Mo 6. Januar 2014
20:30

SoKo Steidle (D)

Rudi Mahall: bass clarinet
Henrik Walsdorff: alto saxophone
Jan Roder: bass
Oli Steidle: drums

Revidierte Erfahrung, kalkuliertes Risiko oder Optimierung des Unbekannten? Improvisation ist keine Kategorie der Musik. Sie ist eine Qualität des Lebens. Sicher lässt sich darüber streiten, ob Improvisation ein Ausdruck höherer oder niederer Bewusstheit ist. Denn genau genommen ist sie nichts anderes als ein Synonym für den unablässigen Fluss von Entscheidungen. Bei SoKo Steidle treffen sich vier Musiker, die unterschiedliche individuelle Wege zurückgelegt und sich auf verschiedenen musikalischen Feldern gezeigt haben. Manche Wegstrecke haben sie in speziellen Konstellationen gemeinsam bewältigt, andere mussten sie separat bestehen. SoKo Steidle ist die Plattform, bei der sie dieses ganze Gepäck abwerfen müssen, ohne zu vergessen, wer sie sind. Ein schwieriges Unterfangen, aber nicht unlösbar. Rudi Mahall, Henrik Walsdorff, Jan Roder und Oliver Steidle schaffen Raum für spontane Entscheidungen. Vier Individualisten, die ganz sie selbst sein können, ja müssen, um in diesem gemeinsamen Vehikel Fahrt aufzunehmen. Ein Einsatz der SoKo Steidle verlangt in jedem einzelnen Augenblick absolute Präsenz der kompletten Mannschaft. Jeder noch so kleine Kompromiss auf Kosten des gemeinsamen Maximums würde das Gesamtgefüge auflösen wie Zucker in heißem Tee. SoKo Steidle reagiert mit totaler Musik auf das totale Leben. Puristen und Dogmatiker mag diese Radikalität verunsichern, denn die Band versteckt sich nicht hinter langen Bögen, die jederzeit Richtungskorrekturen zulassen würden. Free Jazz ist das nicht. Wir erleben keine Metamorphose mit prozessbedingten Phasen kreativen Verharrens, sondern absolute Konzentration auf jedes Detail. Es ist die richtige Musik für den Augenblick, wie sie Extremisten wie Mozart und Ayler jeweils für ihre Epoche gefunden haben. Denn nur wer sich ohne Rücksicht auf die Nachwelt für den jeweiligen Tag entscheidet, wird die Zeiten überdauern. (Wolf Kampmann)