So 19. Oktober 2025
14:00

Pi-Hsien Chen spielt Schönberg & Schubert (TW/D)

Pi-Hsien Chen: piano

Programm
Arnold Schönberg: Das Solo-Klavierwerk
Franz Schubert: Sonate A-Dur D959

Es ist nicht zu fassen, dass kurz vor ihrem 75ten Geburtstag die Ausnahmepianistin Pi-hsien Chen ihr erstes Klavier Programm in Wien spielen wird. Dabei hatte sie als Wunderkind mit 10 Jahren 1960 von Taiwan nach Köln übersiedelt, um ihre musikalische Ausbildung bei der Koryphäe Hans-Otto Schmidt-Neuhaus weiterzuführen, wo sie später auch im Umfeld von Stockhausen und Eschenbach prägende Erfahrungen sammeln konnte. Neben dem ARD Wettbewerb 1972 gewann sie etliche weitere internationale Wettbewerbe und konzertierte mit vielen wichtigen Orchestern.

Durch ihre Mutterschaft und ihre Professuren in Köln ab 1983 und Freiburg i. Breisgau 2004-2016 verblieb ihr wenig Zeit für Tourneen und ausserdem beschäftigte sie sich immer mehr mit Neuer Musik, wo sie mit Werken von Stockhausen, Boulez, Messiaen und Schönberg sich bei einem aufgeschlossenem Publikum einen Namen machte. Besonders interessant waren ihre Aufnahmen, wo sie diese mit Werken der Klassik von Beethoven, Scarlatti und Schubert zusammenführte.

Mittlerweile hat sie herausragende CDs mit Mozart, Beethoven, Schubert und immer wieder Bach – hier besonders zu erwähnen ihre Kunst der Fuge in Studio- und Live Aufnahmen – veröffentlicht und spielt jedes Jahr in China und Taiwan in den grossen Konzertsälen.

Der Schriftsteller Navid Kermani spricht über ihre Konzerte von einer „transzendenten Erfahrung“ und beschreibt in seinem Roman Das Alphabet bis S die Konzertserie 2017 im Kölner Kolumba Kunstmuseum, in der sie monatlich jeweils Werke von Mendelssohn, Bach, Schubert, Schönberg und Scarlatti in wunderbaren Interpretationen erklingen liess, die als CD Box mit dem Titel „Mitteilungen vom unteilbaren Werk“ vorliegen. Mit Kermani, der sie immer wieder zu seinen Lesungen einlädt, war sie im November 2024 im Wiener Konzerthaus.

Durch eine Rezension in der Süddeutschen Zeitung der 2023 erschienenen Monographie „Pi-hsien Chen – Tastenforscherin zwischen Welten“ von Michaela Fridrich, war ich auf sie aufmerksam geworden und besorgte mir innerhalb kürzester Zeit alle erhältlichen Aufnahmen.

Ich war völlig verblüfft als ich erfuhr, dass sie immer noch in der Nähe von Köln lebt und trotzdem mehr in Asien auftritt als in Europa. Das spricht nicht für das heutige music business, wenn solche Ausnahmekünstler im momentan vorherrschenden Jugendwahn ignoriert werden, weil sie kein Major Label und grosse Agentur vorweisen können.

Mittlerweile habe ich sie bei einem Privatkonzert, wo sie neben Bach auch Schuberts Sonate A Dur Opus 959 spielte, erleben können und kann nur sagen: ein definitiver Pflichttermin im Wiener Konzertkalender! (Stephan Meyner)