Fr 18. November 2022
20:30

Gianni Iorio & Pasquale Stafano 'Mediterranean Tales' (I)

Gianni Iorio: bandoneon
Pasquale Stafano: piano

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Wenn es um das Bandoneon geht, denkt man unweigerlich an Astor Piazzolla, den großen Virtuosen und Vater des Nuevo Tango, dessen Einfluss und Vermächtnis noch immer sehr präsent ist. Seit den späten 1990er Jahren hat sich das Nuevo Tango Ensemble des Bandoneonisten Gianni Iorio und des Pianisten Pasquale Stafano von Piazzollas jazzbetontem Tango inspirieren lassen und eine Handvoll ansehnlicher Aufnahmen veröffentlicht. Ihr exzellenter Duo-Ausflug, Nocturno (Enja Records, 2017), hat ebenfalls Piazzolas Liederbuch ausgegraben, zusammen mit denen von Carlos Gardel, Oswaldo Pugliese, Pedro Laurenz und Horacio Salgàn - alles Tango-Legenden. Zwei Eigenkompositionen weisen auf einen persönlicheren Weg hin, den sie auf Mediterranean Tales mit ganzem Herzen beschreiten.

Leidenschaft, Romantik und eine bukolische Lyrik durchziehen die sechs Originale, die vom Licht, den Landschaften und den Schwingungen des Mittelmeers inspiriert sind. Beide sind klassisch ausgebildete Musiker, und die Musik von Iorio und Stafano ist von kammermusikalischer Eleganz und Präzision geprägt, wobei kontrapunktische Linien ein fast ständiges Merkmal ihrer Diaolgs sind. Folkloristische und hymnische Melodien sind ebenfalls präsent und werden subtil in die Musik eingeflochten. Und es gibt auch Elemente des Tangos, vor allem in den Rhythmen des Bandoneons. Seit mehr als einem Jahrhundert fließt die Musik zwischen Italien und Argentinien hin und her, und die hybride Natur der Musik hier wirkt völlig organisch.

Die klangliche Bandbreite des Duos ist zwangsläufig begrenzt, aber die Arrangements sind lebendig. Lead- und Comping-Rollen wechseln häufig die Hände, während melodische Motive zwischen Einzel- und Unisono-Stimmen hin und her wechseln. Tempo und Intensität oszillieren auf subtile Weise wie Mini-Orchesterpartituren. Die Improvisation ist nie weit von der Oberfläche entfernt. Stafanos Soli fließen mit Eleganz und Präzision. Er bleibt überwiegend in den hohen Lagen des Klaviers, obwohl die ständig aufgewühlten Rhythmen seiner linken Hand den lebhafteren Stücken wie "Secret Sun Dance" einen unverkennbaren Schwung verleihen. Iorios Soli wirken dagegen erdiger, die dunkleren Töne des Bandoneons verströmen eine andere Art von Leidenschaft.

Jede Diskussion über große zeitgenössische Bandoneonspieler sollte Iorio einschließen. Er kann einen Ton wie einen melancholischen Seufzer klingen lassen. In dem wunderschönen "Nature" beschwört das Atmen des Bandoneonbalgs das langsame Plätschern der Wellen herauf oder vielleicht eine Brise, die die Bäume streichelt. Seine beidhändigen, unabhängigen melodischen Linien in "The Dreamer" sind fesselnd. Er ist ein guter Melodiker und Improvisator, dessen Riffs und perkussive Elemente Stafanos Soli Auftrieb verleihen. Der Charme der Musik ist jedoch die Summe ihrer Teile, und es ist die tiefe Chemie des Duos, in der die wahre Magie liegt.

Die Kompositionen sind von gleichmäßiger Stärke, aber der Höhepunkt ist wohl das episodische "Chacarera Gringa", das mit dreizehn Minuten das längste Stück des Albums ist. Inspiriert von einem Volkstanz aus Nordargentinien, erinnern die flotten Rhythmen und schwungvollen Melodien an das italienische Protestlied "Bella Ciao" aus dem 19. Jahrhundert. Das Duo spart sich einige seiner hemmungslosesten Soli - im Tandem - für diesen mitreißenden Abschluss auf.

Mediterranean Tales hat zwar spezifisch italienisch-argentinische Wurzeln, sollte aber universell einsetzbar sein. Schließlich kennt gute Musik, die so schön gespielt wird, keine Grenzen. (Ian Patterson, allaboutjazz.com)

Der Bandoneonist Gianni Iorio und der Pianist Pasquale Stafano kommen aus dem süditalienischen Apulien und haben sich dem Tango verschrieben. Das ist nicht so abseitig, wenn man weiß, dass auch die Familie von Astor Piazzolla ursprünglich von dort kommt. Vom großen Erneuerer des Tangos hat das Duo dann auch zahlreiche Stücke im Repertoire, aber auch den großen Klassiker „Volver“ von Carlos Gardel und zwei eigene Stücke. Produzent Matthias Winckelmann hat den Klang der beiden Instrumente satt und ursprünglich eingefangen. Iorio lässt sein Bandoneon seufzen und stöhnen und verleiht der Sehnsucht, die dem Tango innewohnt, große interpretatorische Kraft. Sein Kompagnon am Klavier tupft feine Töne im Hintergrund, skizziert rhythmische Figuren und lässt sich immer wieder zu vollmundig ausgestalteten solistischen Eskapaden hinreißen. Wie die beiden Vollblutmusiker sich gegenseitig die Bälle zuspielen und dynamische und rhythmische Veränderungen mit Genuss auskosten, ist ein großes Vergnügen. (Rolf Thomas, Jazz thing 115)

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