Yasmo & die Klangkantine 'Laut und Lost' (A)
Yasmin Hafedh: rap
Ralph Mothwurf: guitar
Benjamin Daxbacher: alto saxophone, flute
Andreas Lindenbauer: tenor saxophone, bass clarinet
Markus Pechmann: trumpet
Georg Schrattenholzer: trombone
Lukas Lackner: keyboards
Tobias Vedovelli: bass
Reinhard Hörschläger: drums
Joanna Lewis: violin
Marianna Oczkowska: violin
Emily Stewart: viola
Melissa Coleman: cello
Eva Prosek, Lena Kuchling, Ricarda Maria: back vocals
& very special guest: Mira Lu Kovacs: vocals
Die Rapmusik entstand aus dem Bedürfnis, Geschichten zu erzählen. Kraft ihres Ursprungs war dabei zentral, den Finger am Puls der Zeit oder auch in den Wunden der Gesellschaft zu haben. Und das brauchte viel mehr Luft und Platz für Text als der obligate Pop-Dreiminüter. Yasmo stand schon mit 15 Jahren bei Poetry Slams auf der Bühne und irgendwie war sie für die Slammer schon immer die Rapperin (und für die Rapper die Slammerin). Seit mehr als zehn Jahren ist das längst auch amtlich besiegelt – mit zwei Solo-Alben und mit dem nunmehr dritten Album, das sie gemeinsam mit „ihrer“ Klangkantine aufgenommen hat: „Laut und Lost“.
Ihr Status als eine der klügsten und originellsten Texterinnen des deutschen Sprachraums ist umfangreich dokumentiert, sie längst umfangreich dekoriert. Yasmo wird engagiert und zeigt Engagement; ist lautstarke, intersektionale Feministin und kuratiert Festivals (u.a. Kultursommer Wien), ist Gastgeberin der deutschsprachigen Poetry Slam Meisterschaft im Wiener Burgtheater und obendrauf die österreichische Stimme von Lisa Simpson.
„Laut“ ist das alles natürlich, das versteht sich von selbst. Aber „lost“? Yasmo wirft einen laserscharfen, (selbst)kritischen Blick auf das junge Erwachsensein, das Ausbrechen aus klischeehaften Erwartungen auf dem Weg dorthin, die Gratwanderung zur Selbstermächtigung und Unabhängigkeit. Sie spricht schonungslos über die Seltsamkeiten und Herausforderungen, die Zeit und Zeitgeist dabei aufwerfen und beschäftigt sich ungeschminkt mit der lauter (sic!) werdenden Frage nach den versteckten „Kosten“ und dem eigentlichen Ziel der Reise: Man hat geschuftet und lange genug nach den Regeln des neoliberalen Kapitalismus gespielt; man ist vielleicht jetzt „jemand“. Aber ist man das wirklich selbst? Oder hat man dabei komplett auf das eigentliche Ich vergessen und ist völlig ausgebrannt ein kaputtes Etwas geworden, das man kaum im Spiegel erkennt? Nicht zuletzt hat die Pandemie mit all ihren Randerscheinungen mentale Gesundheit als prägendes Leitthema in ein breiteres Bewusstsein gerückt.
„LAUT UND LOST“ ist das nach dem selbstbetitelten Debüt „Yasmo & die Klangkantine“ (2017) und „Prekariat und Karat“ (2019) das dritte Album dieser ungewöhnlichen Werkgemeinschaft. Seither und gerade mit diesem Album sind deren wesentliche Figuren näher aneinandergerückt und haben sich gleichzeitig voneinander emanzipiert: Ralph Mothwurf lotet abseits dieser Zusammenarbeit mit dem nach ihm benannten Orchester – einem üppigen, 22köpfigen Ensemble – die Grenze des mit diesem Format Machbaren aus und schickt sich an, dem Genre einen völlig neuen Spin zu verpassen. 2021 wurde er ob seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten mit einem Staatsstipendium für Komposition ausgestattet. Tobias Vedovelli, der Tausendsassa am Bass, hat während der Pandemie gleich sein eigenes Festival für Kollaborationen und Kompositionen mit den Spielarten des Jazz und der Neuen Musik – das vielbeachtete onQ Festival – erfunden.
Entlang des gemeinsamen Weges den Spaß an der Freud’ zu erhalten, mag dabei eine der größeren Herausforderungen für das in seinen Grundeigenschaften so unterschiedliche Gespann sein. Zusammen hat man aber beschlossen, dass der beste Weg dazu ist, neue, spannende Einflüsse zuzulassen und aufzusaugen. Das Resultat ist ein erstaunlich am Puls der Zeit schlagendes Mosaik, das nur so strotzt vor augenzwinkernden, popkulturellen Referenzen. Sie beziehen sich auf die Sozialisierungsphase der an die Macht drängenden, jungen Generation. Und sie schließen auch den Kreis für die Mitwirkenden. Dass diese zusammenprallenden Welten der Hochbegabten letztlich so viel Sinn ergeben, liegt bei „LAUT UND LOST“ wohl auch am klugen und stückweisen Hinzunehmen weiterer Kollaborateure: Etwa Mirac, eines der stillen Wunder der Wiener Producer-Bubble, langjähriger Weggefährte und Beat-Bauer schon für Yasmos seinerzeitige Solo-Alben; oder Luca Pivetz, einer der lautstark aus der nächsten Generation anklopfenden, kommenden, jungen Kräfte ebendort. Die über die Notwendigkeit einer Vorstellung erhabene Wiener Musikheilige Mira Lu Kovacs („100k“) spendet der Platte gleich zu ihrem Auftakt eine Extra-Dosis Grandezza. Und W1ZE, die wie Yasmo ein waschechtes 90er-Kind und befreundete Stilikone ist, steuert nicht nur Stimme, sondern insgesamt einen richtigen Ohrwurm bei. All das sind wunderbare Beiträge, die die seit jeher wilde Ehe aus Jazz und HipHop auch noch lange nach den Flitterwochen frisch und spannend halten. (Pressetext)
Eine Veranstaltung im Rahmen von "Der musikalische Adventkalender"
http://www.yasmo-klangkantine.com/