Sa 14. September 2013
16:00
20 Jahre P&B - Street Jazz Festival 'Mixed Pickles'

Judith Ferstl & treeoo / Peter Herbert & Extracello / Martin Ptak & Heinz Fallmann 'Velvet Elevator'

16h Judith Ferstl & treeoo
18h Peter Herbert & Extracello
20h Martin Ptak & Heinz Fallmann 'Velvet Elevator'

curated by Renald Deppe

16 Uhr Judith Ferstl & treeoo
Judith Ferstl: bass
Max Tschida: piano
Andreas Seper: drums
Laura Korhonen: vocals
Über das gegenseitige Vertrauen und den Mut zum Risiko…

Warum Halbgott sein wollen?
Warum nicht lieber Vollmensch?

Ich habe meinen Schülern niemals eingeredet, ich sei unfehlbar – das hat nur ein "Gesangsprofessor" nötig – sondern ich habe oft zu sagen riskiert, was ich später widerrufen, Anweisungen zu geben, die sich, angewendet, als falsch herausstellten, die ich später verbessern musste: Mein Irren hat dem Schüler vielleicht nicht genützt, aber kaum viel geschadet; doch dass ich es offen zugab, mag ihm zu denken gegeben haben. Mich aber, der ich Unerprobtes, Selbsterdachtes gab, zwang der bald sich zeigende Irrtum zu neuerlicher Prüfung und besserer Formulierung.
So ist dieses Buch entstanden. Aus den Fehlern, die meine Schüler infolge ungenügender oder falscher Anweisungen machten, habe ich gelernt, die richtige Anweisung zu geben. Hätte ich ihnen bloß gesagt, was ich weiß, dann wüssten sie nur das und nicht mehr. So wissen sie vielleicht sogar weniger. Aber sie wissen, worauf es ankommt: aufs suchen! (Arnold Schönberg, aus "Harmonielehre", Wien 1922)

Judith Ferstl spielt Kontrabass.
Judith Ferstl ist ein Vollmensch: Eine unermüdlich in allen (musikalischen) Richtungen Suchende: ohne Berührungsängste und aus-, ein & abgrenzende Vorurteile.
Judith Ferstl lebt den Mut zum (musikalischen) Risiko: Als Instrumentalistin & Komponistin versucht sie Gegensätzliches sinnvoll zu integrieren, denkt, lebt und spielt quasi "kontrapunktisch" ohne jemals "kontraproduktiv zu agieren".
Judith Ferstl sieht sich immer als Teil eines Ganzen: eine stets wohltuend uneitel agierende "kollektiv-kompatible" Musikerin: so auch in/mit/für/durch die junge Formation Treeoo. Hier entstand nach eigener Aussage: "gegenseitiges Vertrauen, tief verwurzelt – Mut zum Risiko…"
Judith Ferstl & Co. bewegen sich zwischen den unterschiedlichsten musikalischen Spannungsfeldern: musizieren ein "Wechselspiel" der Ruhe & Energie, verbinden komplexe Rhythmen mit einfachen musikalischen Strukturen, kombinieren komplex auskomponierte Themen mit freier Improvisation.
Und wissen (in einer Zeit der fehlerlosen "AlphaAllesKönner", welche glauben so vieles gefunden zu haben), worauf es ankommt: aufs suchen!
"Ich habe immer gesagt: am Anfang ist der Fehler. Wenn alles fehlerlos ist, dann geschieht nichts. Es fängt an, wenn ich einen Fehler gemacht habe. Dann versuche ich das zu 'korrigieren'. Daraus entsteht dann etwas. Du musst diesen Punkt finden, wo dich etwas irritiert." (Roman Haubenstock-Ramati)
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen: Herzlich Willkommen! (re_de)

18 Uhr Peter Herbert & Extracello
Peter Herbert: bass
Edda Breit, Gudula Urban, Melissa Coleman, Margarethe Deppe: cello
Sieben Zeilen für Antoni Tàpies
Auf allen Flächen der Stadt,
auf die abgerissenen Blätter der Tage,
auf die geschundenen Wände zeichnest du
Kohlezeichen, flammende Zahlen.
Unauslöschliche Schrift des Brandes,
ihre Testamente, ihre Verheißungen
sind nunmehr schweigsamer Glanz. (Octavio Paz)

Eine Zeile für Peter Herbert & Co
Peter Herbert spielt Kontrabass: spielt diesen seinen Kontrabass in vielen Städten/Ländern/Erdteilen/Welten mit und für unterschiedlichste Künstler, Musiker & MusikerInnen: spielt Kontrabass sowohl mit mit entflammter Energie als auch mit schweigsamen Glanz, unvergesslich bleibt sein Musizieren allen (Zu)Hörenden: Peter Herbert bereist als Künstler & Vollmensch sowohl die geschundenen Regionen dieser besten aller Welten als auch die Orte der »Verheissungen«: Sucht als Musiker & Komponist & Klangforscher & Pädagoge unermüdlich (auch) das Unbekannte/Unbequeme/Unerhörte/Unerreichte/Unbeachtete/Unspektakuläre/Unbemerkte/Unzwanghafte/Ungedachte: Peter Herbert spielt seinen Kontrabass in vielen Städten/Ländern/Erdteilen/Welten mit und für unterschiedliche Künstler, Musiker & MusikerInnen: spielt diesen Kontrabass diesmal mit & für Extracello: 4 in vielen Hinsichten wesensverwandte Damen: Kenner- & KönnerInnen der Schriften des Brandes als auch des stillen Glanzes: Peter Herbert & Extracello kombinieren die tiefen Saiten zu einem Fest des weiten Horizontes, zu einem Fest der klangtoleranten Vielfalt & lustvollen weil absichtslosen Neugier: Herzlich Willkommen (...) (re_de)

20 Uhr Martin Ptak & Heinz Fallmann "Velvet Elevator"
Maria Jauk: flute
Cornelia Pesendorfer: oboe
Clemens Salesny: alto saxophone
Ray Aichinger: tenor saxophone
Andi Pranzl: trumpet
Martin Eberle: trumpet
Martin Ptak: trombone
Erik Hainzl: bass trombone
Joanna Lewis: violin
Diane Pascal: violin
Lena Fankhauser-Campregher: viola
Margarethe Deppe: cello
Martin Wöss: keyboards
Heinz Fallmann: guitar
Josef Wagner: bass
Michael Leibetseder: drums
Philipp Kerber: video montage
Als die Bilder hören lernten...
Anlässlich der juvenilen Seneszens-Feierlichkeiten des in die Jahre der Reife gekommenen Porgy & Bess bereitet "Velvet Elevator" unter der famosfuriosen Leitung der Herren Martin Ptak/Heinz Fallmann Gewaltiges vor: keinen "Durchschnitt", nein: Einen kompetentpotenten "Querschnitt" (aus der sagenumwobenen Zeit, als diese bewundernswürdige Formation den akustischen Präsenz-Dienst als Porgy-Stageband leistete) wird Österreichs beste Filmmusik-Kappelle zum Besten geben. Der geneigten Zuhörerschaft werden zu den jeweils entsprechen Film-Sequenzen Musik aus folgenden Velvet-Schwerpunkten zelebriert: "Organs in Orbit", "A Tribute to Burt Bacharach", Austrian Filmcomposers" und "Cinematic Funk".
Was bedeutet: Sie genießen die sorgsam gepflegten Klänge einer Soundsprache aus der Zeit, als noch "alles mit der Hand" gemacht wurde.
Was bedeutet: Sie hören virtuose analoge Spielfertigkeiten aus den 60er, 70ger und 80ger Jahren: "Raumpatrouille Orion", "Taxi Driver", "Paradies der Tiere", "Breakfast at Tiffany ́s", "The Thomas Crown Affair", "Bullit", "UFO" oder "Columbo".
Was bedeutet: Ein kostbarer Gehörgangs-Luxus erwartet den Riemergassen-Kenner. Elevator-Kappellen sind im heutigen austriakischen Kulturbetrieb kaum mehr "anständig" zu entlohnen. Nur die Liebe zum filmmusikalischen Detail, die schwärmerische Kennerschaft cineastischer Glanzleistungen und die daraus resultierende Bereitschaft zur bedingungslosen Selbstausbeutung garantiert das längerfristige Überleben solcher hochprofessioneller Notgemeinschaften.
Was bedeutet: Vielleicht konnte/kann/wird der Club dazu beitragen, einiges an Interesse/Aufmerksamkeit/Beachtung für solch feinmusikalische "Velvet Elevator-Lichtfestspiele" zu wecken und durch einen dem P&B möglichen monetären Rahmen eine gewisse Würde (wieder)herzustellen.
Was bedeutet: Martin Ptak & Heinz Fallmann sind mit ihren einzigartigen Bemühungen/Visionen/Realisierungen rund um das stets hochkarätig besetzte Velvet Elevator Kappelle ein unverzichtbarer Bestandteil einer kunstkulturellen Vielfalt in der oft so einzweidreifältigen Öde manch wohl versorgter austriakischer Hochkultur-Betriebsamkeit.
Abschließend sei an den wunderbaren Titelsong aus dem Film "The Thomas Crown Affair" (1968) erinnert: "The Windmills of your Mind". Zu der Musik von Michel Legrand gibt es jene traumverlorenen "Lyrics by Alan & Marilyn Bergman":

Like a circle in a spiral
Like a wheel within a wheel
Never ending or beginning
On an ever spinning reel

As the images unwind
Like the circles
That you find
In the windmills of your mind!

Auch & besonders & gerade in diesem Sinne: Herzlich Willkommen... (re_de)