Di 30. November 2010
20:30

Mühlbacher USW,... (A)

Christian Mühlbacher: drums
Gerald Preinfalk: reeds
Aneel Soomary: trumpet, fluegelhorn
Martin Eberle: trumpet
Lorenz Raab: trumpet, slidetrumpet
Walter Voglmayr: trombone, bariton saxophone
Wolfgang Pfistemüller: bass trombone
Gerald Pöttinger: bass trombone
Cyriak Jäger: tuba
Peter Stadlhofer: tuba
Martin Nitsch: guitar
Michael Hornek: keyboards
Gerald Schuller: organ
Tibor Kövesdi: bass
Laurinho Bandeira de Souza: percussion
Karl Petermichl: electronics

Definiert man den Jazz einmal streng als jene Kunstform, in der ein Maximum an Subjektivität geschätzt und individuelle Entfaltung angestrebt wird, könnte man eine Big Band für eine Art Genre-Fremdkörper halten. Quasi für ein trojanisches Pferd, mit dem ganz andere als diese hochgeschätzten Spieltugenden in die improvisationslastige Stilistik „hineingeschummelt“ werden. Uniformität und kollektiv-diszipliniertes Umsetzen von üppigen Notenmengen etwa. Elegant arbeitende Big-Band-Arrangeure und -Komponisten allerdings sind befähigt, eine Balance zwischen dem Freiheitsbedürfnis des Einzelnen und disziplinatorischen Anforderung zu finden, ohne auch schlechte Musikerlaune zu produzieren. Und sieht man beim Inntöne-Festival die aufgeräumten Instrumentalistenmienen und hört man Christian Mühlbachers kompakte Großformation USW, kann man sich schwer des Eindrucks erwehren, hier sei dem Wiener Schlagzeuger und Komponisten gelungen, ein konzeptuelles Gleichgewicht zu finden. Stilistisch ist das Kollektiv flexibel unterwegs: Funkige 70er-Jahre und Ausflüge in sonnige Latinwelten können u. a. ebenso zur Basis für diese beeindruckende orchestrale Energiemaschine werden, wie mitunter auch nur ein episch angelegter, simpler Blues in Moll die elegische Rahmenatmosphäre abgeben kann. Sanft schweben dann Klangflächen einher, um sich schließlich zu riesigen Wellen von hoher Intensität umzuformen. Macht Eindruck, und man sieht auch: Mühlbacher verlässt sich nicht nur auf den wuchtigen Charme der Riesenbesetzung. Er formt sie sinnvoll und lässt zwischendurch auch Raum für individuelle Virtuosität und Exzentrik des Einzelnen. Womit auch dem Freiheitsdrang ein Gefallen getan wird. Einerseits. Mühlbacher, der vor Jahren auch in der bedeutenden jazzigen Großformation Nouvelle Cuisine impulsgebend zu Schlagwerke ging, weiß andererseits allerdings auch, dass eine Big Band letztlich doch nur Sinn macht, wenn sie auch ihre volle Klangpracht und rhythmische Energie zur Entfaltung bringt. Es bleibt also beim Hin und Her, bei der witzigen Suche nach Gleichgewicht. Und dem Hörer verblieb in Diersbach die Wahl, an der Oberfläche großorchestrale Energie zu genießen oder eben Details zu entdecken. Hier war alles im Angebot. (Ljubiša Tošić)