sich ein Fenster, wo Sie kostenlos und ohne irgendeine Registrierung das Konzert miterleben können. Wir ersuchen Sie aber, dieses Projekt über "Pay as you wish" zu unterstützen. Vielen Dank & Willkommen im realen & virtuellen Club!

Lieder für hässliche Zeiten

Zu den eleganten Grooves ihrer Band schwebte Lizz Wright in einem Abendkleid mit Zebramuster ein. Das erinnerte an die Tapete der leider nicht mehr existierenden Lennox Lounge in Harlem, New York. Im Vorderteil bestand dieses Lokal aus einer langen Bar, in die praktisch jeder hineinfallen konnte. Ganz am Ende befand sich die Tür zum Heiligsten: einem Restaurant, in dem Granden aus Jazz, Blues und R&B musizierten. Die Stilvielfalt dieses Orts vereinigt Wright, eine Frau des amerikanischen Südens, in ihrer Person: Gospel, Soul, Folk, Blues und eben auch Jazz, das alles singt sie. Die Grenzen zwischen diesen Genres sprengt sie oft innerhalb eines Liedes.

Auf ihrem aktuellen, vom famosen Songwriter Joe Henry produzierten, großteils aus Coverversionen bestehenden Album „Grace“ flaniert Wrights expressive Stimme durch manch dramatische, ja wilde Landschaft. „Das Album entstand kurz nach der Wahl Trumps zum Präsidenten“, erklärte Wright der „Presse“. „Da wussten wir, dass wir Lieder mit Trostpotenzial brauchten. In politisch hässlichen Zeiten braucht es die Schönheit der Kunst umso mehr.“ Entsprechen glaubwürdig sang sie von der Dunkelheit vor der Dämmerung, schon im ersten Lied des Abends, „Barley“, in dem der Sturm zwar durch die Weizenfelder fährt, die Halme aber nicht knicken kann. Ein schönes Bild für die Beharrungskraft jenes Teils der US-Gesellschaft, der sich durch Trump nicht repräsentiert fühlt.

Die Orgel flirrte leidenschaftlich, als Wright „Old Man“ anstimmte, einen Klassiker aus dem Songbook Neil Youngs, der von dramatischen Lebenswendungen erzählt, in vagen, aber doch so bedeutungsvollen, für jeden Hörer anders erlebbaren Zeilen wie „Love lost, such a cost, give me things that don't get lost“, die Wright sehr innig sang.

Ein anderer Höhepunkt war Allen Toussaints „Southern Nights“, das der 2017 verstorbene Glen Campbell in den Siebzigerjahren zum Hit machte. Wrights Version war entschieden glühender. Überhaupt, egal welcher Provenienz ein Lied auch war, Wright verlieh fast jedem einen Gospeltouch. Darin ist sie der unvergessenen Bluessängerin Sister Rosetta Tharpe ähnlich, deren „Singing My Soul“ sie ebenfalls sang. Ganz zum Schluss zelebrierte sie in „The First Time Ever I Saw Your Face“ die Magie der ersten Begegnung. Standing Ovations! (Samir H. Köck, Die Presse, 13.04.2018)

Als Georgia Peach bezeichnet man in den USA landläufig Schönheiten aus den südlichen Staaten. Von ihnen heißt es, dass sie wie der Pfirsich – einer der wichtigsten agrarischen Exportartikel des Bundesstaates Georgia – außen soft und smooth und in ihrem Inneren süß sind. Ein solcher Georgia Peach ist auch die Sängerin Lizz Wright, die am 22. Januar 1980 in dem 2.000-Seelen-Nest Hahira als Tochter eines Predigers und Kirchenchorleiters zur Welt kam. Ihr jüngstes Album “Grace” konzipierte sie als Ode an den Süden, in dem sie aufwuchs. “Ich wollte auf ‘Grace’ die Lieblichkeit des Südens einfangen, so wie ich sie erfahren habe”, sagt Wright. Es gibt nicht wenige, die behaupten, dass niemand diese Lieblichkeit des Südens so wunderbar verkörpert wie Lizz Wright. Und auf “Grace” tut sie das tatsächlich noch beeindruckender denn je zuvor. Gemeinsam mit ihrem Produzenten Joe Henry wählte Lizz für dieses Album Songs von so unterschiedlichen Größen wie Ray Charles, Allen Toussaint, Nina Simone, Sister Rosetta Tharpe, k.d. lang und Bob Dylan aus, aber auch von aufstrebenden Künstlern wie Rose Cousins und den Birds of Chicago. Die Stücke spiegeln Wrights ländlichen Background wider, aber auch ihre Entwicklung zum internationalen Jazzstar. Und sie enthüllen das Wurzelnetzwerk der Geschichten und Songs, das die vielfältigen Traditionen miteinander verbindet, die die Seele des US-amerikanischen Südens ausmachen.

Durch ihren Vater kam Lizz Wright sehr früh mit Musik in Berührung. Bereits als Kind spielte sie in der Kirche Klavier und sang sie in dem von ihrem Vater geleiteten Chor Gospellieder. Zu Hause wiederum wurde sie mit den weltlicheren Klängen des Jazz, Blues und Soul musikalisch hochgepäppelt. Mit dem Chor ihrer Highschol gewann sie später einen nationalen Chor-Preis und entschied sich daraufhin, an der Georgia State University in Atlanta Gesang zu studieren. Dort nahm sie der Pianist Kenny Banks Sr. unter seine Fittiche, der nebenher auch einen Kirchenchor leitete. Banks begleitete Lizz Wright später auch auf ihrem Debütalbum “Salt” sowie bei der Einspielung von “The Orchard”, “Fellowship”, “Freedom & Surrender” und “Grace”.

In Atlanta unternahm Lizz außerdem erste Schritte in Richtung einer professionellen Karriere als Sängerin: als Mitglied der Band In The Spirit, mit der sie schnell eine eingeschworene Fangemeinde eroberte und erste positive Kritiken erntete. Die örtliche Zeitung Creative Loafing ernannte In The Spirit 2000 zur besten Jazzgruppe Atlantas und schrieb über Lizz: “Wright ist wirklich eine Sängerin für Sänger. Ihre wunderbare Tonlage und ihre ausgezeichnete Phrasierung legen den Verdacht nahe, dass Miss Wright durchaus Miss Right sein könnte. Sie hat alles, was man dafür braucht.”

Die Kunde von ihren vielversprechenden Talenten sprach sich in Windeseile in der Jazzgemeinde herum. Dem Crusaders-Pianisten Joe Sample war es vorbehalten, 2002 auf seinem Album “The Pecan Tree” die ersten Aufnahmen von Lizz Wrights Stimme präsentieren zu dürfen. Im Anschluss an die Veröffentlichung ging die junge Sängerin mit Samples Band auf Japan-Tournee. Noch im selben Jahr erhielt sie die Einladung, bei Konzerten zu Ehren Billie Holidays in Chicago und Los Angeles aufzutreten. Sie sang zwar nur jeweils zwei Titel, aber ihre Darbietungen waren so atemberaubend, dass sich die Kritiker vor Begeisterung überschlugen. “Die Entdeckung des Abends war Lizz Wright, eine 22 Jahre junge Sängerin aus Atlanta, die ein Maß an Spiritualität vermittelte, wie man es bei jungen Jazzsängerinnen nur selten findet”, schrieb Howard Reich in der Chicago Tribune. “Ihre Vorliebe für verhaltene Tempi, beseelte Interpretationen und phantastisch klangvolle tiefe Töne machte locker deutlich, weshalb in der Jazzwelt derzeit so viel über Wright gesprochen wird.” Ebenso begeistert war Don Heckman von der Los Angeles Times: “Die wahre Überraschung des Abends war die hochtalentierte, junge Sängerin Lizz Wright aus Atlanta, die bei ihrem Debütauftritt in Kalifornien jede Menge Beweise für ihr Potential als neuer Jazzgesangsstar bot… Wrights Performance beim Billie-Holiday-Tribut in der Bowl präsentierte ihre tiefes, volles Timbre in Interpretationen von ‘I Cover The Waterfront’ und ‘Don’t Explain’. Schlank und dunkeläugig, mit atemberaubendem Selbstbewusstsein ausgestattet, singt sie mit einer klaren Reife, die über ihr jugendliches Alter hinwegtäuscht.”

Mit ihren ersten beiden Alben für Verve, dem 2003 erschienenen Debüt “Salt” und dem 2005 veröffentlichten Nachfolger “Dreaming Wide Awake”, stieg Lizz Wright wie ein Komet auf und sicherte sich gleich einen festen Platz am Sternenhimmel des Jazz. Auf beiden Alben präsentierte sie sich nicht nur als vielseitige, ungemein ausdrucksvolle Sängerin, sondern auch als erstaunlich gewandte Songschreiberin. Auf ihrem dritten Album “The Orchard” macht die inzwischen in New York lebende Künstlerin noch einen bedeutenden Schritt nach vorne: selbstsicher überschritt sie die Grenzen zwischen verschiedenen Genres und liefert ein dynamisches, ausgesprochen kreatives Album ab. Eine Rückkehr zu ihren Wurzeln in der Gospelmusik (von denen sie sich allerdings nie wirklich gelöst hatte) zelebrierte sie 2010 auf “Fellowship”. “Gospelmusik werde ich immer im Herzen und in meinen Adern haben”, sagte sie damals. “In meinem Kopf höre ich ständig die Stimmen meiner Familie, wie sie diese Geschichten singen. Deshalb kann ich auch jederzeit zu meinen Wurzeln zurückkehren und aus ihrem Reichtum schöpfen. Auf ‘Fellowship’ wollte ich Songs aus meiner Heimat und auch einige ganz traditionelle Gospels singen. Aber darüber hinaus wollte ich den Leuten noch ein paar andere Dinge nahebringen, die mir heilig sind.”

Dann legte sie eine kreative Pause ein, aus der sie sich erst 2015 mit dem von Larry Klein produzierten Album “Freedom & Surrender” zurückmeldete. Nie zuvor hatte man die Sängerin so emotional und persönlich erlebt wie hier. Besonders unter die Haut ging ihr Duett mit dem großartigen Gregory Porter. Auf “Grace” schlüpfte Wright, die auf ihren Alben zuvor überwiegend eigene Lieder oder Originale aus der Feder ihrer Begleitmusiker gesungen hatte, dann erstmals in die Rolle der überaus kompetenten Song-Interpretin. Kurz vor der Veröffentlichung des Albums wurde der mittlerweile 37-Jährige eine ganz besondere Ehre zuteil, als sie am 5. Juli 2017 beim Montreal International Jazz Festival mit dem Ella Fitzgerald Award ausgezeichnet wurde, den vor ihr u.a. schon Gregory Porter, der im Februar verstorbene Al Jarreau, Diana Krall, Bobby McFerrin und Dee Dee Bridgewater erhalten hatten. (Jazzecho, September 2017)