Di 13. Mai 2014
20:30

Madeleine Peyroux (USA)

Madeleine Peyroux: vocals
Jon Herington: guitar
Barak Mori: bass

Madeleine Peyroux, Jon Herington, and Barak Mori have been working together consistently since 2006 in varied formats. The Recreation project, named after both senses of the word: "leisure" and "reinvention", will showcase Peyroux's mammoth repertoire of 20th century pop standards and original compositions accompanied by the eclectic virtuosity of Herington (guitars) and Mori (bass). Most exciting, this is a new path for Peyroux into the laudable musical tradition known as the trio, and bound to be an intimate, jazz-laden adventure into the art of expressing soul and song!

Madeleine Peyroux, amerikanische Sängerin zwischen Jazz, Folk und Pop, spaltete in der Staatsoper die Gemüter. Ihr schläfriger Duktus missfiel einem Teil des Publikums. Ihren Fans verdarb das nicht den Abend.

Bob Dylan ist omnipräsent, auch beim Jazzfest Wien. Mit zartem Schmelz koste Madeleine Peyroux auf den Schwingen einer countryesken Melodie wohlbekannte Worte: „When something's not right, it's wrong. You're gonna make me lonesome when you go.“ Vielen gilt dieser Song als Dylans Bilanz der schmerzhaften Trennung von seiner langjährigen Begleiterin Sara. Er selbst bestritt jeden biografischen Zusammenhang: Das Lied verdanke sich Tschechows Kurzgeschichten, behauptete Dylan in seinem Buch „Chronicles“.

Viele verließen das Konzert

In der Staatsoper kam man freilich kaum dazu, über die Motive Bob Dylans zu spekulieren, es war zu laut, und zwar nicht auf der Bühne. Offensichtlich hatte sich bei Peyroux' subtilem Vortrag unerklärlicherweise Langeweile von Tschechow'scher Dimension über etwa ein Viertel des Auditoriums gebreitet. Während sich Tschechows gelangweilte Figuren aber selten zu einer Aktivität durchringen können, entschloss sich ein beträchtlicher Teil des Wiener Publikums dazu, mehr oder weniger lautstark die Oper verlassen.
Dabei hat Madeleine Peyroux jüngst als Künstlerin eine neue Evolutionsstufe erreicht. Aus einer reinen Interpretin wurde mithilfe von Ko-Autoren wie Larry Klein und Walter Becker (Steely Dan) eine Komponistin von erheblicher Statur. Ihren Liederreigen eröffnete die zu kleinen Schrulligkeiten neigende Sängerin mit dem gemeinsam mit Jesse Harris und Larry Klein komponierten, traumverhangenen „Don't Wait Too Long“. Mit sanfter Stimme kommunizierte sie schmerzvolle Wahrheiten wie „Sometimes you got to lose it all, before you find your way“. Sie muss es wissen, hat sie sich doch nach ihrem großartigen Debüt von 1996, (aufgenommen mit Granden wie Marc Ribot und Vernon Reid) völlig aus dem Spiel genommen. Lieber tummelte sie sich wieder als Straßenmusikerin in Europa, als ins große Musikgeschäft einsteigen zu wollen. Die seltsame, an versunkene Epochen gemahnende Patina in ihrer Stimme, sie war auf Dauer nicht vor der Welt zu verbergen. Wenn sie wie auf Erfolgsalben wie „Careless Love“ auch Lieder von Zeitgenossen wie Leonard Cohen und Bob Dylan interpretierte, klang sie doch subtil anarchisch wie legendäre Blues-Chanteusen à la Bessie Smith oder unheilbar liebeskrank wie die größte aller Jazzsängerinnen, Billie Holiday.

Wer blieb, der jubelte

Zu Peyroux' eigentümlichem Stil gehören jähe Ausbrüche und plötzliches kunstvolles Verstummen. Ihr schläfriger, doch verführerischer Duktus sorgte allerdings in der Oper für gnadenlose Auslese. Während die einen grummelnd von dannen zogen, bejubelten die anderen die Performance um so lauter. Hässliche Kulturkampf-Atmosphäre breitete sich aus.
Peyroux versuchte, ihr Erstaunen darüber diskret zu verbergen. „I usually sing love songs or drinking songs“, plauderte sie, „but the next song is about love and money. Why not?“ Es folgte das sanft pulsierende „The Kind You Can't Afford“, eines von mehreren Liedern, die sie jüngst mit Ex-Rolling-Stone Bill Wyman komponiert hat. Seine liebevoll polierte Anmutung erinnerte an die besten Steely-Dan-Songs. Als Beinah-Reggae bezauberte das humorvolle „Don't Pick A Fight With A Poet“, das arme Dichter als schlaue Überlebenskünstler zeigt. Auch düstere Szenarien wie „Ophelia“ und „Love In Vain“ charmierten dank Peyroux' eigentümlicher Stimme.
Nur selten verließ sie sich noch auf die Magie von Coverversionen. Cohens „Dance Me To The End Of Love“ brachte sie eher pflichtschuldig als aus Neigung. Punkto Fremdmaterial blühte sie allein in den französischen Chansons auf. Gainsbourgs „La Javanaise“ und der als Zugabe gereichte Josephine-Baker-Klassiker „J'ai Deux Amours“ krallten sich mit sanfter Gewalt in die Gehörgänge. Fazit: ein intensiver Abend, der sich ein aufmerksameres Publikum verdient hätte. (Samir H. Köck)