Fr 22. März 2002
21:00

Klangforum Wien & Christof Kurzmann & dieb13: Black Friday III

Christof Kurzman.: Remix aus Materialien von Bernhard Lang „DW3“
dieb 13: Remix aus Materialien von Beat Furrer „still“

Pause

Bernhard Lang, dieb 13, Christof Kurzmann & Klangforum Musiker:
instrumental plus electronic improvised restructuring

Die kleinste Einheit in der Popmusik sei eben nicht der Ton, betont der Poptheoretiker Dietrich Diedrichsen immer wieder, schon gar nicht die Melodie oder eine Harmoniefolge, sondern der charakteristische „Sound“. Daran erkennt man seine Lieblingsband schon lange bevor ein Song sich zu einem Song entwickelt. Ein klares Wort wie dieses tut auch in jener Musik gut, in der trotz französischer Spektralisten und anderem Klangbezogenen noch Urteile weiterleben, die an das böse Wort über Richard Strauss erinnern, die mangelnde Qualität seiner Musik würde man sofort erkennen, sobald sie der Orchesterfarben beraubt aus dem Klavierauszug erklingt. Die Software der Klangfarbe gilt bestenfalls als Accessoire in einer Musikkultur, welche die Hardware des Strukturellen vergöttert. Computer, live-Elektronik und E-Gitarre; Spektralanalyse, Pop und Schallplattenvirtuosen, das Infragestellen des Gegensatzes von Komposition und Improvisation zugunsten feinerer Unterscheidungen: All das veränderte in den letzten Jahrzehnten aber grundlegend das Verhältnis von „Sound“ – als Variation dessen, was früher einmal Klangfarbe hiess – zu „Struktur“ als der aktuellen Variante des alten Formbegriffs. Nun finden sich Protagonisten aus verschiedenen Wiener Musikszenen der vergangenen Jahre zu einem Projekt zusamen, das schon in seiner Grundstruktur die Grenzen von Sound und Struktur neu definiert.
Die Musiker des Klangforum Wien und die Komponisten und Musiker Christian Fennesz, Beat Furrer, Christof Kurzmann, Bernhard Lang, Peter Rehberg und Ramon Bauer sowie Dieb13 arbeiten im Projekt „Black Friday“ – uraufzuführen an drei Freitagen im März 2002 in Wien – mit einem gemeinsamen Fundus an „Sounds“. Manche dieser Sounds und Klangfiguren – jene aus Beat Furrers Stück „still“ beispielsweise – entstammen ihrerseits bereits aus genauer struktureller, kompositorischer Arbeit, andere Sounds und Strukturen werden im Laufe verschiedener Arbeitsprozesse bis inklusive der drei Abende im ORF-Funkhaus, im Wiener Konzerthaus sowie im Porgy & Bess entstehen, sowie verändert und weiterentwickelt werden. Die Dramaturgie der drei Abende ist grundsätzlich vorgeplant, könnte sich aber im Laufe der Arbeit noch verändern: Im Black Friday Eröffnungskonzert am 1.März 2002 im Sendesaal des Wiener Radiokulturhauses spielen Christian Fennesz auf elektronische, dieb13 auf vinylgepresste und die Musiker des Klangforums auf instrumentale Weise mit den Klangpartikeln. Stücke von Beat Furrer und Bernhard Lang repräsentieren Komponiertes, wenn eine Woche später im Wiener Konzerthaus die Mitarbeit von Peter Rehberg, Ramon Bauer und Christian Fennesz die Konstellation verändert, und am Schlussabend des Projekts im Porgy & Bess nochmals zwei Wochen später sorgt die zusätzliche Mitarbeit von Christof Kurzmann für eine weitere musikalische Drehung dieser musikalischen Klangpartikelspirale. Technische Grundlage für all diese Metamorphosen sind vorweg im ORF produzierte Aufnahmen von kleinsten musikalischen Einheiten, die anschliessend sowohl als elektronische Datenmenge wie auch in Vinylform zum „Restrukturieren“ zur Verfügung stehen. „Dieb13 restructuring Musikprotokoll“ heisst auch jene CD (charhizma/ORF), mit der dieser Begriff erstmals in diesem Zusammenhang verwendet wurde und es ist im Bezug auf diese einzigartige Kooperation von Komponisten, Musikern und Veranstaltern bezeichnend, dass das ORF-musikprotokoll im steirischen herbst und das Wiener Konzerthaus mit seinem Festival Hörgänge auch in der Vergangenheit mit allen beteiligten Künstlern schon rege kooperierten. (Christian Scheib)