The James Carter Organ Trio (USA)
James Carter: soprano, alto, tenor saxophone
Gerard Gibbs: hammond organ
Alex White: drums
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Unlimited Saxophone
Kurz eingezählt und schon fegte das Trio im presto dahin. Im nächsten Moment war unumstritten klar, hier geht es nicht alleine um Schnelligkeit, sondern gleichsam um raffinierte melodische, harmonische Verstrickungen, gegeneinander versetzte melodierhythmische und asymmetrisch groovende Kapriolen in eben jenem Tempo. Ausgehend von Themen der europäischen Jazzikone Django Reinhardt bzw. dessen Sohn. Wiewohl man ein ausgesprochener Kenner zu sein hat, um diese herauszuhören. Überbaut von aufgebrochenen Neo-Bop Strukturen. Virtuosität an der Grenze zum Machbaren. Keine Hingabe an leere Klanghülsen oder plakative Artistik. Dieses Geschick, für Carter eine unabdingbare Grundlage, ist bis an den Rand mit Musikalität angefüllt. Unaufhörlich angefacht von glühender Begeisterung und teils dorniger Subtilität. Herausragendes Interplay als Schlüsselfunktion. Carter seinerseits bewegt sich mit seinen Fähigkeiten auf einem Ausnahmeterrain. Mit derartiger technischer Brillanz und individueller Klangsprache auf den diversen Saxophonen kann kaum noch sonst jemand aufwarten. Noch dazu besitzt bei ihm alles eine unwahrscheinliche Unangestrengtheit, Fokussiertheit. Carter hat einen Ansatz aufgegriffen und perfektioniert, den David Murray vor vier Jahrzehnten mehr oder weniger aus der Taufe hob. Die bruchlose Assemblage des reichhaltigen Traditionsfundus mit der avantgardistischen Mentalität des Jazz. Einst unzulänglich als Neo-Klassizismus abgestempelt. Carter pflegt restlose Freiheit im Umgang mit dem Materialbestand.
Kurzerhand geleitete dieser „Mad Boy“ des Saxophones durch die afroamerikanische Ahnengalerie, der vom Jazz verantworteten Saxophonkunst. Er schulterte Coleman Hawkins, Lester Young, Jonny Griffin, Eddie „Lockjaw“ Davis, Rollins, Coltrane, Dolphy, Ayler nach der Devise: “Das haben sie mir vermittelt, daraus formte ich meine eigene Stimme.“ Zitate aus der Jazzliteratur, ja selbst solche anderer Genres mit hohem Abnützungsgrad wie der Donauwalzer, die „Habanera Arie“ aus Carmen, „In The Mood“, erfüllen eine schlüssige Bedingtheit. Da sie inhaltlich integriert sind, nie überbeansprucht werden und gefühlt, spontan aufblitzen. Trotz aller Rastlosigkeit, festgriffiger Energie in Carters Spiel, das im Klimax seiner all inclusive-Obsessionen gipfelte, respektive des Trios im Allgemeinen, verstellte die makro- wie mikrokosmischer Klangfülle, massiger Ensemblesound bis Obertonwolken, in keiner Phase die Ausdehnung formaler Klarheit. Da fand dann schon auch die eine oder andere störrische Ballade ihren Platz. Nicht minder vital bounced Carters Partner im Entfachen der ankernden Bewegtheit. Komplex geschichtet. Verlagerungen erfolgten einmal hin zu trockener Spannung, ein andermal sprangen bedrohliche Rhythmen die ZuhörerInnen an. Ereignisse der Extraklasse deren Salz in der Suppe diese überbordende Spiellaune markierte. (Hannes Schweiger, über das Konzert im Oktober 2019)