Sa 31. August 2024
20:30

Michael Mantler & The New Songs Ensemble (A/I/GB/DK/AUS/HR)

Michael Mantler: trumpet
Annie Barbazza, John Greaves: voices
Gareth Davis: bass clarinet
Bjarne Roupé: guitar
David Helbock: piano
Koehne Quartet
Joanna Lewis: violin
Anne Harvey-Nagl: violin
Anna Magdalena Siakala-Teurezbacher: viola
Asja Valcic: cello

CD-Präsentation "Sempre notte" (Recorded live September 26, 2023 at Porgy & Bess)

Dieses Konzert wird von Ö1 aufgezeichnet und am 14. Oktober 2024 um 19.30h in der Sendung "on stage" ausgestrahlt.

Wir starten ca. 1/2 h vor Konzertbeginn den Live-Stream (Real-Time, nach Konzertende nicht mehr abrufbar!). Durch Klicken auf "Zum Livestream" öffnet sich ein Fenster, wo Sie kostenlos und ohne irgendeine Registrierung das Konzert miterleben können. Wir ersuchen Sie aber, dieses Projekt über "Pay as you wish" zu unterstützen. Vielen Dank & Willkommen im realen & virtuellen Club!

Anlässlich der Veröffentlichung meiner neuen CD (Sempre Notte, Dark Companion Records) mit Liedern, die ich letztes Jahr im Porgy & Bess live aufgenommen habe, kehre ich mit Annie Barbazza, John Greaves und dem New Songs Ensemble zurück.

Obwohl ein Teil des Originalmaterials (Lieder mit Texten von Samuel Beckett, Ernst Meister, Giuseppe Ungaretti und Harold Pinter) natürlich enthalten sein wird, wird es keine Wiederholung des letztjährigen Konzerts sein, sondern auch neue Versionen anderer zuvor aufgenommener, aber nicht aufgeführter Lieder mit Texten von Samuel Beckett und Philippe Soupault (auf Französisch, aus Many Have No Speech), Paul Auster (Hide and Seek) und Edward Gorey (The Hapless Child).

Ich hatte John Greaves bereits 1976 kennengelernt, als ich mit ihm in meinem Grog Kill-Studio in den USA an den Aufnahmen zu seinem kultigen Kew Rhone-Album arbeitete. 1987 trafen wir uns dann erneut für mein Live-Projekt (mit Jack Bruce, Nick Mason, Don Preston, Rick Fenn), und 1996 wirkte er auch an meinem opernähnlichen Projekt School Of Understanding mit. Wir sind über die Jahre immer in Kontakt geblieben, und er war maßgeblich daran beteiligt, Himiko Paganotti für mein Comment C'est-Album vorzuschlagen, und jetzt, für dieses neue Projekt, hat er mir Annie Barbazza vorgestellt, eine enorm talentierte Sängerin und eine besonders gute Wahl, da das Programm eine Reihe von Liedern mit italienischen Texten von Giuseppe Ungaretti enthält.

Bjarne Roupé ist mein Lieblingsgitarrist, seit ich nach Europa zurückgekehrt bin, angefangen mit Aufführungen und Aufnahmen meines Cerco Un Paese Innocente im Jahr 1994, dann als Mitglied meines Ensembles Chamber Music and Songs für ein Porträtkonzert im Porgy im Jahr 2006 und schließlich als Mitwirkender bei praktisch all meinen weiteren Projekten/Alben: School Of Understanding, Songs And One Symphony, Hide And Seek, Concertos, For Two, The Jazz Composer's Orchestra Update und schließlich mein letztes Album Coda.

David Helbock, ein weiterer von mir sehr geschätzter Mitwirkender mit einem außergewöhnlichen Verständnis für meine Musik, war seit The Jazz Composer's Orchestra Update an allen meinen Projekten beteiligt.

Und nicht zuletzt der vielseitige Bassklarinettist Gareth Davis, der allein für die Initiierung des Projekts Original Songs verantwortlich war und unermüdlich weiter versucht, diese Musik zu präsentieren.

Unterstützt werden die Sänger und Solisten wieder von vier Streichern, diesmal in Form des Koehne String Quartet, einer der herausragenden Interpreten zeitgenössischer Musik, gegründet 1987 von Joanna Lewis, die in der Vergangenheit auch an vielen meiner Projekte beteiligt war. (Michael Mantler)

80 Jahre Michael Mantler, 30 Jahre Porgy & Bess. Welch feines Zusammentreffen für einen unprätentiösen, gehaltvollen musikalischen Abend um einen herausragenden österreichischen Musiker und eine gleichsam verdienstvolle Initiative, genaugenommen unverzichtbare Institution der globalen Jazzclub-Szene zu feiern. Mantler, vor längerem beschlossen habend keine neue Musik mehr zu schreiben, hat nun zumindest einige Songs aus seinem OEuvre runderneuert. Darunter einige, welche er in seinem letztjährigen Programm „Songs“ in großer Besetzung mit umfangreicher Vokal- und Bläserabteilung realisierte. Nunmehr hat der Komponist für die Neufassungen eine abgespeckte, kammermusikalische Ensemblegröße gewählt. Wie man weiß ist das Interesse Mantlers an der Symbiose von Literatur und Musik ein großes. Abermals bilden sprachneuernde Weltliteratur einiger seiner Favoriten - Ernst Meister, Samuel Becket, Giuseppe Ungaretti, Harold Pinter – aber auch eigene Texte, die die sich ausbreitende menschliche Verrohung, die Diffamierung des Respektverhältnisses, den zunehmenden Abbau an Sozialhygiene ansprechen, die Sprachbasis der Lieder. Zu diesem Behufe war und ist Mantler ständig auf der Suche nach prädestinierten, charakterhaften Stimmen. Wiederum hat er eine solche entdeckt. Jene der jungen italienischen Sängerin Annie Barbazza. Eine der derzeit bestechenden Stimmen des Progressive Rock. Gemeinsam mit John Greaves, seinerzeit Bassist/Sänger der famosen Free Rock-Band Henry Cow, mit dem sie auch ein Duo unterhält, verleiht sie den Texten musikalische Wertigkeit. Voller Herzblut und Dringlichkeit. Entlang von Mantlers mollig linearen Melodiefortschreitungen, die auch dessen legatomäßiges Trompetenspiel prägen, das diesmal in seiner strengen Sangbarkeit besonders leuchtet. Zu Barbazzas extrovertierten Vokalismen setzt Greaves den verlangten ruhepoligen Gesangspart. Text und Musik lumineszieren in verwinkelten Leitlinien. Und wie auch beim Instrumentalmaterial nützt Mantler Grundlagen verschiedener Idiome als Transmitter für SEINEN musikalischen Bauplan. „Ich verwende alles, es kommt auf die Gelegenheit an“, äußerte Mantler einmal in einem Interview. Die komplexen, dunkelfarbigen Arrangements der Songs sind gefasst in einer Diktion bestimmt von nonkonformen Intervallen, synkopisch-aperiodischer und gleichzeitig schlagkräftiger Rhythmik in der etliches an Rockgestus steckt, eingedenk vertrackter Taktwechsel, sowie sich überlagernder polyphoner Stimmführungen die als dichte, aber keineswegs alles überdeckende, Rasterungen konstruiert sind. Ausgangspunkt in den textbasierten Stücken ist eine signalartige Motivik. Abgeleitet von den Texten. Die Tonalität, häufig durchchromatisiert, ist bis an die Grenzen gedehnt. Mit einer sperrig romantischen Eleganz, die einer klagenden Nachdenklichkeit gleicht. Aber keine desillusionierende, resignative. Vielmehr ein Anstoß zu gesellschaftspolitischem Umdenken. Mit seinem wunderbaren Eigensinn verteilte Mantler die Texturen auf die einzelnen Instrumente, Instrumentengruppen. In zurückhaltender Virtuosität. Pianist Helbock und das radio string quartet betreiben die fassettenreiche harmonische Rhetorik, in der ungewöhnliche Klangfarben blühen, Bassklarinettist Davis nimmt zudem die rhythmische Initiativrolle ein. Roupé belebt die melodisch kontrastierenden, langgezogenen Schwellklänge. Bemerkenswert einmal mehr wie Mantler den Klangkörper zu einem konzentrierten, ineinandergreifenden Organismus zusammengezogen hat. Eine locker eloquente Präzision vermittelnd. Obendrein steckt in den Songs eine Weitervermessung der Weill-/Eislerschen Errungenschaften für das Kunstlied.

Mantler inszeniert Lieder für gegenseitiges Verständnis. Als weitere wertschätzende Geste an diesem Abend wurde Michael Mantler das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen. Wird das auch die Türen zu Tempeln der Hochkultur öffnen? Ansonsten, im hochstufigen Jazzclub sind immer Tür und Tor geöffnet. Punktum. (Hannes Schweiger)

In einer großen Tageszeitung wurde Michael Mantler einmal als „der unbekannteste berühmte österreichische Musiker und Komponist“ beschrieben. Eine Bezeichnung, die ob der musikalischen Innovationen des Genannten einem Treppenwitz der Jazzgeschichte gleichkommt. Ich weiß aus Begegnungen mit Musikern wie Pharoah Sanders oder Larry Coryell, wie hoch die mantlerschen musikalischen Visionen und Ideen in der Kollegenschaft geachtet werden. Der Schweizer Komponist und langjährige Leiter des Vienna Art Orchestra Mathias Rüegg hielt fest, dass Mantler neben Hans Koller, Joe Zawinul und Fritz Pauer zu den vier Musikerpersönlichkeiten aus Österreich zählt, die im internationalen Jazz nicht nur reüssiert, sondern nachhaltige „Footprints“ hinterlassen haben. Trotz dieser fachlichen Anerkennung und Wertschätzung innerhalb der Musikszene war es Mantler nicht vergönnt, in seiner Geburtsstadt künstlerisch adäquat präsentiert zu werden. Kein Veranstalter, kein Festival, kein größeres Haus, keine renommierte Organisation brachte das Musikschaffen dieses großen Sohnes dieser Stadt auf eine bundeshauptstädtische Bühne – mit Ausnahme des Porgy & Bess natürlich. Unsere Zusammenarbeit währt nun bereits knapp zwei Dekaden und ich darf in diesem Zusammenhang festhalten, dass alle realisierten Projekte – wie sein dreitägiges Portrait 2006, oder das spektakuläre „Update“ des legendären „Jazz Composer’s Orchestra“ aus 1968 im Jahr 2013 im Jahre unserer 20-jährigen Geburtstagsfeierlichkeiten, oder der Song-Zyklus „Comment c’est“ mit Himiko Paganotti (2016), oder die Aufführungen von „Orchestra Suites Project“ (2019) und „Concertos“ (2021) oder ein Jahr später „Songs“ mit Gareth Davis, oder eben „The New Songs Ensemble“, das 2023 präsentiert wurde – für mich persönlich zu den Highlights in meinem nun auch schon ein paar Jahrzehnte währenden Veranstalterleben zählen. Und zwar vor allem deshalb, weil es Michael Mantler gelang, eine ganz eigene und vollkommen eigenständige Klangsprache zu entwickeln, die ihn eine absolute Sonderstellung einnehmen lässt und ihm ein vollkommenes Alleinstellungsmerkmal verleiht.

Michael Mantler – wie erwähnt in Wien geboren – wuchs in Sankt Pölten auf, und er erzählte in einem Interview, dass seine ältere Schwester ihm eine Charlie Parker-Platte zum Hören gegeben hatte – eine Aufnahme, die sein Interesse am Jazz erweckte. Wobei gar nicht der Meistersaxophonist himself ihn besonders beschäftigte, sein Interesse galt der Erforschung der Wurzeln dieser Musik, und so ging er zurück – Swing, New Orleans, Ragtime, Spirituals. „From the roots to the source“ sozusagen, und das mit dem Background der europäischen Klassik. Über Umwege kam er zu seinem Instrument, das er in der Folge in Wien studierte, um es dann in Berkley ab 1962 an der legendären School of Music zu perfektionieren. Beide Studien hat er übrigens erfolgreich abgebrochen. Mantler nutzte jede freie Minute, um das Mekka des Jazz, also New York, aufzusuchen. Es war die legendäre Sängerin Sheila Jordan, die Michael das Zimmer ihrer Tochter in ihrer Wohnung zu Besuchszwecken zur Verfügung stellte, und Jordan war es auch, die ihn mit Gleichgesinnten wie z. B. George Russell bekanntmachte. Diese Dame ist nicht nur „the singer with the million dollar ears“, wie Charlie Parker sie beschrieb, der übrigens auch des Öfteren in ihrem Apartment nächtigte, sondern auch eine Frau, die in ihrer Grandezza sehr viele Musiker:innen zusammenbrachte.

1964 war Mantler folgerichtig ein Kämpfer an der vordersten Front der Oktoberrevolution des Jazz im Cellar Cafe in NY, eines viertägigen Festivals, das von Bill Dixon organisiert wurde mit Leuten wie Archie Shepp, John Tchicai, Carla & Paul Bley, Jimmy Giuffre, Cecil Taylor, Steve Lacy, Sun Ra oder – siehe da – Sheila Jordan ... Seine damalige Rolle bezeichnet er in einem Interview bescheiden als „zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort“ gewesen zu sein.

Mantler ergriff die Initiative, gründete die Jazz Composers Orchestra Association, veröffentlichte 1966 seinen Erstling „Communication“ auf Fontana. Die Suche nach neuen künstlerischen Ausdrucksformen verknüpfte Mantler mit Bemühungen, bessere Arbeitsbedingungen für Musiker:innen zu schaffen: Vertriebsprobleme der JCOA-Platten brachten ihn dazu, 1972 das „New Music Distribution Service“ zu etablieren, eine Vertriebsfirma, die viele unabhängige Plattenlabels bis 1990 unterstützte. 1974 gründete er mit Carla Bley WATT Records, zu dem ein Plattenlabel, ein Tonstudio und ein Musikverlag gehörten.

Mantler war Mitglied des „Liberation Music Orchestra“ von Charlie Haden und natürlich in den unterschiedlichen Projekten von Carla Bley, begann aber seit 1973 zusehends, sich mit der Schnittstelle Sprache und Musik zu beschäftigen und Texte von so illustren Zeitgenossen wie Samuel Beckett, Harold Pinter, Edward Gorey, Paul Auster, Ernst Meister, Giuseppe Ungaretti und auch eigene Texte in unterschiedlichsten Formationen bis hin zum Symphonieorchester zu vertonen.

1991 kehrte er ins Abendland zurück und lebt und arbeitet seitdem in Kopenhagen und Südfrankreich. Mir gegenüber erwähnte er einmal, dass sein Œuvre im Vergleich mit anderen Kollegen relativ schmal sei – eine Einschätzung, die neben der Tatsache, dass es ja wohl um Qualität und nicht nur um Quantität geht, auch objektiv zurückgewiesen werden muss. London Symphony Orchestra, Danish Radio Concert Orchestra, Danish Radio Big Band, Radio Symphony Orchestra Frankfurt, Kammerensemble Neue Musik Berlin, NÖ Tonkünstler, Nouvelle Cuisine Big Band, Max Brand Ensemble, Big Band des Norddeutschen Rundfunks Hamburg und dazu noch Arbeiten mit seinem eigenen Chamber Music and Songs Ensemble seien exemplarisch erwähnt und beweisen auch seine kontinuierliche Umtriebigkeit.

Eigentlich wollte Michael Mantler weder neues Komponieren noch irgendwelche „Updates“ vornehmen. „Ich habe mein eigenes Universum so weit verwertet, wie ich für wünschenswert oder nötig erachte. Ich denke, ich habe gesagt, was ich zu sagen hatte, was nicht heißt, es sollte nicht öfter gesagt werden als in der Vergangenheit. Es gibt eine Fülle von Material, das nur ein einziges Mal öffentlich aufgeführt wurde. Mehr Aufführungen wären mit Sicherheit möglich und interessant. Abgesehen von wenigen Ausnahmen sind meine Projekte immer nur von mir selbst initiiert und zum Abschluss gebracht worden, aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt habe ich weder das Bedürfnis noch den Willen, das noch einmal zu machen.“ (Michael Mantler).

Sein diesbezüglich (vermeintlich) finales musikalisches Statement bezeichnete er folgerichtig als „Coda“ (2021 auf ECM veröffentlicht). Aber wie wir alle durchaus schmerzlich miterleben, haben sich die Zeiten tatsächlich radikal geändert, und wie in seinem Zitat schon angedeutet, entwickelten die Texte, die Michael Mantler seit Jahrzehnten bearbeitete, eine erschreckend neue Aktualität, was zu einem Umdenken führte bzw. das Bedürfnis weckte, literarische Arbeiten von Samuel Beckett, Ernst Meister, Giuseppe Ungaretti, Harold Pinter und eigene Texte neu zu arrangieren, oder, wie Mantler schreibt: Überwältigt von den gnadenlos niederprasselnden Berichten über einen grauenhaften Krieg in unsere Nähe, suchte ich in relevanten Texten, die ich in der Vergangenheit verwendet hatte, und wählte passende Passagen ‒ abstrakt im Fall von Samuel Beckett und Ernst Meister (früher verwendet für mein Album „Many Have No Speech“), wie auch solche von Giuseppe Ungaretti (von „Cerco un Paese Innocente“) und schließlich (ganz und gar nicht abstrakt, sondern sich sehr konkret mit Kriegsgräueln im Speziellen und der bedauernswerten conditio humana im Allgemeinen beschäftigend), einige meiner eigenen Worte aus „Comment C’est“. Wenn auch nicht wirklich „neue“ Kompositionen, so werden sie sich von den Originalversionen unterscheiden.

Auf der Suche nach den „richtigen“ Stimmen dafür griff er auf seinen „Pool“ an alten Freunden zurück wie den großartigen John Greaves, den er aus Henry Cow-Zeiten kannte und der an seinem legendären „Kew.Rhone.“-Album (1976) mitwirkte. Der wiederum schlug seine musikalische Partnerin Annie Barbazza vor, eine besonders gute Wahl, da ein wesentlicher Teil des Programms aus Liedern mit italienischen Texten von Giuseppe Ungaretti besteht. Der dänische Gitarrist Bjarne Roupé ist, seitdem Mantler wieder in Europa weilt, seine erste Wahl und demgemäß bestens vertraut mit dem mantlerschen Musikkosmos. Auch mit dem österreichischen Pianisten David Helbock verbindet ihn eine über ein Jahrzehnt dauernde Zusammenarbeit. Und nicht zuletzt der vielseitige Bassklarinettist Gareth Davis, der für die Initiierung des ursprünglichen Projekts „Songs“ verantwortlich war und unermüdlich weiter versucht, diese Musik zu präsentieren. Unterstützt werden die Sänger und Solisten von vier Streichern, diesmal in Form des Koehne String Quartet, einer der herausragenden Formationen im Feld der zeitgenössischen Musik, gegründet 1987 von Joanna Lewis, die in der Vergangenheit auch an vielen seiner Projekte beteiligt war.

„Liederabend für den Humanismus“ betitelt der Musikkritiker Hannes Schweiger seine Rezension des Konzertes des Michael Mantler New Song Ensemble vom 26. September 2023, um abschließend als Conclusio festzuhalten: „Bemerkenswert einmal mehr, wie Mantler den Klangkörper zu einem konzentrierten, ineinandergreifenden Organismus zusammengezogen hat. Eine locker eloquente Präzision vermittelnd. Obendrein steckt in den Songs eine Weitervermessung der Weill-/Eisler’schen Errungenschaften für das Kunstlied.“

Die vorliegende Einspielung ist der Mitschnitt des erwähnten Konzertes und zeichnet sich durch ein fast magisches Hineinziehen in die Materie aus, je länger man zuhört. Ähnlich wie bei einem „schwarzen Loch“ gibt es auch hier beim Hören kein Entkommen. Die 18 Songs firmieren wie Puzzlesteine und ergeben zusammengefügt ein stringentes Gesamtbild mit dunkel-atmosphärischer Dringlichkeit. Ein Klang-Ton-Wort-Epos, das einerseits das gesamte musikalische Spektrum des Komponisten ausleuchtet, andererseits aber auch viele filigrane Einblicke in düstere Regionen des menschlichen Daseins und Handelns ermöglicht. Ein großartiges Gesamtkunstwerk, das herausfordert und belohnt! Ein „Update“, das nach einer Fortsetzung geradezu schreit! (Christoph Huber, Wien im April 2024)