Do 23. Februar 2006
20:00

Der Rote Bereich (D)

Frank Möbus: guitar
Rudi Mahall: bassclarinet
Oliver B.Steidle: drums

Wer Kompositionen „Mein Sportheim“ oder „Ich geh’ zur Polizei“ nennt, ist offensichtlich alles andere als bierernst. Und so klingt auch die Musik dieses Trios infernal aus Gitarre (Möbus), Bassklarinette (Rudi Mahall) und Schlagzeug (O. B. Steidle): witzig, schräg und dabei kunstvoll inszeniert. Schon werden die drei Berliner als „wichtigste Vertreter des deutschen Avantgarde-Jazz“ gefeiert. Wunderbar, wenn Neues so unangestrengt daherkommt. (Der Spiegel)
...Was sich da im „Roten Bereich“ abspielt, erkundet Grenzbezirke, setzt sich allen Gefahren des Unvorhersehbaren, Unerhörten aus, entwickelt dabei eine schöne Scheu vor dem Niemandsland, durch das der Mainstream sich schlängelt. Zwei der Musikanten, der Gitarrist Frank Möbus und der Bassklarinettist Rudi Mahall waren schon dabei, als die Gruppe, ursprünglich ein Quintett, 1992 in Nürnberg gegründet wurde. Später in Berlin trafen sie den Schlagzeuger John Schröder. Drei Musiker begaben sich auf die Reise. Sie taten das festen Schrittes, ohne sich durch die kammermusikalische Besetzung zu bleichem Feinsinn verführen zu lassen. Mit rabiaten Bebop-Riffs eröffnen sie, geben aber sehr schnell zu verstehen, daß Kraftmeierei auf ausgetretenen Pfaden nicht ihr Ding ist. Sie sind Verwirrspieler, die mit schwarzhumoriger Trockenheit dem Hörer Fallen stellen und lustvoll zerstören, was sie gerade noch wie etwas Gesichertes aufgebaut haben´. Doch seltsam: Der Elan schmeckt nicht nach Negativität, sondern klingt wie ein Ruf nach Freiheit, wie ein Bekenntnis zum Unbändigen der Phantasie. Dabei haben sie durchaus Sinn für Proportionen, wissen genau, wie lang ein Stück sein darf und daß man Piecen mit Titeln wie „Lustige Triole“ und „Das geht doch nicht“ durch ausufernde Improvisationen meucheln würde. Nicht zuletzt saugen sie Honig aus dem, was ein Manko scheint: Dem Fehlen des Basses. Mal täuscht die Gitarre einen Walking Bass an. Mal zitiert die Bassklarinette Figuren der Tailgate-Posaune aus dem Eozän des New Orleans Jazz. Manchmal groovt scheinheilig so etwas wie ein Soul-Walzer um die Ecke, und plötzlich ist der Teufel los. Dann wieder hängen Schlüsse wie Fragezeichen in der Luft. Über allem liegt ein Hauch des just noch gemeisterten Chaos, und immer haben die drei einen im Sinn. Manchmal auch zwei. (Werner Burkhardt)