Sa 31. Oktober 2015
20:30

Jeff Denson Trio & Lee Konitz (USA)

Lee Konitz: alto saxophone, vocals
Jeff Denson: bass, vocals
Dan Zemelman: piano
Alan Hall: drums

Ein völlig diametraler Ästhet ist der 1927 (!!) geborene Altsaxophonist Lee Konitz, einer der letzten noch lebenden Giganten des Jazz. Einer der nachhaltig Jazzgeschichte geschrieben hat, diese noch immer belebt, neue Klangqualitäten eingebracht hat und die sogenannte „Cool“-Ästhetik neben Lennie Tristano entscheidend prägte. Seine von einem vibratolosen Ton, der mittlerweile einen luftige Expressivität aufweist, gekennzeichnete Legatospielweise, die er zu eindringlichen Klangbändern, die im Mezzoforte-Bereich herumflanieren, verknüpft, hat nichts an Eleganz, Frische und Imaginationskraft verloren. An diesem Abend konnte man beeindruckt und ehrfürchtig Zeuge davon werden. Mit den um sicher vierzig Jahre jüngeren Partnern des Jeff Denson Trios, mit dem Konitz seit einigen Jahren arbeitet, hat er kongeniale Klangpoeten gefunden. Welche, die seinen kautzigen Lyrismus und dessen lineare Fortschreitung inspiriert tragen. Mit subtilen Walkingbass-Linien und melodisch farbigem Arco-Spiel von Denson, reduktionistischer Akkordik, sensibel ausgebreitet, vom Pianisten, der aber ein wenig zu häufig im mittleren Register seines Instrumentes verweilte und somit oftmals die Kontrastierung zu Konitz schuldig blieb, und einem Schlagzeuger der ein wahrer Klangkolorist ist und mit seinen Aussparungen im Spiel einerseits die Spannung noch oben schraubte und andererseits durch unorthodoxe Akzentuierungen die Motorik der Musik entscheidend vorantrieb. Als Novum stellt sich Konitz` gelegentlicher Stimmeinsatz dar, er sang mit Spielwitz gepaart sozusagen seine Saxophonlinien, was ihn als coolsten non-verbalen „Crooner“ auswies. Hingegen die Gesangseinlagen des Bassisten über Standards wie „Body & Soul“ oder “Skylark“ stellten die Notwendigkeit in Frage. Apropo Standards, einmal mehr demonstrierte Konitz auch seine große Kunst, Standards bis auf´s Skelett entkleiden und ihnen eine neue Haut überziehen zu können. Absolute-Lee amazing. (Hannes Schweiger)

Der Bassist Jeff Denson und Saxofonist Lee Konitz stehen seit 2007 in verschiedenen Formationen auf der Bühne.

Der 87-jährige Lee Konitz ist einer der großen Saxofonisten der Jazzgeschichte. "Ich habe viele Alben aufgenommen", erzählt er, "dieses Mal singe ich und diese Erfahrung genieße ich als eine neue musikalische Dimension." Das Gefühl des Erweiterns ist genau das, was dieses Album besonders macht. Vier Musiker dehnen ihren Spielraum aus, mit einer gewissen Lust am Risiko. Sie ruhen sich nicht auf ihrer großen Kompetenz aus, sondern gehen genau von dem ursprünglichen Moment des Musizierens aus: sich aus dem Inneren heraus zu zeigen, eben auch mit der Stimme. Bassist Jeff Denson singt "Body and Soul" und "Skylark" mit einer bewegenden, rührend tastend wirkenden Stimme, er setzt ganz auf die pure Emotion, und das ist wohltuend.

"Lasst uns singen!"

Dieses Konzept entstand bei der ersten Begegnung des Quartetts: "Lee bat uns in seine Kölner Wohnung, um gemeinsam zu spielen", erzählt Bassist Jeff Denson. "Er hatte ein Klavier, aber weder Kontrabass noch Schlagzeug. Der Schlagzeuger und ich schleppten uns also mit den Instrumenten die Treppen hoch und als Lee die Tür öffnete, bat er uns herein mit der Aufforderung 'lasst uns etwas singen.' Wir begannen zu improvisieren, sangen ein paar Linien und antworteten uns darauf. Zum Schluss sagte Lee: 'Das klingt wie eine Band!' Unsere Instrumente packten wir überhaupt nicht aus." Auf diese Weise ist das Quartett eine wunderbar lebendige Formation geworden, die ganz aus der Jazztradition schöpft. (Mauretta Heinzelmann)