Jorge Rossy Quintet w/ Al Foster / Mark Turner / Pete Bernstein / Doug Weiss (USA)
Jorge Rossy: vibraphone
Al Foster: drums
Mark Turner: tenor saxophone
Pete Bernstein: guitar
Doug Weiss: bass
The New Cool
„Hauptinstrumental“ ist Jorge Rossy Schlagzeuger. Und ein außerordentlich guter noch dazu. Vor allem im Trio des Tastenmagiers Brad Mehldau hat er vielbeachtet aufgetrumpft. Bei gegenständlichem Projekt kapriziert er sich ausschließlich auf das Vibraphon. Den Schlagzeughocker hat er einem der ganz Großen in der Welt der Jazzrhythmik überlassen. Dem unvergleichlichen Al Foster (Miles Davis, Sonny Rollins usw. Sie wissen schon). Aber auch die anderen Positionen des Ensembles sind handverlesen. Charismatische Persönlichkeiten der heutigen Modern Jazz-Szene sind jene. Fünf distinguierte Herren betraten die Bühne und gaben gleich mit dem Opener den galanten „Laid Back“-Modus für die nächsten hinreißenden eineinhalb Stunden aus. Kreatürlich entspannt füllten die bestens harmonierenden Musiker die komponierten Überbauten, deren raffinierte Einfachheit und melodische Grandezza überzeugten, mit Leben und entwickelten daraus ihre geschmeidigen, detailreichen Improvisationen. Die solistische Hauptrolle besetzte in souveräner Manier Mark Turner. Sein von Hawkins wie Rollins gleichermaßen angeregtes Spiel ruhte in sich und vollzog sich mit einer verblüffenden inneren Logik. Und er ließ den Tönen, die individuell markant eingefärbt waren, Zeit sich zu entfalten und formte sie zu, man möchte sagen, cooler Ereignishaftigkeit. In eben jenem Couleur gestaltete auch Pete Bernstein seine gediegenen Soli aus, die zuweilen in der Slow bzw. Mid-Tempo Umgebung der zumeist aus Rossys Feder stammenden Stücke, in einem spannenden Wechselspiel mit Turners Entäußerungen aufgingen. Rossy selbst bespielte das Vibraphon aus der Sicht des Zweitinstrumentes mit einfacher Schlägeltechnik – nicht mehr und nicht weniger. Seine teils gefälligen Soli entbehrten jedoch der Eleganz jener seiner Partner. Dennoch hatten seine Beiträge im Kontext des Ensembles seinen Platz. Der überragende Musiker des Abends der das Geschehen wie eine Klammer zusammenhielt war Al Foster. Mit untrüglicher Übersicht, kolorierendem Fingerspitzengefühl und rhythmischer Präzision, was in einem enorm ökonomischen Spiel kulminierte, ließ er die Musik fliegen und war zugleich ihr Anker. Man tauchte schlicht und einfach in betörend schöne Musik, deren klassizistische, konventionelle Rahmenbedingungen eine originäre Belebung erfuhren. Die Konzentration auf Parameter wie Introvertiertheit, Kontemplation und dynamische Linearität könnte man als „New Cool“-Ästhetik umschreiben. Hannes Schweiger