Mo 2. Juni 2003
21:00
„Continental Call“

Concert Jazz Orchestra Vienna & Wolfgang Muthspiel (A/USA/D)

Wolfgang Muthspiel: guitar
Thorsten Benkenstein, Aneel Soomary, Thomas Gansch, Bumi Fian, Walter Fend: trumpet
Dominik Stöger, Christian Radovan, Robert Bachner, Erik Hainzl: trombone
Franz Pickl: horn
Stefan Öllerer, Michael Erian, Thomas Kugi, Harry Sokal, Herwig Gradischnig: saxophone
Oliver Kent: piano
Uli Langthaler: bass
Christian Salfellner: drums
Ed Partyka: leader

Eigentlich mag er ja Gitarren nicht, diese phallischen Groupie-Instrumente, dank derer man in seiner Jugend oft schon nach drei Akkorden seine Männlichkeit unter Beweis stellen konnte - während er sich mit einer sperrigen Bassposaune abplagte! Ed Partyka mag aber Wolfgang Muthspiel. Weshalb er den Konzerthaus-Auftrag angenommen hat, jenes Concerto for Guitar and Jazz Orchestra zu komponieren. Ausgeführt eben von Muthspiel und dem 1999 von Christian Salfellner und Thorsten Benkenstein gegründeten Concert Jazz Orchestra Vienna, das Partyka leitet. Der 33-jährige Chicagoer bevorzugt satte, muskulöse Bläsersätze, kraftvoll schmatzend, hell erstrahlend, in kunstvoller Kontrapunktik ineinander geflochten. Zweifellos hat er, der emsige Bob-Brookmeyer-Schüler, seine Lektionen in Sachen Jazzgeschichte gelernt. Die epische Dramatik des Stan Kenton Orchestra, die wuchtigen harmonischen Cluster-Verdichtungen Bob Graettingers, die lyrischen Farbenspiele eines Gil Evans, Ellingtons swingender Jungle-Style: In den Standard-Paraphrasen Togetherness und Madly Loving You brachen da gewaltige Klangmassen über das Publikum herein, von Partyka geschickt choreographiert, ohne auf die rhythmische Beinarbeit zu vergessen: Das Orchestra zeigte groovigen Biss, wie es sich für eine gut eingespielte Combo eben gehört. Das uraufzuführende Concerto gab sich verhaltener:
Wolfgang Muthspiel exponierte das lyrische, nachdenkliche Thema, um es sogleich in weiten Bögen improvisatorisch auszuarbeiten, fortzuspinnen - eher diskret von wiederholten Steigerungen des Orchesters sekundiert. Muthspiel verschenkte keine „Notenköpfe“, war in jeder seiner abwechslungsreich ausgestalteten Phrasen um Aussage bemüht.
Von Seiten des Komponisten schien man nun freilich doch eine Art respektvolle Distanz zu spüren: Das Furioso an Brüchen und Kontrasten, formalen und solistischen Kunstgriffen wich nun weiten Räumen für Gitarrensoli; Dialogmöglichkeiten mit dem Orchester, die sich vor allem aufgrund des luxuriös besetzten Saxophonsatzes (u. a. Harry Sokal, Herwig Gradischnig, Thomas Kugi) angeboten hätten, wurden nur ansatzweise (Thomas Gansch, Robert Bachner) genützt.
Auch diese 60 Minuten kamen indessen wie aus einem Guss über die Konzerthausrampe. Zweifellos reift in Ed Partyka ein internationaler Hoffnungsträger des Bigband-Genres heran. (Andreas Felber/Der Standard)