Die Strottern & Jazzwerkstatt Wien (A)
Klemens Lendl: violin, vocals
David Müller: guitar, vocals
Clemens Salesny: alto saxophone, bass clarinet
Martin Eberle: trumpet, fluegelhorn
Martin Ptak: trombone
Peter Rom: guitar
Clemens Wenger: piano, keyboards
Bernd Satzinger: bass
Lukas König: drums
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Das Duo Die Strottern, berühmt für seine zeitgemäßen, hintergründigen Wienerlieder, löckte gemeinsam mit dem progressiven Ensemble der Jazzwerkstatt Wien im prall gefüllten Porgy & Bess wider den Stachel.
Für den an Erfolg gewöhnten Künstler ist das Publikum oft ein Äquivalent zum südostasiatischen Arbeitselefanten. Wie dieser geduldige Rüsselträger wird es gerne mit dem Stachelstock dirigiert. Im Fall von Klemens Lendl, dem Sänger und Violinisten der Weltpartie Die Strottern, war es am vergangenen Sonntagabend sein exzessiv ausgelebtes Faible für Jean-Luc-Ponty-mäßige Geigenkratzerei im Geiste des Jazz. Gemütsaufkräuselnd konnte das eigentlich nur finden, wer das Temperament eines Pflugochsen hatte. Egal, denn es wurde nach den ersten beiden Stippvisiten ins nebelige Land der Improvisation besser. Viel besser.
Die erotisch aufgeladene Hommage an Nscho-tschi, an diese einst von Marie Versini gespielte Schwester von Karl Mays Indianer-Helden Winnetou, sorgte für erste Wallungen. Im zweiten Set ging es dann richtig los mit der Kooperation zwischen dem Ensemble Jazzwerkstatt Wien und den Strottern. Gut eingespielt sind sie ja. Auch dank Christoph Huber, der diese wunderbare Kombination zur P&B Stage Band der Saison kürte. Bis Juni spielen sie einmal im Monat zusammen und weben manchmal störrische, manchmal charmante Klangteppiche.
Das Glück begann wie so oft mit einem genialen Text von Peter Ahorner, der diesmal allerdings von Lukas König musikalisch umgesetzt wurde. Dieser Trommelmeister, der sonst als Protagonist von Koenig Leopold in Konzert- und Gerichtssälen umtriebig ist, komponierte Ahorners resignativer Poesie erstaunlich zappaeske Sounds zu. Heiße Bläsersätze, das muntere E-Piano von Clemens Wenger und die Stakkato-Beats der Rhythmusgruppe trieben Sänger Lendl dabei ins Fahrwasser von Kurt Sowinetz, der ja hervorragender Interpret neuer Wiener Lieder war.
Es folgte ein lyrischer Einschub zu sanftem Groove, schließlich war eine wichtige Frage zu klären: "Was zieht die Liebe an, wenn sie zunimmt?" In der Vorstellungswelt Ahorners, durch die Lendl seit Jahren in Hauspatschen schlurfen darf, sind dies: "A Fäustling aus lila Flieder, a gschamiges Ballonmanterl oder a Daunenjacken, zusammengenäht mit der ersten Nadel, die vom Christbaum fallt." Schon kurz nach Weihnachten beginnt bei den Strottern ja bereits wieder der Advent. Man wartet auf bessere Zeiten, auf die Ankunft des Glücks beim grundsätzlich z'wideren Wiener.
Dass das nie passiert, ist klar. Als Surrogat, das besser als jede Wirklichkeit ist, komponieren sie ihre so schön traurigen, aber irgendwie auch optimistischen Lieder. Besonders anheimelnd glückten an diesem Abend die Liebesballade "Fasink", die von atlantischen Fräuleinaugen schwärmte, sowie das Anti-Facebook-Lied "Gemma alle bitte weida". Dessen Quintessenz gipfelte im geradezu philosophischen Satz "Manchmal wird man vom Wegschauen g'scheiter". "Schaun, Zaahn Draahn" überraschte mit strikt bluesiger Anmutung und die "Josef Limberg Suite", die Herzensergießungen eines Beamten der nö. Landesregierung in ein wüstes, musikalisches Kleid aus Dixieland und Free Jazz steckte, belehrte über Wesentliches: "A Oaschloch allanig, des gibt's net. Es ist immer a Hund, a Katz oder ein Sittich umatum." (Samir H. Köck, Die Presse, 07.01.2015)