Wer sich darauf einlassen will, wie Wagner einen heutigen Musiker anzuregen vermag, sollte sich die neue CD „Tristan. Isolde.JAZZ“ besorgen. Raino Rapottnig hat für Klavier, Saxophon, Elektronik 13 Mediationen geschrieben, die zwar jazzig klingen, aber vorallem intelligente, stimmige Paraphrasen über Wagners Harmonien und Motive sind. (Karl Löbl)
Vieldeutigkeit verleitet an sich zur Deutung. Insofern wundert es, dass Wagners Liebesrausch mit seiner die Romantik krisenhaft erschütternden harmonischen Unerklärbarkeit nicht schon öfters der Ausgangspunkt für Bearbeitungen war. Auf der Suche nach Inspirationsquellen hat der Jazz bisher allerlei musikhistorische Gebäude für sich entdeckt, sie abgebaut und auf seinem stilistischen Gelände wieder neu errichtet. Tristan und Isolde waren indes bisher kaum dabei. Mag sein, dass diese unendliche Opernmelodie zu unnahbar schien. Der Versuch, der hier gewagt wird, die ekstatische Provokation Wagners neu zu durchdenken, entgeht freundlicherweise der banalen Versuchung, eine buchstabierende Adaption des Originals auf swingender Grundlage vorzunehmen. Das Vorspiel zum dritten Akt hat es ihm zwar angetan. Allein, auf Basis der Wagnerischen Schönheit der Dunkelheit erlebt man jedoch vor allem eine subjektive Meditation über die harmonischen und motivischen Geschöpfe des Bayreuther Meisters der Unbescheidenheit. Was zu beweisen war: Die Weiten der von Wagner geöffneten harmonisch-leitmotivischen Räume lassen auch heute noch Platz für musikgedankliche Paraphrasen. Hier sind sie zu finden. (Ljubisa Tosic)
Die wagnerschen Bearbeitungen von Rapottnig und Mayrl dauern ziemlich exakt eine Stunde, weshalb ab 20 Uhr bzw. ab ca. 22.30 Uhr Ljubisa Tosic, seines Zeichens Musikchef des „Standard“, für jeweils ebenfalls eine Stunde, eine Auswahl seines reichen digitalen und analogen Repertoires zu Gehör bringen wird. Porgy goes Classic! CH