Georg Graewe & Sonic Fiction Orchestra (D/A/AUS/CAN)
Georg Graewe: piano, composition
Frank Gratkowski: clarinets
Maria Gstättner: bassoon
Martin Siewert: guitars, electronics
Maura Knierim: harp
Joanna Lewis: violin
Laura Strobl: viola
Melissa Coleman: cello
Joe Williamson: bass
Valentin Duit: drums
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Dschungelartige Klangdichte gleich zu Beginn. Recht unvermittelt dann karge, melodieähnliche Gestalten von geradezu exzentrischer Sparsamkeit, bevor Jazzrhythmen mitmischen: Sprunghaft wechselt das Geschehen in Georg Graewes aktuell zehnstimmigem, mehrfach durch kurze Gastspiele zusätzlicher Musiker erweitertem Sonic Fiction Orchestra. Gäbe es eine Magna Charta der freien Musik, so müsste diese u.a. vom Grundrecht auf künstlerische Koexistenz handeln. Schöpferisches Neben- und Nacheinander andernorts meist getrennter Stilschichten ist eine Form solcher Koexistenz. Graewes Musik, die zwischen Komposition und Improvisation changiert, darf als treffliches Beispiel hierfür gelten. (Wolfgang Gratzer | JAZZ PODIUM Dezember 2020)
Georg Graewes Sonic Fiction Orchestra setzt sich entschieden zwischen alle Stühle. In der Mitte steht ein Streichtrio, das unterstützt von Kontrabass und Harfe immer wieder eine nachdenkliche Wiener Schule - Atmosphäre etabliert: Kurze Auf - und Abschwünge, Pausen, wir fühlen Luft von anderen Planeten. Bisweilen tritt die Harfe oder das Vibrafon hervor und erhält Raum für ein im-pressionistisches Solo. Bevor sich der Zuhörer aber zu sehr einrichtet, rauen Vibrafon, Elektronik und E-Gitarre den geschlossenen Klangkosmos auf und öffnen das Feld für die Attacke von Frank Gratkowski, der, spätestens wenn Gerry Hemingway an den Drums loslegt, einen wilden Impro-Sturm entfesselt, sekundiert vom hintergründig nervös näselnden Fagott Maria Gstättners. Ebenso schnell aber wechselt der Klarinettist das Register, um nuancierte Neue Musik-Klänge zu zelebrieren, die mit der neu formierten Klanglandschaft im Hintergrund verschmelzen.
Dabei sind komponierte und spontane Partien so klug miteinander verschränkt, dass aller improvisatorischer Furor, den die Band durchaus an den Tag legt, stets eingehegt bleibt in eine Struktur. Formteile mit fein ausgehörten Harmonien, seien sie spontan oder notiert entstanden, wechseln in vielen Kombinationen ab. Dennoch bleibt ihr Gestus dringlich und es entsteht zu keiner Zeit der Eindruck der Beliebigkeit. Um so erstaunlicher, dass diese Musik live in den Kammerspielen im Schauspielhaus Bochum aufgenommen wurde und eben nicht das Ergebnis einer Bastelarbeit im Studio ist.
So ein Crossover kann nur funktionieren, wenn sich die Beteiligten in beiden Bereichen wohlfühlen und auf lange gemeinsame Spielerfahrungen zurückblicken können. Frank Gratkowski hat hier eine zentrale Rolle, so abwechslungsreich und entschieden platziert er seine Klarinetten-Sounds. Als Neue Musik-Komponist wie als Jazz-Improvisator ist er gleichermaßen zuhause.
Auch das nachdenkliche Klaviersolo Graewes, das kaum noch einem Bereich zuzuordnen ist, zeugt von der Spannbreite des Bandleaders. Klangästhetik der Instrumentierung, die Mischung aus konzipierten Formteilen und kontrolliertem Powerplay verleihen diesem Orchester ein absolutes Alleinstellungsmerkmal. Weder in der Neuen Musik noch beim Jazzpublikum dürfte man mit solch einer Großbesetzung offene Türen einrennen, umso mehr ist Graewes Beharrlichkeit und Energie zu loben, mit denen er dieses Großensemble lebendig hält. Eine Pioniertat, die alle Aufmerksamkeit verdient. (Michael Bossong | JAZZ PODIUM Februar/März 2025)
Of course, Graewe hasn't been resting on his laurels. He has several ongoing projects including the latest manifestation of his long-running exploration of large ensemble music, Sonic Fiction Orchestra. In Concert, Bochum 2022 features three diverse works, tightly arranged and residing more in the Contemporary music milieu despite plenty of neatly plotted improvisation from the likes of clarinettist Gratkowski, guitarist Martin Siewert and harpist Sara Kowal. Few improvisors have managed to collide musical worlds with more rigour and fecundity. (Peter Margasak | The Wire July 2025 (Issue 497)
https://georggraewe.bandcamp.com/
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