Fr 20. April 2012
20:30

Martin Lubenov Orchestar (BG/A)

Martin Lubenov: accordion
Krasimir Malakov: reeds
Stefan Thaler: bass
Harald Tanschek: drums
Petar Yankov, Dimitar Mitrev: percussion, vocals

Tiefer nach Osten zog das stark vom Jazz inspirierte siebenköpfige Martin Lubenov Orkestar. In den Orient bis zu den Wurzeln der Roma in Indien drangen mit arabesken Verzierungen die Klarinette und die Vokalisten Petar Yankov und Dimifar Mitren vor, die auch mit ihrer Trommelkunst auf Toms und Darabukka übermütig einheizten. Star auf dem Tummelplatz des virtuosen Draufgängertums war Martin Lubenov, ein Teufelskerl mit halsbrecherischen Tempi auf dem Akkordeon. (Südwestpresse)
Martin Lubenov ist ohne Zweifel einer der wichtigsten und innovativsten Vertreter des Balkan-Akkordeons jenseits der Unterhaltungsmusik. Was nicht heißt, dass seine Musik nicht unterhaltsam ist. Im Gegenteil. Vergleichbar seinem berühmten Kollegen Petar Ralchev hat Martin Lubenov sehr früh zu einem eigenen Stil gefunden, der mit atemberaubender Virtuosität und spielerischer Eleganz balkanische Romamusik mit Schattierungen von Swing, Modern Jazz, Tango Nuevo, Salsa und Musette ansetzt und ihr damit die Ehre erweist, die Astor Piazzolla etwa dem Tango, Richard Galliano der Musette erwiesen haben. In seiner Wahlheimat Wien, dem musikalischen Brückenkopf zwischen Balkan und Orient und den „westlichen Szenen“, verfolgt er diesen Ansatz mit seinen Bandprojekten Jazzta Prasta und dem Martin Lubenov Orkestar. Könnte man Ersteres als Jazzband mit ethnischer Grundierung bezeichnen, so verhält es sich beim Orkestar genau umgekehrt. Ausgefuchste ethnische Musik, tanzbar und partytauglich, aber mit geschickt gesetzten Jazzschattierungen.
Gemeinsam ist beiden Bands die individuelle Signatur ihres Komponisten, Arrangeurs und Master-Minds, Martin Lubenov, der mit optimistischer Leichtfüßigkeit und unablässigem Schalk im Nacken Musik erfunden hat, die extrem „sophisticated“ und extrem „entertaining“ zugleich ist, und die ethnischen Traditionen des südlichen Balkans mit ihrem Hang zu Tragik, Wildheit und Pathos adaptiert, dann ironisch bricht und somit weiterentwickelt. Das Martin Lubenov Orkestar rekrutiert sich aus renommierten Romamusikern Bulgariens und kulturell neugierigen Jazzmusikern der österreichischen Szene. Der unverwechselbare Soul des Romaliedes hat vor allem durch nordspanische / südfranzösische Bands wie den Gypsy Kings Weltruhm erlangt. Beim Martin Lubenov Orkestar kippt er interessanterweise nie in Kitsch und Gefälligkeit – dafür sorgen schräge Arrangements, voll gepackt mit Jazzimprovisation, fetten Bläsersätzen, die unprätentiös Latin mit Balkanbrass vermählen, den verspielten Tango- und Gypsy-Swing-Zitaten Lubenovs sowie den brillanten Gitarren- und Kontrabassbackings und -soli von Aca Stojić und Stefan Thaler. Dank seines stil- und kontinentübergreifenden Wissens ist Martin Lubenov mit seinem Orkestar das Unmögliche gelungen: ein völlig neuartiges Hybrid, das Intellektuelle, Jazzer, World-Music-Afficionados wie Popfreaks gleichermaßen zu begeistern vermag. (Pressetext)