Reinhard Micko: piano
Klaus Gesing: soprano saxophone, bass clarinet
Peter Herbert: bass
Peter Primus Frosch: drums
Man muss das Rad nicht immer wieder neu erfinden. Manchmal ist es ausreichend, es einfach rollen zu lassen. „Coming Home“, die neue CD des österreichischen Pianisten Reinhard Micko, ist ein Manifest der Leichtigkeit. Micko besitzt die seltene Gabe, komplexe Dinge mit einer derart frei fließenden Selbstverständlichkeit zu erzählen, dass man als Hörer geneigt ist zu vergessen, um was es sich hier eigentlich handelt. Er ist ein Meister des Plauderns, das jedoch zu keinem Zeitpunkt in den Smalltalk kippt. Micko versteht sich auf die Kunst, Vehemenz durch Nonchalance zu ersetzen und somit dem scheinbar Beiläufigen Tiefgang zu geben.
Es ist nicht immer leicht, ganz leicht zu sein. Nach eigenem Bekunden hat Micko sich diese Leichtigkeit auf einem langen Weg erarbeitet. Er hat sie zwar beim Musizieren immer gespürt, aber dieses Gefühl der inneren Befreiung auch barrierefrei an den Hörer weiterzugeben, ist ja bekanntlich gerade im Jazz oft so eine Sache. „Es war für mich ein langer Prozess, nicht nur Erleichterung im Spiel zu empfinden, sondern diese Leichtigkeit bereits in den Kompositionen anzulegen und darüber hinaus zu meinem musikalischen Credo zu machen. Da spielen auch persönliche Entwicklungen eine Rolle, die über das rein Musikalische hinausgehen. Ich musste mich von der Einstellung verabschieden, irgendwas erfüllen zu müssen. Inzwischen ist es für mich eine Grundlebenshaltung geworden, das Schöne zu sehen und zu gestalten. Ich möchte mit meiner Musik ausdrücken, was sich gut anfühlt.“
Die Leichtigkeit des Seins ist also doch erträglich. Für Micko ist sie der Antrieb jeder künstlerischen Äußerung. Seine Herausforderung bestand darin, Leichtigkeit in Verbindung mit authentischen Emotionen so auszudrücken und damit die Oberfläche des nur augenblicklich Schönen zu durchbrechen. Jazz ist für Micko auf dem aktuellen Entwicklungsstand die zeitgemäßeste Musikform, dieses Postulat umzusetzen. Er schätzt es am Jazz, dass jeder Beteiligte seine eigene Definition, Auslegung und Haltung haben kann und man dennoch immer eine gemeinsame Grundlage finden kann. Obwohl der Wiener alles
andere als ein Ikonoklast oder Revoluzzer ist, klingen seine Stücke stets, als würden sie spontan im Ohr des Hörers erfunden werden. Er scheut sich nicht vor Klischees, und der Vorzug ausgetretener Pfade besteht für ihn darin, dass man klar weiß, wohin sie führen. Doch was er am Wegesrand aufliest, ist überraschend und einzigartig. Von Hause aus bevorzugt Micko das Trio. Die meisten seiner Kompositionen entstehen fürs Trio aus Klavier, Bass und Schlagzeug. Sein Trio mit Bassist Peter Herbert und Drummer Peter Primus Frosch um den Saxofonisten und Bassklarinettisten Klaus Gesing – bekannt unter anderem aus dem viel besungenen Trio mit Norma Winstone – zu ergänzen, war für den Pianisten eine deutliche und befreiende Erweiterung seines Ausdrucksspektrums. Das spontane Moment in seiner Musik besteht nicht in der Überbetonung der Improvisation,
sondern in der Bewusstheit, mit der er jedem spielerischen Augenblick die Aura der Einzigartigkeit verleiht. Die Aneinanderreihung von Tonhülsen ist ihm zuwider, ihm geht es um ehrlichen Austausch zwischen den Musikern unter Einbeziehung des Publikums. Nur in diesem ehrlichen Austausch, bei dem man ja auch mehr oder weniger bewusst auf bewährte Begriffe und Gedanken zurückgreift, vermag man sich intuitiv Neues zu erschließen. Diese Neugier auf das, was hinter dem Bewährten steht, zieht sich wie ein roter Faden durch Mickos Kompositionen.
Das Quartett gibt ihm darüber hinaus die Möglichkeit zu weit gefächerten Variationen der Konstellation zwischen voller Besetzung und Solospiel. Micko liebt die Abwechslung, will beim Musizieren so viel Spaß wie möglich haben. Besonders gefällt ihm der Kontrast von Bassklarinette und Klavier, weil er so viele Schattierungen zulässt. Er spielt und schreibt, wie er hört, und er hört, wie er fühlt, womit sich der Kreis schließt. Eine kategorische Klammer lässt sich für Mickos Zugang zur Musik schwerlich finden, und doch gibt es ein Wort, das seine Musik in ihrer erschütternden Ehrlichkeit und ungebremsten Leidenschaft erschöpfend umschreibt: sie ist schlicht UNWIDERSTEHLICH! (Pressetext)