Do 30. März 2006
21:00

Bennie Wallace Quartet (USA)

Bennie Wallace: saxophone
Steve Nelson: vibraphone
Danton Boller: bass
Alvin Queen: drums

Es ist gut zwanzig Jahre her, da ging über Europa kometenhaft der Stern eines jungen Tenorsaxophonisten auf, und sein Schein erfasste schließlich auch seine amerikanische Heimat. Der weiße Boy mit Bart und Brille wirkte wie ein Befreier. Endlich arbeitete einer die Geschichte des Saxophons von Sonny Rollins her auf und befreite das Tenorsaxophon aus der Erstarrung im John-Coltrane-Epigonentum - nicht etwa indem er einfach den Coltrane-Einfluss gegen eine Rollins-Gefolgschaft tauschte; nein der scheue junge Mann mit dem Namen Bennie Wallace hatte sich einen Personalstil erarbeitet, der Avantgardismen eines Eric Dolphy und anderer in ein tiefes Traditionsbewusstsein integrierte. Doch auf der Höhe des Erfolgs zog er sich als Filmkomponist nach Hollywood zurück. Seit kurzem ist er wieder auf der Jazzszene präsent, ohne Bart und Brille, aber immer noch mit sprudelnden Ideen. Die Kaskaden sind nicht mehr ganz so heftig wie einst, gemahnen jetzt mitunter an Johnny Griffin, und eine Neigung zum Lyrischen ist deutlich vernehmbar.
Die neueste Bennie-Wallace-CD für das Label, das ihn einst groß machte, liegt ganz auf der besinnlichen Linie. Im schlagzeuglosen Trio mit den Altmeistern Kenny Barron und Eddie Gomez an Klavier und Bass hat er ein Programm mit klassischen Balladen eingespielt. Seelenvoll geschmeidig klingt jetzt das Saxophon, und Kenny Barron unterfüttert es mit eleganter hochkarätiger harmonischer Sophistication, ja manchmal würde man sich fast wünschen monksche Spröde würde ab und zu für grelle Farbtupfer sorgen. Doch nichts gegen die hohe Kunst der Balladeninterpretation! (Thomas Fitterling, über die CD „The Nearness Of You“ 2004)