Mo 2. September 2013
20:30

Lonnie Liston Smith & The New Cosmic Echoes feat. Lee Pearson (USA)

Lonnie Liston Smith: piano, keyboards
Lee Pearson: drums
Tabitha Pearson: vocals
Samir Moulay: guitar
Scott Ambush: bass

Ihn haben die 60er nie losgelassen: Lonnie Liston Smith, Schöpfer von kosmischen Jazzfunk-Hits, erklärt, was jodeln mit seiner Karriere zu tun hat und fragt sich, wo eigentlich die "Message" hingekommen ist.

Legenden sonder Zahl ranken sich um Lonnie Liston Smith und seine Gruppe „The Cosmic Echoes“. Mal sollen sie während eines Konzertes in Philadelphia unsichtbar geworden sein, während ihre Musik deutlich vernehmbar blieb. Leopoldo Fleming, damals Perkussionist in dieser einflussreichen Formation, erzählt gerne davon, wie bei Konzerten dieser Band seine Seele den Körper verließ und Richtung Plafond entwich. Mythenbildung - aber auch Sittenbild einer Generation, die glaubte, mit psychedelischen Drogen auf Gottsuche gehen zu können. Lonnie Liston Smith, stilbildender Pianist dieser musikalischen Aufbruchszeit der späten Sechziger- und frühen Siebzigerjahre erlebte nach einigen hochkarätigen Sideman-Jobs bei Roland Kirk, Betty Carter und Pharoah Sanders einen kometenhaften Aufstieg als Solokünstler. Er suchte nicht nur die geheime Verbindung zwischen Spiritualität und Musik, sondern studierte seriös die unterschiedlichsten Weltreligionen, um deren Essenz in seine verspielte, zwischen Meditation und Groove pendelnde Pianistik einzubringen. "Spiritualität ist das zentrale Element meiner Musik. Die Welt hat schon genügend Entertainer. Mich interessiert Musik als universelle Sprache. Ich merkte das erstmals, als ich in Europa und Japan spielte. Du kannst mit Musikern kommunizieren, als wärst du schon dein ganzes Leben mit ihnen zusammen, obwohl dich sprachliche und vielleicht auch kulturelle Barrieren trennen. Traurigkeit und Fröhlichkeit –­ sie haben eine international gemeinsame, musikalische Sprache. In den östlichen Philosophien wird Musik als Kunst sehr hoch eingestuft, weil sie spirituelle Orte erreichen kann, die anderen Künsten prinzipiell verschlossen bleiben. Weil ich in einer Welt, die dauerhaft in der Krise ist, als Musiker Verantwortung für eine Veränderung übernehmen muss, komponierte ich Sachen wie ,Visions of a New World‘ und ,Expand your Mind‘. Ich versuche, einen neuen Humanismus zu etablieren, etwas, das in Ansätzen schon in den Sechzigerjahren da war, aber wieder verloren ging."
Als Sohn eines berühmten Gospelmusikers war Musik schon in seiner Kindheit bevorzugte Kommunikationsform. Initiationserlebnis war Charlie Parkers "Just Friends". "Das blies mich davon. Ab da begann meine Beziehung zur Musik intensiv zu werden." Wieso ist der Pianist Lonnie Liston Smith eigentlich so stark von Saxofonisten beeinflusst? "Ich könnte es nicht erklären. Der Kreis schloss sich für mich, als mir Max Roach erzählte, dass mein Idol Charlie Parker sehr stark von Art Tatum geleitet wurde. Parker nahm sogar einmal einen Job als Tellerwäscher in einem Lokal an, nur um Art Tatum hören zu können, der dort jeden Abend spielte." Nach seinen Lehrjahren bei den alten Meistern, begann Smith in der Band von Pharoah Sanders erstmals eigene Stücke zu komponieren. "Meine Geburt als Komponist hatte ich in der Band von Pharoah Sanders und Leon Thomas. Es war eine wunderbare Kombination. Wir mussten nie viel üben, verstanden einander musikalisch perfekt. Sanders hatte diese Manie, immer mehrere Töne gleichzeitig zu spielen, Leon Thomas entwickelte das Jazzjodeln, also war ich gefordert, auch etwas ganz Persönliches einzubringen. So ging ich in mich und entwickelte erstmals meine Space-Sounds."

Kosmische Töne. Zu seinem ersten eigenen Album "Astral Travelling" musste Smith noch durch den Produzenten und Labelboss Bob Thiele überredet werden. "Thieles Ansinnen brachte mich einigermaßen in Verlegenheit, weil ich damals in der Band von Miles Davis spielte und eigentlich nicht damit aufhören wollte. Aber es half nichts, als mein Debüt "Astral Traveling" herauskam, musste ich Miles verlassen und die Platte promoten“, erzählt Smith.Er hat es sicher nicht bereut, folgte doch in den Siebzigerjahren ein Reigen genialer Lonnie-Liston-Smith-Alben, die gleichermaßen soulful wie kosmisch tönen. Letzeres scheint ein später Einfluss von John Coltrane zu sein. Das sieht auch Smith selbst so: "Nach Charlie Parker hat Coltrane den Jazz auf ein neues Level gebracht. Selbst heute noch: Wenn ich Inspiration benötige, gehe ich nach Hause und lege einen Coltrane auf. Er brachte wirklich neues Bewusstsein in den Jazz, kann den Hörer von dieser Welt abziehen und spirituell erneuern."
Frieden war immer ein Schlüsselwort in der mal ätherischen, dann wieder sehr rhythmischen Kunst des 1940 geborenen Musikers. Sein Programm für die krisengechüttelte Gegenwart? "Kreativität und Spontaneität müssen in der Musik wieder Einzug halten. Kreative Musik muss Kanten haben. Vor allem in Amerika. Ich bin so glücklich, dass die Kids in Europa nicht zu Bubblegum-Musik tanzen, sondern zu Stücken wie meine ,Expansions‘, die eine gute Message haben. Zudem müssen wir zum sozialen Bewusstsein der Sechzigerjahre zurückfinden. Deshalb muss jetzt gehandelt werden, muss wieder eine Bewegung entstehen wie damals. Denn sonst zerstört der Mensch den Menschen und damit die ganze Erde. Mir scheint, die Einzigen, die die Welt retten können, sind die Musiker." (Samir H. Köck, 2006)

Eintritt: 25.- € Sitzplatz, 18.- € Stehplatz