Mo 30. Mai 2005
21:00

Me'Shell NdegéOcello „Music Spirit Jamia“ (USA/BRA)

Me’Shell NdegéOcello: bass
Ron Blake: saxophone
Kebbi Abraka Williams: saxophone
Michael Cain: keyboards
Gilmar Gomes: percussion
Damion Reid: drums
DJ Jahi Sundance Lake: turntables

Me'Shell NdegéOcello kommt 1969 in Berlin als Mary Johnson zur Welt. Ihr Vater, ein amerikanischer Soldat, wird kurze Zeit später zurück in die Heimat USA versetzt. Die Familie Johnson reist nach Washington, wo Me'Shell als Teenagerin das Handwerk des Bassspiels erlernt. Ihr Talent und ihre disziplinierte Ausdauer lassen sie zu einer Musikerin reifen, die schon während des Studiums mehr Zeit im Proberaum und auf der Bühne als im Hörsaal verbringt.
Nach ersten Achtungserfolgen mit einer Go-Go Band (Little Benny & The Masters) folgen einige Gigs mit Steve Coleman, Living Colour und anderen musikalisch-kreativen Köpfen. Me'Shell ist längst mehr als ein Geheimtipp und so engagieren sie Arrested Development Ende der Achtziger als „Musical Director“. Um diese Zeit ändert sie auch ihren Namen. Aus Mary wird Me'Shell, aus dem aussagelosen Allerwelts-Johnson wird NdegéOcello, was in Swahili „frei wie ein Vogel“ bedeutet.
Inzwischen mit mehreren Preisen ausgestattet und in der Szene bestens bekannt, erhält sie Anfang der Neunziger einen Vertrag bei Maverick, dem Label von Madonna. 1993 erscheint ihr Debütalbum „Plantation Lullabies“, das von der Fachpresse ekstatische Kritiken erntet. Darauf gastieren u.a. Geri Allen (Piano), Wah Wah Watson (Gitarre) und Joshua Redman (Saxophon). Trotzdem wollen das Album nur Wenige kaufen. Zu unbequem präsentiert sich Meshell: „Wir Amerikaner sind ein ungebildetes Volk. Es gibt hier anscheinend nur Leute, deren gesamtes Wissen aus dem Fernsehen stammt. Unsere TV- und Wrestling-Kultur, die kritisiere ich.“ Zu den Käufern zählten allerdings die Rolling Stones, Alanis Morissette, Chaka Khan, Santana, Basement Jaxx, Arrested Development, Living Colour und Prince, die sie in der Folge für gemeinsame Projekte ins Studio einladen. (...)
Sperrigen, urbanen und entblößend ehrlichen Funk verbindet sie mit ihrer Suche nach einem besseren Verständnis der Welt und des Lebens, nach mehr Miteinander, mehr kritischem Nachdenken und reflektiertem Hinterfragen. „Im Moment erleben wir das Ende der Religion. Ich hoffe, dass ich in meinem Leben noch das Ende des Konzepts ‘Rasse’ erleben werde“.
Mit „Dance Of The Infidel“ (2005) verlässt sie ihre angestammte Bühne des „Urban Funk“ und begibt sich eindeutig auf die Bretter, die den Jazz bedeuten. Gemeinsam mit namhaften Hochkarätern der improvisierten Musik (Jack DeJohnette, Kenny Garrett, Roy Hargrove, Mino Cinelu, Don Byron u.a.) zelebriert sie einen abwechslungsreichen und spannenden Ausflug in den Kosmos des modernen Jazz. Freilich nicht, ohne ihre großstädtischen Groovevorstellungen zum Ausgangspunkt ihrer Reise zu machen.
Me’Shell Bashir Suhaila NdegéOcellos klare und direkte Offenheit ist prägendes Merkmal ihres Charakters und ihrer Musik gleichermaßen. Ihr künstlerischer Anspruch, die gesellschaftliche Wirklichkeit wider zu spiegeln, wird genährt von der einfachen Erkenntnis: „Wenn ich mir das Zeug anderer Leute anhöre, reflektiert es nicht das, was mir passiert. Wenn irgendwann mal jemand zurück schauen sollte, will ich nur, dass er weiß, dass da auch Menschen waren, die sich über andere Dinge Gedanken gemacht haben“. (laut.de)