the body is a soundfactory. (henri chopin)
die sfd - schule für dichtung wird im herbst einen der letzten "grossen alten der sprachavantgarde" präsentieren: henri chopin (fra), 82 jahre alt. der erste, der - im paris der 50er jahre als mitglied der "poètes sonores" - die schriftkultur für beendet erklärt hat. der erste, der mit den mitteln des tonbandgeräts, des magnetbands und des mikrofons sogenannte "audiopoeme" entwickelt hat und damit zum pionier aller techno- und multimediakunst geworden ist.
chopin setzte in unzähligen elektroakustischen kompositionen und live-performances den menschlichen körper als ein tönendes instrument ein, präsentierte die sprechwerkzeuge als unerschöpfliche klangmaterialhalde, isolierte minimalste sprachklangpartikel und körpergeräusche, drang in die mikrostrukturen der sprache vor und verwandelte sie mit hilfe von elektronischen verarbeitungstechniken zu rohen, funkelnden audiopoemen.
tonband und mikrofon wurden von ihm dabei stets mediumimmanent eingesetzt, seine poeme sind nicht nach literal-linearen, sondern nach elektromagnetischen prinzipien gebaut. sein werk und seine poetik können als reaktion und vorahnung auf die entwicklung der "digitalen revolution" und ihrer ästhetischen und produktionstechnischen auswirkungen auf literatur, musik und sprache angesehen werden.
obwohl chopin mit seiner "poésie sonore/poésie electronique" entscheidende vorarbeit für die zeitgenössische audio- , sprach- und videokunst geleistet hat, ist er bis heute nur einer kleinen gruppe von über die ganze welt verstreuten aficionados wirklich bekannt. die schule für dichtung, an der chopin in den jahren 1992 und 1993 unterrichtete, möchte dieser tatsache entgegenwirken und organisiert im oktober eine reihe von veranstaltungen, um henri chopin zu feiern und sein werk zu präsentieren.
henri chopin wird persönlich in wien anwesend sein. die sfd wird - in zusammenarbeit mit dem radiokulturhaus und dem "porgy & bess" - folgende veranstaltungen realisieren: chopin-klasse/analog, chopin-klasse/digital, chopin-performance, chopin-dialog, chopin-installation, chopin remixed.
im porgy & bess werden sich christian fennesz, erdem tunakan, didi bruckmayr, juergen berlakovich, bernhard gál, jörg piringer und ide hintze in kurzen solo performances jeweils einzeln mit henri chopins werk und klangästhetik auseinandersetzen, zum abschluss zu einer impro-session zusammenfinden und eine riesige sprachsoundwall aufbauen.
davor klassenpräsentationen aus den workshops "poésie sonore " (h.chopin, studenten) und "poesie der gebärdensprache" (helene jarmer, günter roiss, studenten)