Do 1. Januar 2026
20:30

Karl Ratzer Trio & Sexteto Brazil meets Extracello (A/USA/BRA/AUS)

Karl Ratzer: guitar, vocals
Yta Moreno: guitar, vocals
Peter Herbert: bass
Howard Curtis: drums
Fred Mascavo, Ricardo Mateus: percussion
Extracello
Edda Breit, Melissa Coleman, Margarethe Herbert, Gudula Urban: cello

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Weniger ist manchmal mehr. Meistergitarrist Karl Ratzer kann zwar noch immer übers Griffbrett rasen, meist beschränkt er sich heute aber auf das Verdichten von Noten, auf das Essenzielle eines Songs. "Das geht erst im Alter, vorher bekommst du das nicht hin", so Ratzer, der am 4. Juli seinen 75. Geburtstag feiert, im Gespräch. Rechtzeitig zum Jubiläum ist das formidable Live-Album Vienna Red mit einem Best-of von Auftritten seines Trios im Wiener Porgy & Bess erschienen. Ebendort tritt Ratzer von 3. bis 5. Juli mit verschiedenen Formationen auf.

Christoph Hubers Jazzclub ist für Ratzer, der sich nach Höhen und Tiefen in den letzten 15 Jahren eine bemerkenswerte Renaissance erspielt hat, eine Art Heimathafen: "Für mich ist der Zauber des Porgy & Bess das Publikum – es findet ein Austausch mit uns statt." Die feine Balance seines Trios, mit dem er am 4. Juli zu hören ist, sei "viel Arbeit. Man muss einander ergänzen." Sein langjähriger Weggefährte Peter Herbert, "ein umfangreicher Künstler", wisse und könne das: "Peter steht überhaupt nicht auf schneller, höher, lauter, sondern genau auf das Gegenteil davon." Auch in Drummer Howard Curtis hat Ratzer einen musikalischen Seelenverwandten: "Wenn er Schlagzeug spielt, hörst du die Akkordwechsel."

Ratzer wird beim Jubiläumshattrick auch im Breitwandformat zu erleben sein. Am 3. Juli mit dem Streicherinnenquartett Extracello von Margarethe Herbert, am 5. Juli mit dem jüngsten Projekt "Brazil" rund um den in Rio de Janeiro geborenen Singer-Songwriter und Gitarristen Yta Moreno. Die Synthese daraus soll im Herbst im neuen Album Rio Blue kulminieren.

Lateinamerikanischer Musik fühlt sich Ratzer seit langem verbunden: "Ich war früher mit dem brasilianischen Trompeter Claudio Roditi unterwegs. Und Samba war immer gitarrenfreundliche Musik." Auch kubanische Musik liebt Ratzer, der beim Gespräch zur Gitarre greift und ein Stück des Pianisten Rúben Gonzáles (Buena Vista Social Club) solo spielt. Wie das geht, haben ihm Könner dieser Musik gezeigt. Ein Geben und Nehmen eben – und harte Arbeit.
Lehren und lernen

Das galt auch für seine acht Jahre in den 70ern in den USA, in New York und Atlanta: "Ich war in Georgia, und die Leute sind zu mir gekommen, um zu lernen, und ich habe auch von ihnen gelernt. Ich habe mittags unterrichtet, danach geübt und anschließend in zwei Clubs gespielt, am Nachmittag in einem schwarzen, am Abend in einem weißen." Spuren dieses Austauschs sind in Ratzers Kompositionen zu hören.

Von den Erwartungen anderer hat sich Ratzer, unterstützt von seiner Managerin und Ehefrau Anna, längst freigespielt: "Ich will meine Musik heilig halten." Statt um Ruhm oder Größe geht es um "intimacy". Der einstige Tourgefährte von Chet Baker verwandelt auch kleine Räume wie das Hinterzimmer einer Vinothek (nachzuhören auf dem Duo-Album Alone Together) oder aktuell das Weinhaus Pfandler in Meidling in Jazzclubs auf Weltklasseniveau.

Sich selbst sieht Ratzer im Sinne seiner tief empfundenen Religiosität als Instrument, Musik als reinigende Kraft. Was seinen berührenden, intimen Gesang betrifft, meint er: "Ich bin kein Sänger, aber ich singe gerne. Singen macht froh und glücklich." Als er auf die Gitarre schaut, lacht er: "Ein Schachbrett der Ewigkeit." Es ist dem Jubilar und uns zu wünschen, dass er noch lange singt und spielt. (Karl Gedlicka, 2.7.2025)