Sa 4. Dezember 2010
20:30
Skalar presents

Marina & The Diamonds (GB)

ausverkauft !

Marina & The Diamonds

Die BBC hat fast immer recht - und ist sich sicher: Marina Diamandis wird 2010 ein großer Star. Unter dem Namen Marina and The Diamonds veröffentlicht die 24-Jährige jetzt ihr erstes Album "The Family Jewels". Die Platte ist so überkandidelt, widersprüchlich und schlau wie die Musikerin selbst.

Marina Diamandis wollte Popstar werden. Unbedingt. Raus aus der walisischen Kleinstadt, hinein nach London; dort verkleidete sie sich einmal sogar als Mann, um am Casting für eine Boygroup teilnehmen zu können. Das war der falsche Weg. Doch jetzt, mit 24, hat sie es geschafft: Unter dem Namen Marina and The Diamonds ist sie eine der großen britischen Pop-Hoffnungsträgerinnen des Jahres 2010; gerade ist ihr Debütalbum "The Family Jewels" auch in Deutschland erschienen und rangierte in der Woche nach Erscheinen unter den Top 20.

"Mit neun Jahren war eigentlich schon klar, dass ich irgendwann auf einer Bühne stehen würde", sagt die in Wales aufgewachsene Sängerin: "Ich sang die ganze Zeit vor mich hin und hatte eine wilde Phantasie; außerdem war ich wohl ein sehr dramatisches, sehr launisches Kind." Sie lacht auf eine irgendwie wissende Art, als wolle sie sagen: Und daran hat sich nicht viel geändert.

Denn tatsächlich wechselt in einer guten halben Stunde Interview mehrfach ihre Stimmung komplett: Mal lacht sie komplizenhaft und ansteckend, mal schmunzelt sie selbstironisch in sich hinein, dann wieder macht sie völlig dicht (über ihren griechischen Vater will sie nicht wirklich sprechen), oder sie gibt sich unbedarfter, als sie ist: "Ich bin erst 24, ich habe noch keine voll entwickelten Ansichten zu allen Aspekten des Lebens." Doch in einem ist sie ganz selbstbewusst: "Ich habe zehn Jahre Träumen und fünf Jahre Arbeit hinter mir, um an diesen Punkt zu gelangen. Ich bin hier aus gutem Grund, ich bin keine Eintagsfliege."

Damit dürfte sie wohl recht behalten. Marina and The Diamonds - keine Band übrigens, sondern Diamandis' Name für ihr Soloprojekt; "I'm Marina. You are the Diamonds", schreibt sie auf ihrer MySpace-Seite - wurde in der oft zuverlässigen BBC-Vorhersage, welche Musiker im kommenden Jahr den Durchbruch schaffen werden, zu Beginn des Jahres 2010 auf Platz zwei gewählt, hinter der lieblicheren, aber auch langweiligeren Ellie Goulding. Marinas Debütalbum "The Family Jewels" erfüllt die Erwartungen: Es bietet unbekümmerte Popsongs wie "Shampain" oder "The Outsider", leicht Verschrobenes wie "Mowgli's Road" oder "Oh No!" und auch Klavierballaden wie "Obsessions" oder "Numb" - ein absolutes Highlight ist der Song "I Am Not A Robot", in dem diese drei Stränge zusammenfließen zu einer grandios allgemeingültigen Hymne gegen das reine Funktionieren.
Und dann ist da noch: ihre Stimme. Sie wechselt zwischen tiefen und hohen Tönen wie ihre Stimmungen im Interview, mal singt sie gerade heraus, mal gerät sie fast ins Opernhafte; Vergleiche mit Kate Bush waren fast zwangsläufig, auf die Diamandis geschmeichelt, aber abwiegelnd reagiert. Darüberhinaus imitiert sie Akzente, so zum Beispiel einen kalifornischen Grenzbeamten in "Hollywood", der findet, sie sähe aus wie Shakira oder Catherine Zeta(-Jones), worauf sie cool antwortet: "Actually my name is Marina".
Den Kritiker des "Guardian" brachte dieses Spiel mit der Stimme fast zur Weißglut - dabei ist dieses Zuviel, dieses Übertreiben und Ausprobieren ungemein reizvoll, gerade verglichen mit den oft allzu klar definierten Popentwürfen unserer Zeit.

Dieses Zuviel findet sich auch in ihrer Selbstinszenierung wieder: Das Design ihres Plattencovers schaut sich Marina Diamandis gleich von Andy Warhols "Interview"-Magazin ab; bei Auftritten trägt sie ein Kleid mit Nilpferd-Aufdruck, eine elegante Dreißiger-Jahre-Robe des koreanisch-britischen Modedesigners Eudon Choi oder gar einen Wollmantel mit Hasenohren.

Im Video zu ihrer Hitsingle "Hollywood" stürzt sie sich in die volle Stars-and-Stripes-Verkleidung und zelebriert ihre widersprüchliche Hassliebe zum Glamour und zum Promi-Lebensstil: "Ich beschimpfe mich selbst dafür, dass ich mich in diese Celebrity-Kultur einsaugen lasse. Sie ist Zeitverschwendung, Energieverschwendung und es ist schlecht für die eigene Selbstachtung, sich mit diesen Geschöpfen vergleichen zu wollen, von denen die Medien behaupten, sie symbolisierten Schönheit und Glück", wettert sie. Widersprüchlichkeit auszuhalten, das ist ihr wichtig: "Ich bin nun mal jemand, der alles in Schwarz und Weiß sieht, und wenn das nicht so wäre, wäre ich keine Künstlerin."

Dass mit Marina and The Diamonds nach Lily Allen, Amy Winehouse, Kate Nash, Adele, Duffy, La Roux, Little Boots und Florence & The Machine ein weiterer hochgelobter weiblicher Popstar aus Großbritannien kommt, sieht die Sängerin einerseits als Modeerscheinung ("davor waren es jahrelang Jungsbands mit Gitarren"), andererseits aber als Zeichen gesellschaftlichen Wandels: "Ich glaube wirklich, dass Frauen sich verändert haben im letzten Jahrzehnt." Sie sagt, dass sie feministische Literatur lese und dass sie zu Anfang ihrer Beschäftigung damit dachte, sie achte zu sehr darauf, wie sie aussieht und sei zu mädchenhaft. "Ich glaubte, ich müsste mich anders anziehen und sollte nicht stolz auf meinen Körper sein. Ich muss immer noch mehr darüber lesen, aber: Ja, ich würde mich unbedingt als Feministin bezeichnen - wie könnte ich das nicht tun?"
Mit all ihren Stimmungswechseln, Widersprüchlichkeiten, Übertreibungen und Unsicherheiten ist Marina Diamandis gemacht dafür, ein prägender Popstar der Zehner-Jahre zu werden, denn sicher ist: Sie wird dramatisch und launisch sein - und uns immer wieder überraschen können. (www.spiegel.de)

Eintritt: 23.- € VVK, 28.- € AK Stehplatz, 30.- € Sitzplatz auf der Galerie, 10.- € Ermäßigung für MC-Besitzer

Eine Veranstaltung von Skalar Entertainment