Mo 7. März 2022
20:30

Black Sea Dahu (CH)

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Black Sea Dahu: Ein Song strömt durch die Social Media

Als Sängerin von Black Sea Dahu gehört Janine Cathrein zu den Schweizer Entdeckungen des letzten Jahres. Sie überzeugt durch ihren vielschichtigen Gesang und die eigenwilligen Arrangements ihrer Folksongs.

Bisher nahm Janine Cathrein erst passiv am Pop-Musik-Festival M4Music teil, vor allem an der Demotape Clinic, an der eine Jury die Songs von Newcomern beurteilt, zweimal auch Stücke ihrer Band Black Sea Dahu. Dieses Jahr jedoch kann die Zürcher Sängerin selber am Festival auftreten – und dies gleich als eine der Hauptattraktionen. Das überrascht nicht, denn das vor fünf Monaten veröffentlichte Debütalbum «White Creatures» hat international Aufsehen erregt. Tatsächlich beeindrucken die atmosphärischen Folksongs von Black Sea Dahu nicht nur dank Janine Cathreins vielschichtiger, dunkler Stimme, sondern auch dank der erstaunlichen Reife in Ausdruck und Gestaltung.

Aus dem Nichts komme das Debütalbum nicht, macht Janine Cathrein aber klar, die sämtliche Stücke auf «White Creatures» geschrieben hat. Das Gespräch findet in der Werkstatt ihres Vaters in Egg statt, weil ihr Übungsraum in einem «sehr kalten und dunklen Luftschutzkeller» sei. Die Werkstatt hat einige Bedeutung für Cathrein. Hier habe sie schon als Kind viel Zeit verbracht, hier habe sie Geige geübt und später jahrelang Schlagzeug gespielt. Und gemeinsam mit ihrer Schwester näht sie, die überdies als Velokurierin arbeitet, hier auch die Produkte für ihr Textillabel Juan The Ally. «Wenn mir die Band Stress verursacht, weil, wie im Moment, so viel läuft, setze ich mich gerne hin und kreiere etwas mit meinen Händen.» Das tue ihr gut, weil sie damit in absehbarer Zeit fertig werde – im Gegensatz zur Musikproduktion. Es beruhige sie aber nicht zuletzt auch dank der familiären Umgebung.

Eine Maturarbeit
Auch in der Musik setzt Janine Cathrein auf familiäre Bande. Seit vielen Jahren musiziert sie mit ihrer Schwester Vera und ihrem Bruder Simon, zunächst als Kinder in einem Streichertrio, dann in der Gruppe Josh und mittlerweile in Black Sea Dahu. Der Ursprung der neuen Gruppe liegt in ihrer Maturarbeit, die die Produktion einer eigenen CD zum Ziel hatte. «Seit ich fünf Jahre alt bin, spiele ich Geige, ich spielte vor allem klassische Musik, im Orchester und in einem Kammermusikensemble. Jetzt wollte ich einmal etwas ganz Anderes machen. Ich dachte mir, dass ich Songs, die ich schon vor Jahren geschrieben hatte, für eine Band arrangieren könnte.»

Janine Cathrein betont, dass es zunächst nur um ein Projekt gegangen sei, keinesfalls um eine feste Band. «Doch dann funktionierte das Zusammenspiel so gut, die Musik machte allen Freude, so dass wir nach der Matura im Jahr 2011 unter dem Namen Josh weitermachten. Wir veröffentlichten ein Album, eine EP und gaben auch viele Konzerte.» Als zwei Mitglieder die Band verliessen und zwei neue kamen, wurde sie für das neue Album in Black Sea Dahu umbenannt.

Wie ein Song lehrbuchmässig aufgebaut sei, habe sie erst durch die Maturarbeit gelernt, gesteht Janine Cathrein lachend. «Zunächst waren meine Songs eigentlich lange Gedichte, die ich vertonte, als ich Gitarre spielen lernte. Und bis heute ist es mir wichtiger, dass mich ein Song berührt und etwas in mir verschiebt, als dass er einem gängigen Schema entspricht.» Tatsächlich gehört es zu den Qualitäten des Albums «White Creatures», dass sich Cathrein nicht dem poppigen Diktat von Kürze und absehbaren Wechseln unterwirft. Nicht zuletzt verleiht sie den folkigen Stücken mit eigenwilligen Arrangements auch einmal einen kammermusikalischen Anstrich, leise Geräusche sorgen zuweilen für Ambient-Charakter. Die Band nimmt sich bei den verwehten, sympathisch unaufgeregten Songs auch Zeit, um sehnsüchtig weite Spannungsbögen aufzubauen.

So leicht, wie die Musik von «White Creatures» daherkommt, ist sie nicht entstanden. Sämtliche Songs wurden zuvor bereits einmal aufgenommen. «Wir kamen vor drei Jahren aber zum Schluss, dass sie nicht so tönten, wie wir es uns vorgestellt hatten. Wir wussten, dass sie viel besser und grösser klingen konnten und mehr auszusagen hatten.» Also wurden die ersten Aufnahmen verworfen. Und damit viel Geld in den Sand gesetzt, wie Janine Cathrein augenrollend erzählt.

Die Band nahm sich nochmals Zeit und investierte vier Monate in eine Vorproduktion, bevor man das Album 2017 in Norwegen professionell aufnahm. «Wir haben dabei sehr viel ausprobiert, was eine gute Erfahrung war.» Sie habe gelernt, dass vermeintlich originelle Varianten sich als Sackgasse erweisen können, und umgekehrt. Jedenfalls erhielten die Songs teilweise auch im Studio nochmals eine andere Form. Danach habe sie sofort gewusst, dass die Entscheidung für die neue Produktion richtig gewesen sei, sagt Janine Cathrein mit einer Begeisterung, als ob es gestern gewesen wäre.

Erfolg dank Streaming
Als Schlüssel zum Erfolg erwies sich vor allem ein Song: «In Case I Fall For You». Das Lied tönt bereits heute wie ein Evergreen. Über die Playlists von Streaming-Portalen erreichte er rasch ein internationales Publikum und wurde mittlerweile über eineinhalb Millionen Mal angehört. In der Folge werde nun häufig auch das ganze Album gestreamt, erzählt Janine Cathrein.

Sie weiss allerdings auch, dass der Ertrag aus dem Streaming minimal ist. «Ich hoffe einfach, dass die Leute, die uns streamen, via Social Media Werbung für uns machen und an ein Konzert von uns kommen, um dort vielleicht auch ein Vinylalbum oder eine Black-Sea-Dahu-Tasche zu kaufen.» Zudem sei die hohe Zahl an Streams auch ein starkes Argument gegenüber Veranstaltern. «Auch dank unserem Streaming-Erfolg können wir im Herbst eine grosse Deutschland-Tournee machen – was sich wiederum positiv auf die Höhe der Gagen in der Schweiz auswirken wird.» (Markus Ganz; NZZ, 14. März 2019)

Eine Veranstaltung von Barracuda-Music