Sa 13. Januar 2007
20:00

Lisa Bassenge & Band (D)

Lisa Bassenge: vocals
Kai Brückner: guitar
Christoph Adams: piano
Paul Kleber: bass
Andi Haberl: drums

Das Gegenteil von Zufall? Kommt drauf an, wen man fragt. Schöpfung glaubt die Religion, Notwendigkeit weiß die Wissenschaft und Doppelagenten finden intelligentes Design am Werk. Warum auch immer: Es ist sicher kein Zufall, dass „a little loving“, das neue Album der Berliner Sängerin Lisa Bassenge, ausschließlich unter ihrem Namen erscheint. Nach drei hochgeschätzten Alben mit ihrem Trio, zahlreichen Auftritten von Berlin bis Bangkok, und sogar bei Harald Schmidt, dazu den Pseudonym-Projekten von Nylon bis Micatone, präsentiert sich hier eine erfreulich und rundum gereifte Musikerin mit ihrem stimmungsvollsten und verführerischsten Werk. Im Ensemble prominent verdoppelt, mit Christoph Adams am Piano, dazu Schlagzeuger Andi Haberl, Gitarrist Kai Brückner und natürlich ihrem instrumentalen Alter Ego Paul Kleber am Bass, werden auf „a little loving“ zwar immer noch größtenteils populäre Songs adaptiert und aufgemischt. Doch der Effekt dieser zwölf handverlesenen Lieblingsstücke in all ihrer Seelen- und Klangfülle ist sogar noch eindringlicher – und dabei gleichzeitig intimer und umfangreicher. So verschieden die Quellen sind, von einer swingenden Hildegard Knef-Nummer über Hits von The Cure, Johnny Cash und Irma Thomas oder den Sugarbabes, so eindeutig, gelungen und modern ist ihre Interpretation. „Früher lag die Betonung eher auf einer Dekonstruktion der Songs“, meint die eben 30-jährige. „Jetzt geht es uns hauptsächlich um eine eigene Interpretation. Also darum, diesen Liedern das bestmögliche abzugewinnen. So, wie wir es meinen.“ Wie apart und anmutig das klingt, auch wegen der intelligenten instrumentalen Akzente von Fender Rhodes bis Sarod und den präzise dreckigen Drumrhythmen, erkennen neben Lisas MySpace-Friends Gilles Peterson, Angelique Kidjo oder Matthew Herbert, schon seit einigen Monaten die Besucher ihrer Konzert e. Das deutliche Plus an Musik, Stimme und gesanglichen Trümpfen, spielen Lisa Bassenge und ihre Band überlegen und unübertrieben aus. Dass die Künstlerin selbst, die nach Auftritten bei „jazzahead“ oder dem „German Jazz Meeting“ eben erst in jazzthings „German Jazz Team 2006“ erkoren wurde, dass Ganze nicht mehr so recht als Jazz bezeichnen möchte, spricht für sie, für sich und Bände. „Die Schublade, in die man es packt, dient ja nicht wirklich der Musik“, findet sie. „Hauptsache, man hört zu und mag, was man da hört. Wie man es nennt, ist mir Wurst.“
„a little loving“ ist eine große Geschichte. Sie rankt sich um viele kleine Episoden und Anekdoten, die Lisa Bassenge, stimmlich eben noch Lolita, dann schnell wieder Vamp, auf- und anregend erzählt. Die bald zweifache Mutter hat ihren Stoff entweder Popstars entrissen, den Sugababes („overload“), The Cure („in between days“) oder Hildegard Knef („ohne dich“), oder aus dem großen amerikanischen Songbook entliehen (z.B. „the thrill is gone“ oder „keep on the sunny side“). Dazu kommen gesungene Tribute an ihre großen Stimmvorbilder Irma Thomas (deren „it’s raining“ schon Jarmuschs „Stranger Than Paradise“ abschloss) oder Minnie Riperton (aus deren großartiger, nicht mehr ganz zeitgemäß klingender Disco-Funk-Hymne „Love Hurts“ hier ein dramatisches Statement wird). Besonders und gelungen sind vor allem die beiden Eigenkompositionen, die melancholische Melodie von „i’d never have to go“ und das hitverdächtige Titelstück (könnte Madonna das jetzt bitte mal covern?). Wenn man dieses großartige Album, dass erste, das Lisa Bassenge über Monate im Studio perfektioniert, aber nicht poliert hat, hört und spürt und Ton für Ton genießt, ist das der verdiente Verdienst dieser einzigartigen Sängerin und ihrer neuen Band. Und das Gegenteil von Zufall.
(Pressetext)