Mo 1. Juli 2013
19:00

Tun Sie etwas (XVIII)*

Heimatklänge: Found & Lost
(we remember xong: für konrad meßner & co.)

Julia Lacherstorfer: Violine, Vox, Komposition
&
Alma: Evelyn Mair: Geige, Gesang
Matteo Haitzmann: Geige, Gesang, Komposition
Marie-Theres Stickler: diat. Harmonika, Gesang
Marlene Lacherstorfer: Kontrabass, Gesang
&
Simon Zöchbauer: Trompete, Zither, Gesang, Komposition

gmüt-licher käfig

heimat ist dort wo man sich auskennt
heimat ist was man kennt
meine kafeehäuser
meine tandler
ein paar strassenzüge
in wien und anderswo
meine freunde und feinde
zwischen den kastanienbäumen meiner kindheit
steht der flakturm meiner kindheit
immmer nur dieses wiedererkennenwollen
des einmal erkannten
das zusammenglucken
im gewohnten stallgeruch
heimat ist käfig
mit gitterstäben aus gefühlen
wie die familie
in die man nur zurückkehrt
in einem anfall
von schwäche

Elfriede Gerstl (1932-2009)

Julia Lacherstorfer ist eine ungeheuer vielseitige Klangkünstlerin. Keine stilistischen Berührungsängste prägen ihr Musiker-Berufsbild: Eine nach vielen Seiten hin offene kreative Neugier ermöglicht der musikantischen Energie der jungen Dame stets auf- & erregende Neupositionierungen. Trotzdem haben Ihre musikalischen An-, Um- & Absichten Unverwechselbares, fern von jedweder zeitgeistig weltmusikalischen Beliebigkeit.
Fest verwurzelt in den austriakischen Alpenklängen lässt sie gerade diesen vermeintlich wohlvertrauten Heimat-, Stadl- & Stallklängen erfrischende wie gekonnte Radikalkuren zukommen.
● Max Frisch: »Woraus schließen Sie, dass Tiere wie Gazellen, Nilpferde, Bären, Pinguine, Tiger, Schimpansen usw., die hinter Gitter oder in Gehegen aufwachsen, den Zoo nicht als Heimat empfinden?«
Julia Lacherstorfer gestaltet einen (musikalischen) Heimatabend. Es erwarten sie mit Sicherheit sowohl zoologische Beiträge wie pannonische Tiefseepolkas, musikethnologisch fundierte Anarcholandler, tausendjährige Trauer-, Sauer- & Bauernmärsche und etliche wohlfein garnierte wiener Miederlieder. Ein diatonischer Zustandsbericht über vermeintliche Paradiese und manch andere Mis(t)zelle.
Gewidmet ist der Abend dem 2010 zum letzten Male stattgefundenen Kulturfestival XONG & Konrad Meßner & seinem Team, welche einst im mehrsprachigen Dreiländereck Tirol/Vinschgau/Engadin wunderbar grenzüberschreitende Diskurse/Dialoge/Dispute ermöglichten/initierten/abfeierten. Eine (nicht mehr existierende) Kultur- & Käseinitiative, ein (verlustig gegangener) Heimat- & Narrenspiegel, ein (ehemals stets gastfreundliches) Haus-, Hof-, Zelt- & Weltfest: so notwendig wie die Luft zum Atmen.
● Max Frisch: »Ein nicht unbedeutender Vorteil: dass man in einem fremden Land nicht meint, man müsse allem gegenüber eine heimatliche Übereinstimmung empfinden. Man erwartet nicht, was es niemals geben kann.
Schon das gibt dem fremden Land jedesmal etwas Befreiendes, Erfrischendes, etwas Festliches, was uns dann der Heimat gegenüber oft ungerecht macht. Es sind überall nur wenige, denen man zugetan sein kann.
Das Ungerechte: In der Fremde bin ich dankbar für die wenigen, in der Heimat entsetzt über die Menge der anderen.«

In diesem Sinne: HERZLICH WILLKOMMEN!

* Aus der Rede des ungarischen Dirigenten Ivan Fischer 2011 zum 9. November (Reichspogromnacht 1938):
(...) Lesen Sie die Hetzartikel? Sehen Sie die ultranationalistischen, fremdenfeindlichen und antiziganistischen Bewegungen, die europaweit zunehmen? Dann bitte ich Sie, endlich zu begreifen, dass in Europa nicht in erster Linie der Euro in Gefahr ist, sondern die Toleranz. Tun Sie etwas! Grenzen Sie sich von denen ab, die sich mit den Hetzern Kompromisse schließen und erschaffen Sie obligatorische Normen, die die Freiheit der BürgerInnen Europas garantieren!“ (...)

(re_de)

Eintritt: Pay as you wish an der Abendkassa bzw. 7,50.- € im VVK inkl. Sitzplatzreservierung