Sa 1. Februar 2014
20:30

Yaron Herman & Adam Baldych (ISR/PL)

Yaron Herman: piano
Adam Baldych: violin

Unangepasste Musiker suchen ihren eigenwilligen Weg

Konzert Adam Baldych und Yaron Herman stoßen mit Geige und Klavier in neue Sphären des Jazz vor – Jazzclub Koblenz hatte Duo eingeladen

Michael Schaust

M Koblenz. Sie sind im besten Sinn unangepasste Musiker. Formatierte Vermittlung von Lerninhalten war ihnen schon in jungen Jahren ein Graus, Klassisches reicht nicht, Improvisation ist gefragt. Trotzdem beherrschen sie ihr Handwerk exzellent. Der Pole Adam Baldych (27) und der Israeli Yaron Herman (32) zeigen auf Einladung des Jazzclubs im Café Hahn: Geige und Piano können im vor allem europäisch geprägten Jazz ausgezeichnet funktionieren.

Baldych fing mit neun Jahren in der Musikschule an, mit elf kam er zur Violine, mit 13 entdeckte er den Jazz, und mit 16 begann seine internationale Karriere. In diesem Alter startete Yaron Herman erst mit dem Pianospiel. Eine Knieverletzung zwang den talentierten Basketballer, zugleich auch im Jugendnationalteam aufzuhören. Umso erstaunlicher, dass er drei Jahre später, mit 19 Jahren, auf das renommierte Berklee College of Music in Boston wechselte.

Es stehen zwei Persönlichkeiten auf der Bühne, die zunächst eher schüchtern wirken. Der Anfang gestaltet sich ruhig, leise kommen die Einsätze auf den Instrumenten. Doch sehr bald kristallisiert sich heraus: Hier sind virtuose Wilde am Werk, die sich kongenial ergänzen, obwohl sie noch nicht lange kooperieren. Baldych trägt zu Recht den Spitznamen „Mr. Evil“. Wie der Teufel streicht er furios mit dem Bogen über die Saiten, immer wieder fallen ihm die langen Haare ins Gesicht. Die Power des Rock versteht er auf den Jazz zu übertragen. Herman bleibt selten ruhig vor dem Flügel sitzen. Er springt auf und greift in den Flügel, zupft an den Saiten und erzeugt schräge Töne. Wo ihre Vorbilder sind, das offenbart sich sehr gut in „Letter for E.“, einem der Stücke ihres Albums „The new tradition“ (erscheint bei ACT im Mai). Es ist Esbjörn Svensson, dem 2008 verstorbenen und verehrten Tastenmeister des Crossovers, gewidmet. Sphärische Klangfarben entwickeln sich zu Beginn, nordische Folkmelancholie herrscht vor, bevor es energetisch zur Sache geht. Während Hermans Finger über die Taten fliegen, gibt sein Partner den Perkussionisten auf der Geige. „Canticles of Extasy“, die von Hildegard von Bingen inspirierte Nummer, glänzt erneut mit Tempowechsel.

Richtig heftig, fast schon an den Freejazz erinnernd, wird es zum Teil bei „Quo vadis“, dem Stück von Zbigniew Seifert. Wie der große polnische Geiger sind Baldych und Herman stets auf der Suche nach neuen Wegen und Techniken – pulsierend eigenwillig ihre Performance.

Zum frühen Abend verabschiedet sich das Duo mit „Sleep safe and warm“. Der Titel stammt vom polnischen Jazzpianisten und Filmkomponisten Krzysztof Komeda, der ihn für den Film „Rosemary's Baby“ von Roman Polanski (1968) geschrieben hat. In der Version von Baldych und Herman offenbart sich erneut ihr Händchen fürs Balladeske. Der Schluss gestaltet sich immer ruhiger, die Töne hauchen nur noch. Und der verdiente riesige Applaus brandet erst nach etlichen Sekunden auf. Es ist einfach nur großartig.

RZ Koblenz und Region vom Mittwoch, 29. Januar 2014, Seite 16

Der polnische Geigenvirtuose Adam Baldych veröffentlicht anfang des Jahres bei ACT ein neues Album mit verschiedenen Duo-Partnern. Einer dieser Partner ist der Pianist Yaron Herman. Adam Baldych gehört zu den großen Talenten des europäischen Jazz. Ein erstes Zeichen dafür setzte die Jury des deutschen ECHO Jazz Awards, die ihn dieses Jahr in seiner Kategorie für sein Album "Imaginary Room" auszeichnete. Baldych galt schon früh als Wunderkind. Und schon früh wandte er sich neben der klassischen Ausbildung dem Jazz zu, der ihm die Freiheit gab, sich musikalisch auszudrücken. Der in New York lebende, erst 26-jährige Musiker ist in diesem musikalischen Schmelztiegel jedoch gezwungen, die Ausrichtung seines Instrumentes zu hinterfragen. Er transponiert seine Geige in den Gegenwartsjazz, verbindet seinen Sound auch mit Elementen aus der klassischen Musik und spielt in diesem Spektrum, ohne ins Avantgardistische zu verfallen, einen gekonnt eigenen Stil, gekonnt wie kaum ein Vertreter dieses Instrumentes je zuvor, polnische Landsleute wie zum Beispiel Michael Urbaniak mal ausgenommen.
Nun paart er sich mit einem anderen Ausnahmekönner, dem gut 30-jährigen israelischen Pianisten Yaron Herman, der – obwohl er erst mit 16 das Piano zu spielen begann – sich schon jetzt in die Galerie der Großen wie Monty Alexander, Jacky Terrasson einreihen kann. Herman spielt mit unglaublicher Intensität und hinreissender Musikalität, verbindet ohne Scheu Disney-Melodien, israelische Folklore, Jazz und europäische Klassik zu einzigartigen, als Pop-Standards angelegten Stücken voller Originalität, Authentizität und Emotionen.
So treffen sich zwei Expemplare junger Musiker, die in aller Frische immer neue Wege zu ihrer musikalischen Identität suchen und sie im Dialog ihrer Instrumente auf einzigartig spannende Weise finden und in ihren Konzerten virtuos zum Besten geben. (Pressetext)