Fr 12. September 2025
20:30

Al Cook & His Original Al Cook Bluesband (A)

Al Cook: guitar, vocals
Charlie Lloyd: piano
Mike Jerry: bass
Harry Hudson: drums

Wir starten ca. 1/2 h vor Konzertbeginn den Live-Stream (Real-Time, nach Konzertende nicht mehr abrufbar!). Durch Klicken auf "Zum Livestream" öffnet sich ein Fenster, wo Sie kostenlos und ohne irgendeine Registrierung das Konzert miterleben können. Wir ersuchen Sie aber, dieses Projekt über "Pay as you wish" zu unterstützen. Vielen Dank & Willkommen im realen & virtuellen Club!

Der Unbeirrbare: Der Wiener Blues-Gott Al Cook wird 80

In Österreich Country-Blues zu spielen, ist bis heute ein Minderheitenprogramm. Al Cook hat sich nie davon abbringen lassen – nicht einmal von Eric Clapton

Ignoranz und Idiotie. Diese beiden großen "Is" begleiten die Menschheit wie ein Schatten. Al Cook kennt sie über Gebühr. In seinem Falle kämpft er gegen beides mit der Gitarre an und einer Stimme, in der einerseits das Leid darüber zu vernehmen ist. Andererseits vermittelt sie die Hingabe an eine Form, die der Ignoranz und der Idiotie eine Steilvorlage war: Al Cook spielt Blues. Und zwar keinen gefällig-kantenlosen, sondern echten Country-Blues aus den 1920ern und 1930er. Musik, wie sie Charley Patton, Son House oder Robert Johnson gespielt haben, drüben im US-amerikanischen Süden.

Doch wenn Al Cook sich irgendwo in der österreichischen Provinz in den Country-Blues versenkte, ihn mit Herzblut flutete und sich in Trance spielte, konnte es passieren, dass irgendwann der Wirt dastand und sagte: "Hearst, jetzt spielst du schon drei Stunden, aber Country Roads oder I Walk The Line war net dabei, was is mit dir?" Da traten die beiden großen "Is" erneut in Al Cooks Leben und er musste wieder einmal erklären, dass Country-Blues und Country zwei Paar Stiefel sind. Und schon hatte sich seine Gage halbiert.

Wenn Al Cook solche Geschichten erzählt, lächelt er milde. Derlei Anekdoten hat er einige auf Lager. Denn er ist mit einem Standort-Nachteil ins Rennen gegangen: Al Cook ist Wiener. Geboren am 27. Februar 1945 als Alois Koch in Bad Ischl, aufgewachsen im dritten Bezirk. Da wohnt er heute noch. Das ist ein hartes Pflaster für jemanden, der schwarzen Country-Blues als Lebensinhalt gewählt hat. Doch das hielt ihn nicht von seiner Mission ab. Und das machte ihn über die Jahre und Jahrzehnte zu einer Ausnahmeerscheinung der heimischen Musik, zu einem Solitär. Der wird demnächst 80 Jahre alt, was er mit und unter seinesgleichen feiert: am 1. März im Schutzhaus Schmelz. "Never Play the Wrong Music for the Sake of Success", steht auf dem Plakat der Veranstaltung. Das ist im Falle des Al Cook keine hohle Phrase.

Trifft man Al Cook, trifft man einen Mann, der aus der Zeit gefallen scheint. Er ist angetan wie Elvis Presley circa 1956. Die Bow-Tie ist exakt gebunden, die stilechten 1950er-Jahre-Schuhe passen zum nach damaliger Mode geschnittenen Anzug, die Tolle steht für den Rock’n’Roll. "Damit hat alles begonnen", sagt er, und wischt mit gepflegten Fingern ein paar Brösel von Kaffeehaustisch: "Mit Elvis. Mit dem Film Loving You."

Dieser Kinobesuch infizierte ihn mit dem Virus des Rock’n’Roll. Mangels einer Gitarre musste zu Beginn der Teppichpracker herhalten. Er kaufte sich alle Elvis-Platten, derer er habhaft werden konnte, und lernte beim Hören Englisch. Genauso autodidaktisch brachte er sich später das Gitarre- und das Klavierspielen bei.

Damit befand er sich in einer Art Niemandsland. Jahrelang wurde er belächelt, in der Arbeit gemobbt, weil er sich nicht für Fußball und Heurigenbesuche interessiert hat. Stattdessen hat der Feinmechaniker im Maschinenlärm Elvis-Lieder gesungen. "Für die war ich ein Sonderling." Bis 1973 hat er gearbeitet, dann hielt er es nicht mehr aus und wurde Musiker. Ein schwieriger Musiker. Denn seine Konsequenz wurde ihm oft als Fundamentalismus ausgelegt. Cook interessierte sich nur für frühen Rock’n’Roll und dessen Ursprung im Blues. Der Rest war ihm im besten Fall wurscht. Als die Beatles auftauchten und Pop Gestalt annahm, wandte er sich angewidert ab. Heute gesteht er den Beatles ihre Bedeutung zwar zu, die Musik braucht er trotzdem nicht.

Wider jede Marktlogik machte er Karriere. Doch es war ein harter Weg durch ein schwieriges Elternhaus und die Ahnungslosigkeit seines Publikums. Oft hat er gehört, wenn er Schwarz wäre, wäre er ein Star. Konterrassismus nennt er das. Doch Cook verlor nie sein Ziel aus den Augen. Erste Alben entstanden ab 1970, doch die waren ihm zu glatt produziert. Er wollte so klingen, wie er es von alten Aufnahmen des Alan Lomax kannte oder von alten Shellacks: Atmosphäre, Gefühl.

Dabei tat sich schon mit seinem 1970 erschienenen Debütalbum Working Man Blues eine unglaubliche Gelegenheit auf. Der ORF-Mann Günther Poidinger hat ihn mit einer Filmcrew in einem Wiener Club gefilmt. Auf Umwegen landeten diese Aufnahmen in London bei Alexis Korner, einer zentralen Figur des britischen Blues. Und der war begeistert von Cook. Daraufhin hat Cooks Wiener Plattenfirma eine Verbindung zu Korner hergestellt, der Pläne für ihn hatte.

"Ich sollte mit John Mayal und Eric Clapton eine LP machen. Ich hab kurz überlegt und dann gesagt, Nein, mach ich nicht. Die von der Plattenfirma haben sich halbert auf die Erd g’haut! Das kannst du nicht ausgeschlagen, haben sie gesagt, da kommst du in die Weltelite!" Doch Cook blieb dabei. "Ich wusste, die kennen sich beim Blues aus. Aber was sie daraus für Platten gemacht haben! Schrecklich! Nein, hab ich gesagt, meine Musik lass ich mir von denen nicht verwursten." Er hat seine Entscheidung nie bereut.

Welche Möglichkeiten ihm deshalb verwehrt geblieben sind? Er weiß es nicht. Vielleicht wäre er so nach Amerika gekommen, bisher fand die Reise nur in seinem Kopf statt. Cook weiß, dass es von Wien keinen Direktflug nach Memphis gibt, wo er wegen der Sun Studios hinmüsste. "Wenn ich schon dort wäre, würd ich mir Graceland auch gleich anschauen." Er kennt die Nummern der Highways, über die er in den Süden gelangen würde, nach Clarksdale oder Tupelo, und er weiß, wie die Plantagen am Weg dorthin heißen und welche Blueser dort gespielt haben.

Wenn er deshalb Wehmut verspürt, lässt er sich es nicht anmerken. Selbst wenn diesem "White King of Black Blues" der internationale Erfolg verwehrt geblieben ist, ist er unbeirrbar geblieben. 2016 erschien seine Autobiografie. Der Untertitel lautet: "Blues als Rebellion gegen den Zeitgeist". Es ist ein 760-Seiten-Werk, zehn Jahre hat er daran geschrieben. "Ich wollte mein Leben dokumentieren, was in meinem Inneren vorging, meine Überzeugungen und Erlebnisse." Ein Erlebnis ist darin nicht enthalten.

Cook erzählt es auf die Frage, was sein schönstes Kompliment gewesen sei: "Ich war bei einer Geburtstagsparty von einem Maler engagiert. Meine Band, der Harry, der Mike und ich. Und da hat mir der Gastgeber nachher erzählt, dass da ein Mädchen im Publikum gesessen ist, das schwer depressiv und selbstmordgefährdet war. Am Ende des Konzerts aber ist sie aufgestanden und hat gesagt, es ist ihr noch nie so gut in ihrem Leben gegangen. Das war was." (Karl Fluch, 18.2.2025)