Michael Mantler 'For More' – Music for Strings, Piano & Bass Clarinet (A/GB/AUS)
Michael Mantler: compositions, arrangements
David Helbock: piano
Gareth Davis: bass clarinet
Joanna Lewis: violin, concertmaster
Koehne String Ensemble
Christoph Cech: conductor
Der Bezugspunkt für ein (weiteres ...) „Update“ meiner Musik ist „For Two“, das ursprünglich 2010 aufgenommen (veröffentlicht von ECM Records) und (2011 im Porgy) von Bjarne Roupéi (Gitarre) und Per Salo (Klavier) aufgeführt wurde.
Diese prägnanten und relativ kurzen Stücke setzten mein Grundkonzept fort, Musik zu schaffen, die zum Teil vollständig notiert ist, aber auch Improvisation beinhaltet. Dort war es auf ein Minimum reduziert, vielleicht meine bisher einfachste und ökonomischste Interpretation dieser Idee, mit nur zwei Instrumenten: das Klavier, das das strenge kompositorische Element darstellt, mit einem Solisten aus der zeitgenössischen neuen Musik (einem „klassischen“, nicht improvisierenden Pianisten), kombiniert mit einem zweiten Spieler, der aus dem Jazz kommt, dem Gitarristen (improvisierend/frei interpretierend).
Ausgehend von dieser Musik drehe ich nun diese formale Struktur um, sowohl in Bezug auf die Improvisation gegenüber der notierten Musik als auch in Bezug auf den Umfang. Diesmal wird das Klavier große kreative Freiheit haben, begleitet von streng notierten großen Streicher-Ensemble-Parts.
In das Streicherensemble wird der tiefe, unterschwellige Holzbläserklang der Bassklarinette integriert, die jedoch auch in Solopassagen zu hören sein wird, die von meinem „Saxophone Concerto“ inspiriert sind (wiederum mit dem Grundgedanken eines „Updates“). (Michael Mantler)
Michael Mantler - Optimist ohne Hoffnung
Der 1943 geborene Michael Mantler ist wahrscheinlich der berühmteste Unbekannte oder die unbekannteste Berühmtheit der österreichischen (und internationalen) Jazzgeschichte. Geboren und aufgewachsen in Wien und Sankt Pölten emigrierte der Trompeter und Komponist schon im Alter von 19 Jahren in die USA und fand schnell Anschluss an die damals führenden New Yorker Avantgardezirkel. Als Lebenspartner und künstlerischer Kollaborateur der Jazzikone Carla Bley nahm er an den Aufnahmen zu einigen der bedeutendsten Alben der Jazzgeschichte teil, darunter der Jazzoper "Escalator over the Hill". Daneben aber baute er eine komplette Infrastruktur für unkommerzielle und schwer vermarktbare Musik auf - von der Jazz Composers Orchestra Association bis zum New Music Distribution Service. Trotz all dieser Aktivitäten gelang es ihm auch, ein umfangreiches und hochqualitatives getöntes Solowerk zu schaffen. Gern vertonte und vertont er existentialistische Texte, etwa von Samuel Beckett oder Harold Pinter und kleidet sie in ein von Terassenharmonik geprägtes melancholisches Klanggewand. Dabei, sagt Michael Mantler, sei er nicht an den Worten per se interessiert gewesen, sondern an ausdrucksstarken Stimmen, wie der von Jack Bruce oder von Marianne Faithfull: "Ich musste dann für sie etwas zum Singen finden, da ich absolut nicht an wortlosen Gesangsübungen interessiert war. Die Texte mussten Klarheit besitzen, aber auch abstrakt genug sein, um für den Hörer eine gewisse Zweideutigkeit zu haben."
Michael Mantler ist eine Art Renaissancemensch im zeitgenössischen Jazz: Musiker, Komponist, Geschäftsmann, Mover und Shaker - und all das bis heute mit ungebremster Energie. Der Wiener Musiker Christoph Cech, der in den letzten beiden Jahrzehnten intensiv mit Mantler gearbeitet hat, sagt bündig und pointiert: "Wenn Sie einen Berg versetzen müssen, dann rufen Sie Michael an." (Ö1-Radiokolleg)