Do 20. November 2025
20:00
Blue Bird 2025 – 20. bis 22. November Early Bird 3-Tages-Pässe

Emily Barker (AUS) / Nadia Reid (NZ) / Júníus Meyvant (ISL) / The Zew (A) ...

Zwischen graubraun und lichtblau: Das Blue Bird Festival 2025

Wenn Musik zu schweben beginnt: Passend zum frühlingshaften Vogelgezwitscher gibt das alljährlich begeisternde Indie-Festival Blue Bird einen ersten musikalischen Ausblick darauf, was uns im Herbst im Porgy & Bess erwartet. Aber: Welche Farbe hat der Vogel wirklich? Die ersten vier Acts nähern sich dieser Frage – und rücken ihr musikalisch aufs Gefieder.

Es gibt da diesen alten Blues-Klassiker aus den Sechzigern, mit dem Titel “Is a Blue Bird Blue” - am bekanntesten ist vielleicht die Version vom britischen Rockabilly-Sänger Shakin' Stevens. Während im Lied die Frage nach der tatsächlichen Farbe des Vogels nicht beantwortet wird, verrät das Biologiebuch über die Hüttensänger, wie der “Blue Bird” im Deutschen heißt, folgende spannende Tatsache: Sie sind nicht blau, sie erscheinen nur blau! Das “Blaue” in ihrem Gefieder entsteht nicht durch Pigmente, sondern durch die mikroskopische Struktur der Federn, die das Licht auf besondere Weise streut. In Wirklichkeit sind die Federn graubraun - und somit ergibt sich auch ein wunderbarer Brückenschlag zum Blue Bird Festival, das diesen Herbst bereits zum 21. Mal im renommierten Wiener Jazzclub Porgy & Bess gastiert.

Blue Bird Festival: zwischen Hell und Dunkel

Denn das Programm des Blue Bird Festivals changiert seit jeher zwischen betrübten - also graubraunen - und beschwingten - also lichtblauen - Sänger*innen, die die Weite des Indie-Folk-Singer-Songwriter-Fachs durchmaßen. Und wie immer bietet das Festival auch heuer ein Entdeckerprogramm, das bekanntere und weniger bekannte Namen behutsam und ausgewogen mischt - sie alle eint lediglich die hohe Qualität, in denen die Liedermacher*innen ihr Kunstverständnis zelebrieren. “Es sind Künstler*innen, die selbst gestalten wollen und denen Texte wichtig sind“, sagte Festivalkurator Klaus Totzler einmal zur programmatischen Ausrichtung - und dabei kann es Ausprägungen hin zu Joni Mitchell und Nick Drake, zu Bob Dylan oder Neil Young, aber auch zu Amanda Palmer und Adam Green, oder auch bis hin zu Clara Luzia, Wallis Bird und Mira Lu Kovacs geben. Das Programm des Blue Bird Festivals ist für eine mittlerweile recht groß gewordene Publikumsnische maßgeschneidert, die mehr will als Mitgrölhits und Easy Listening, Konfettiregen und bombastische LED-Videowalls. Hier ist von sanftem Folk über fein ziseliertem Pop bis hin zu wütendem Rock vieles möglich - man hört Lieder ”der gehobenen Popkultur", die intensiv berühren, dabei aber nicht anstrengen.

Von den traditionell 12 Acts, die alljährlich über drei Tage verteilt im November im Porgy & Bess gastieren, wurden soeben die ersten vier Künstler*innen angekündigt:

Júníus Meyvant aus Island
Geboren und aufgewachsen auf den Westmännerinseln südlich der isländischen Küste, veröffentlicht Unnar Gísli Sigurmundsson seit 2014 unter dem Namen Júníus Meyvant Musik. Zwar in einem religiösen, vor allem aber musikalisch geprägten Elternhaus groß geworden, fand Unnar erst in seinen Zwanzigern zur Musik und einer inneren Ruhe – über eine alte Gitarre im Elternhaus.

Dabei driftet er nicht in elfenhafte Klänge ab, wie man sie von isländischer Musik gemeinhin gewohnt ist, sondern präsentiert sich als gestandener Wikinger mit viel Soul - er klingt weniger nach Björk oder Sigur Rós, sondern nach dem Groove der Sechziger, nach Baroque Pop, Gospel, Funk und Folk – dicht, aber nie überladen, warm und organisch. Dazu singt er mit tief rauchiger Stimme von Sehnsucht, Verlust und innerer Einkehr – als seelentiefer Sänger und als melancholischer Troubadour, der einem mit sanfter Wucht ans Herz geht.

Nadia Reid aus Neuseeland
„Viele meiner Songs sind sehr melancholisch“, sagt Nadia Reid aus Neuseeland, die im Februar ihr viertes Album mit dem poetischen Titel “Enter Now Brigthness” veröffentlicht hat und damit beweist, dass die Melancholie durchaus Leichtigkeit und Licht verträgt. Auch wenn ihre Heimat geografisch weit vom Ursprung des Americana entfernt liegt, ist Nadia Reids Sound stark vom Folk-Revival der Sechziger geprägt – ähnlich wie bei Landeskolleg*innen wie Tiny Ruins, Aldous Harding oder Marlon Williams.

Bisher ist sie etwas unter dem Radar gelaufen, doch mit “Enter Now Brigthness” könnte sich dies nun ändern, denn mittlerweile verleihen Bläser, Klavier, Synths und dezente Drumeffekte ihrem Sound mehr Weite – der Gitarrenfokus bleibt, aber die Lieder atmen freier: Das klingt nach Morgendämmerung, nach Zärtlichkeit, nach einer allmählich erblühenden Frühlings-Landschaft - während Reid mit wohlig-warmer Stimme ruhig und eindringlich den schmerzvollen Rissen in ihrer Seele nachspürt.
Emily Barker aus Australien

Vor Jahren startete die Australierin Emily Barker als verheißungsvolle Stimme des „Modern Female Folk“, mit der Titelmusik zur immens erfolgreichen britischen TV-Krimireihe “Wallander” wurde sie schnell über Genregrenzen hinaus bekannt – doch nun erst, mit ihrem sechsten Album “Fragile As Humans” im Gepäck, kommt sie nach Wien und lässt in der Vorfreude sowohl Gedanken an Joni Mitchell als auch an Neil Young aufkeimen.

Bei ihr trifft Blues auf Country, vermengt mit Gospel und Americana – verbunden zu einer eleganten Einheit durch ihre warme, eindringliche Stimme und ihr unverwechselbares Talent für einfach nur schöne, fast schon zerbrechliche, dabei aber hypnotisierende Melodien, die ihre Texte voller persönlicher Empfindungen federleicht tragen. Einsamkeit und Trauer durchziehen viele ihrer Lieder, doch selbst in den schweren Erfahrungen des Lebens lässt sie Hoffnung, Leichtigkeit und Optimisums aufblitzen – und beweist, wie viel Stärke in der Sanftheit und zugleich Widerstandsfähigkeit in der Menschheit liegt.

The Zew aus Österreich
Hinter The Zew steht die oberösterreichische Musikerin und Illustratorin Leonie Schlager – und präsentiert sich auf ihrem aktuellen Mini-Album “Zazel Wants To Fly” als Antithese zum konfrontativen Stadionpop: Mit Gitarreneffekten und verträumtem Gesang erschafft sie einen gelösten, fast schon himmlisch anheimelnden Klang, der tief im Folk und der “Outsider”-Musik verwurzelt ist.

Verbunden durch das Thema des Fliegens und Fallens erzählt sie in ihren neuesten Liedern von Unabhängigkeit, von der Lust am Kontrollverlust, vom Sich-Entgegenkommen – und von jener Resilienz, die im Gemeinsamen aufblüht. Dabei bewegt sich The Zew nicht nur erzählerisch in luftigen Höhen, auch ihre Musik selbst klingt ätherisch und entrückt, als würde man ein paar Meter über dem Boden schweben: Dafür sorgt ihre unaufgeregte Stimme, die sich durch Hall und Echo von der greifbaren Welt entfernt, während ihre zumeist zart gezupfte E-Gitarre flirrt wie eine Pusteblume durch lauen Wind. Übrigens: Ihr persönliches „Comfort Food“, so verriet sie dem Standard, sind die Krautfleckerln ihrer Oma – wärmend, füllend, fast hypnotisch. Und genau so klingt auch ihre Musik – nur viel weniger deftig. (Stefan Baumgartner)