Elisabeth Harnik 'Earscratcher' (A/USA)
Elisabeth Harnik: piano
Dave Rempis: alto, tenor saxophone
Fred Lonberg-Holm: cello, electronics
Tim Daisy: drums
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Ohrensausen
Die Quartett-Novität der exzellenten, musikalische Abenteuerzonen durchstöbernden österreichischen Pianistin/Komponistin Elisabeth Harnik. Anstoß dazu gab der von ihr heuer zu feiernde 50. Geburtstag. Zur Person: musikalisch sozialisiert von der abendländischen Kunstmusik. In deren Weiterentwicklungen hineingewachsen und ausgebildet, hat sie sich speziell anhand des Erfahrungs- und Materialschatzes der postdodekaphonischen Errungenschaften in Verquickung mit der Syntax des Free Jazz respektive freier Improvisation eine originäre improvisatorische Kunstfertigkeit zu Eigen gemacht. Jener ist zudem ein umfassendes instrumentales Verständnis anhängig. Soll heißen, dass Harnik in einer organischen Handhabungsweise geräuschdefinierte Klangqualitäten aus dem Innenleben des Klaviers mit den determinierten Tonwelten der Klaviatur zueinander und ineinander streben lässt. Das charakterisiert sie als eine hervorstechende Klavierstilistin. Über Szenegrenzen hinweg. Trieb sich die Pianistin zu Beginn des neuen Millenniums vorrangig in der brodelnden österreichischen freien Improvisationsszenerie mit erfrischendem Eigensinn herum, ergaben sich im Laufe der Nullerjahre, grund mehrfacher Begegnungen bei in- sowie ausländischen einschlägigen Festivals, immer intensivere Kontakte zur jüngeren Chicagoer Jazz-Avantgarde. Das gipfelte in Festivaleinladungen und Stipendien eben dort. Aus jener Zeit rühren auch Harniks enge Kontakte zu den Musikern, die sie zu ihrem Earscratcher Projekt geladen hat. Allesamt ausgesprochene Individualstilisten. Technisch beschlagen, die Fantasie ständig auf Reisen. Und sie gehören zu den maßgeblichen Kreativköpfen der zeitgenössischen amerikanischen Improvisationsmusik.
Was sie an den Chicagoer Musikern derart schätzt ist, wie Harnik es formuliert, die unprätentiöse Selbstverständlichkeit mit der diese zwischen dem Gestus des Free Jazz und Techniken bzw. Klangästhetiken der zeitgenössischen experimentellen Musik hin und her zu switchen in der Lage sind. Dieser Prämisse folgend nehmen im Schaffen der Musiker Komposition und Improvisation einen äquivalenten Status ein. Was dem musikalischen Naturell von Elisabeth Harnik sehr entgegen kommt. Auch wird nicht Tonalität gegen Atonalität, in time gegen out of time-Spielen, Klarheit gegen Abstraktion aufgewogen. Sämtliches hat seine Zulassung. Das Brennglas ist bei Earscratcher jedoch auf das Momenterfinden, das ad hoc-Reagieren, die Sensibilität des Hörens gerichtet. Synergie wird im Überfluss vorhanden sein.Elisabeth Harnik bringt das Ansinnen des Quartetts so auf den Punkt, wofür auch der Bandname steht: klangforschen, experimentieren, zuhören....aber auch irritieren, reizen, herausfordern.
Werte Hörerschaft, diese Klangwelten dürften sie ordentlich kratzen. (Hannes Schweiger, 2020)