Der blinde amerikanische Pianist/Komponist Lennie Tristano (1919, Chicago – 1978 New York) gilt als einer der wichtigsten Innovatoren des Jazz. Der „konservative Revolutionär\" und Mentor zahlreicher Musikerpersönlichkeiten gab den Improvisationsmodellen seiner Zeit wertvolle Impulse. Besonderen Wert legte Tristano auf Konstruktion, Schlüssigkeit und Balance von Spannung und Entspannung in solistischer und kontrapunktisch-kollektiver Improvisation. Das daraus resultierende polyphone als auch polyrhythmische Denken und Hören war stets kennzeichnend für seine musikalisch-pädagogischen Aktivitäten und Ambitionen. Früh zog sich dieser großartige Musiker aus dem offiziellen Musikleben zurück: das lärmende Clubpublikum, allzu schnelle Plattenproduktionen und die immer kommerzieller werdenden Festivals ließen für ihn nur noch wenige Konzertaktivitäten zu.
Doch sein querständiges Denken und Handeln, sein wiederholter Wunsch nach „Zurücknahme der sogenannten Persönlichkeit\" um „den Jazz aus dem ES\" fießen zu lassen, beeinflussen bis heute auf unterschiedliche Weise das musikalischeSschaffen vieler Zeitgenossen. (Renald Deppe)