Mo 25. Mai 2009
20:30

Paul Bley Solo (CAN)

Paul Bley: piano

Er hat noch mit Lester Young und Charlie Parker gespielt, in seiner Heimatstadt Montreal machte ihn Oscar Peterson auf der Szene bekannt. Das war 1948. Zwei Jahre später zog Paul Bley nach New York, Charles Mingus ermöglichte ihm sein Plattendebüt und begleitete ihn zusammen mit Art Blakey - von all dem müsse auch heute noch in seinem Spiel etwas zu hören sein, sagt Bley. Zumindest ein wenig.
Als Carla Borg noch Zigaretten im Jazzclub Birdland verkaufte, lernte sie Bley kennen. Ende der 50er heirateten die beiden, später schrieb sie einige sehr schöne Sachen für ihn und sein Trio, heute ist Carla Bley eine führende Komponistin und Arrangeurin des Jazz. Knapp zehn Jahre hielt die produktive künstlerische Beziehung der beiden, danach heiratete Carla den Trompeter Michael Mantler, und Paul war mit der Sängerin und Komponistin Annette Peacock liiert, einer Pionierin für den Live-Auftritt mit elektronischen Instrumenten. Seit 1968 spielte auch Bley Synthesizer, und sie überzeugte ihn, in einer gemeinsamen Bley-Peacock-Synthesizer-Show aufzutreten. Beide kannten sich bereits aus der Avantgarde der 60er Jahre, Peacock hatte den Saxofonisten Albert Ayler begleitet, Paul Bley wurde im Zuge der von Bill Dixon, Cecil Taylor und Archie Shepp initiierten Oktoberrevolution des New Yorker Jazz 1964 zu einem bedeutenden Pianisten des so genannten New Thing.
Seine erste Solo-Aufnahme \"Open, To Love\" (ECM, 1972) ist bis heute eine der schönsten Klavieraufnahmen der Jazzgeschichte. Hier versuchte er die Erfahrungen aus seiner Synthesizerarbeit auf das akustische Piano zu übertragen, die Titelkomposition dieser Platte stammt von Peacock, die Komposition \"Ida Lupino\" von Carla Bley.
In einem Interview verriet Bley jüngst, dass er gar kein eigenes Klavier besitze und demnach auch nie übe. Vor fünf Jahren spielte er, der nach eigenem Bekunden am liebsten in New York aufnimmt, ein Solo-Album in der Abgeschiedenheit der österreichischen Alpen ein, das diesen Sommer erst veröffentlicht wurde: \"Solo in Mondsee\". Am Sonnabend wird der einflussreiche und einzigartige Pianist 75 Jahre alt. (Christian Broecking, 2007)