Fred Wesley Generations (USA/I/F)
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Fred Wesley, einst Bandleader bei James Brown, gab das wohl für längere Zeit letzte reguläre Konzert im Porgy & Bess, das trotz Restriktionen offen halten wird.
„Corona virus be damned! We'll play anyway“, murmelte ein gut gelaunter Fred Wesley. Dieser Posaunist, heute auch schon 76 Jahre alt, hat die meiste Zeit seines Berufslebens im Funk zugebracht. Doch Jazz war und ist sein Steckenpferd, seine famosen Alben mit den J. B.'s, aber auch seine Solowerke enthielten verlässlich gut abgehangene Jazzkompositionen. Solche brachte er auch mit dem Trio Generations an diesem etwas unheimlichen Abend im Porgy & Bess.
Die letzte Lücke vor dem Inkrafttreten des Regierungserlasses ausnützend, kamen überraschend viele Menschen im Porgy zusammen. Auch Hausherr Christoph Huber gab sich entschlossen: Die für März geplanten Konzerte werden stattfinden, jeweils auf zwei Sets aufgeteilt, für die jeweils 100 Besucher eingelassen werden. Als gemeinnütziger Verein könne man sich eine totale Schließung anders als Konzerthaus und Oper nicht leisten, erklärte Huber: „Solang U-Bahnen und das Donau-Zentrum geöffnet haben, wird es Jazz im Porgy & Bess geben.“
Das Trio – mit Organist Leonardo Corradi und Trommler Tony Match, zwei Meistern des Soul-Jazz – begann mit dem sorglos groovenden „Road Song“ von Wes Montgomery, einem Jazzhit von 1968. In der liebevoll zusammengestellten Setlist folgten Horace Silvers Gospelkracher „The Preacher“ und Freddie Hubbards soulige Hardbop-Nummer „Red Clay“.
„Freedom Jazz Dance“
Wesley erhob auch seine bescheidene, aber charismatische Singstimme. Seinen selbstironischen „Old Man Song“ intonierte er im exakt gleichen Protorapstil wie 1972, als er mit „Little Boy Black“ in den Ghettos der US-Großstädte berühmt wurde. Auch die patinierte Eddie-Harris-Nummer „Freedom Jazz Dance“ kam zu Ehren. Wesleys Posaune kam da so richtig ins Glühen. Zwischendurch faltete er die Hände, scattete und bat heiter um Zuwendung: „I'm a light legend, so give me a little round of applause.“ So geschah's.
Das zweite Set begann mit einer innigen Version von Freddie Hubbards „Little Sunflower“, einer der großen Jazzmelodien der späten Sechzigerjahre. Corradi zeigte unerwartete Subtilitäten auf der sperrigen Orgel. Den vom Posaunistenkollegen Juan Tizol mit Duke Ellington komponierten Klassiker „Caravan“ legte das Trio sehr perkussiv an. Es folgte die Tanznummer „Got My Mojo Working“, bei der Wesley wie Les McCann klang. Zum Finale gab es endlich die James-Brown-Hommage, diesmal das von einem trockenen Rhythmus angetriebene „Same Beat“.
Mit Wesleys größtem Hit „House Party“ endete das reguläre Set. Die Musikfreunde taten vieles von dem, was nun eingeschränkt werden soll: Tanzen, Singen, Küssen und Trinken in Gesellschaft. Es mutete trotzig an. Als würde sich der Widerstandsgeist, der den Jazz immer schon geprägt hat, nun gegen die durch das Virus ausgelösten Zwänge richten. (Samir H. Köck, "Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2020)
Der nimmermüde Funk-tionär
In die Musikgeschichtsbücher, Kapitel 20. Jahrhundert, Unterkapitel Funk Jazz, schrieb er sich als langjähriger, mit kurzer Unterbrechung von 1967 bis 78, Bläsersatz-Leader und maßgeblicher Arrangeur von „Mr. Dynamite“ James Brown ein. Gemeinsam mit diesem schickte Wesley den Funk auf Reisen. Alle Welt sah in ihm obendrein den funkiest Posaunisten. Zudem veredelte er die Horn-Sections von Bands wie Funkadelic, jene von Maceo Parker oder Pee Wee Ellis. Die Liste mit weiteren Kooperationen reicht u.a. von Count Basie, Ray Charles, George Benson, Oskar Peterson, Whitney Houston bis De La Soul. Zu Beginn der 1970er Jahre rief er die ruhmreichen JBs ins Leben. Und nun lassen sie bereits seit 50 Jahren die Funk-en sprühen. Aktuell hat Wesley, auch letzter Aktiver der Brownschen Hörner, die JBs neu formiert und verjüngt. Und die Band funk-tioniert auf Taktstrich und Cue.
Exaktest platzierter, trockener Groove, als irisierender Energizer. Bassist Dolphin schleuderte Hooklines nach Belieben raus. In Feinabstimmung mit dem Präzisionsbeat von Bruce Cox, der den Back-Beat mit ungeraden Akzentuierungen aufputschte. Die Gitarre war mit zusätzlichen, vorantreibenden Akkordfolgen unentwegt zur Stelle. Darüber tanzten messerscharfe, punktgenaue Bläsersätze im Stakkato-Modus. Unvergleichlich lässig zogen dabei Off-Beat Extravaganzen ihre Bahnen. Arrangiert mit dieser untrüglichen Funkiness von Wesley. Gleich zu Beginn war der Siedepunkt erreicht, mit einer schweißtreibenden Version des Hancock Fegers „Chameleon“. Zwischen den Funk Kapriolen, darunter etliche Wesley Originale, wurde auch erfrischend gebopt. Hard und abseits von Stereotypen mit zusätzlichen harmonischen Melismen, Big Soul und tiefverwurzeltem Bluesfeeling. So kribbelte Bobby Timmons „Maonin´“ ordentlich den Rücken hinunter. In all dieser Kollektivbeschaffenheit sonderten weiters spritzige Soli ihre Leuchtkraft ab. Hervorstechend jene des Trompeters Gary Winters, brillant in der Intonation, wendig in der Melodik, und von Altmeister Wesley, immer noch voluminös bei Ton bzw. mit fokussierten, geschmeidigen Linien. Die Formel die einst ein anderer berufener „Funkianer“ James „Blood“ Ulmer apostrophierte „Jazz Is The Teacher, Funk Is The Preacher“ geht zweifelsohne auf Fred Wesley zurück. Die Spielfreude der Musiker übertrug sich unmittelbar. Dem Publikum stand abermals Freude und Wohlbefinden ins Gesicht geschrieben. (Hannes Schweiger über das Konzert vom 27. Juni 2023)
https://www.funkyfredwesley.com/