Mo 27. März 2017
20:30

Logan Richardson (USA)

Logan Richardson: alto saxophone
Tony Tixier: piano
Joe Sanders: bass
Ryan Lee: drums

Der US-Saxofonist Logan Richardson hat ein formidables neues Album veröffentlicht.
Groß ist die Last der Tradition, die auf jenen jungen Typen lastet, die den Jazz lebendig halten. Nachspielvirtuosen gibt es unter ihnen viele – auf Schultern von Vorbildern glänzen sie als Bewahrer des Bewährten. Eigene Wege zu finden ist allerdings eine Herausforderung, der sich zu entziehen unfein ist, sofern der Status eines eigeständigen Künstlers angestrebt wird. Einen einnehmenden eigenen Ton zu finden ist immerhin schon die halbe Miete, und Saxofonist Logan Richardson ist da auf einem guten Weg.
Er kann auf dem Edellabel Blue Note (Universal) publizieren, was ihm globale Reichweite garantiert. Und auch die Kollegenschar, die der 1980 in Kansas City (Missouri) Geborene in seiner Band beschäftigt, weist auf Kompetenz hin. Da sind Gitarrist Pat Metheny und auch Pianist Jason Moran, beide zu Besonderem fähig. Und: Auf Shift brodelt es, das Zusammenspiel funktioniert unverkrampft und ist von Spontaneität beseelt. Trotz aller Hitzigkeit schwebt über einem unruhigen Fundament Richardsons Lyrik, die in episch-wehklagenden Monologen glänzt. Das klingt so zugänglich wie komplex, das ist frei von allzu voraussagbaren Entwicklungen und verarbeitet das respektable Themenmaterial originell verspielt. In dieser edlen Kollegenumgebung findet sich der junge Bandleader also beflügelt zu beweisen, dass er sein Instrument in jedweder Ausdruckslage smart und delikat zum Einsatz zu bringen versteht. (toš, Rondo, 29.7.2016)

Den umtriebigen Altsaxophonisten Logan Richardson werden viele Fans nicht unbedingt als Leader, sondern eher als Sideman von Ambrose Akinmusire oder z.B. Gerald Clayton kennen. Mit seiner neuen CD „Shift“, erschienen auf dem renommierten Blue Note Label, legt Richardson nach „Cerebral Flow“ und „Ethos“ nun sein drittes Album unter eigenem Namen und gleichzeitig ein wirklich beeindruckendes Album vor. Auf den ersten Blick besticht natürlich die hochkarätige Besetzung mit Pat Metheny (!) an den Gitarren, dem Drummer Nasheet Waits, Jason Moran am Piano und dem Bassisten Harish Raghavan – diese Jungs muss man erst einmal alle an einen Tisch bringen. Eine erstklassige Besetzung macht natürlich noch keine herausragende CD aus, bei dem Album „Shift“ stimmt aber einfach alles, kompositorisch wie musikalisch.

„Nomen est omen“ wurde die Idee der „Shift“ Studioband bereits 2009 im Kopf von Richardson geboren, es folgten Kontakte, Gespräche, bis zur Umsetzung vergingen Jahre und das Projekt „verschob“ sich – bis heute. Das Warten und Richardsons Hartnäckigkeit haben sich gelohnt. So individuell die Musiker letztlich alle sind, wirklich interessant ist, was sie hier in der Band gemeinsam anstellen. Das wiederum hat Logan Richardson einfach klasse konzipiert: zum einen mit starken Kompositionen aus seiner Feder, gleichzeitig mit den Freiheiten, die sich die Musiker nehmen (können) und dem Raum, den sie für ihren improvisatorischen Ausdruck benötigen. Was sofort ins Ohr geht, sind starke, unisono gespielte Themen, Grooves und Lines, die miteinander voller Spiellaune zelebriert werden. Dabei wird dem Hörer trotz allem volle Aufmerksamkeit abverlangt. Nicht, dass die Kompositionen unbedingt sperrig sind; obwohl komplex angelegt, vereinen sie modern improvised jazz music mit intelligent inszenierten Themen. Die einzige Fremdkomposition, Bruno Mars‘ starkes „Locked Out Of Heaven“, ist erstklassig und sphärisch elegisch in Szene gesetzt. Das sollte sich Mars selbst einmal zu Gemüte führen…was man aus zugegeben anspruchsvoller Popmusik alles machen kann… Die Band in dieser Zusammensetzung live erleben zu können, wäre ein echtes Jazz-Highlight. Bis dato ist es leider „nur“ das Studioprojekt, immerhin mit der wunderbaren CD „Shift“ als Ergebnis! (Thomas J. Krebs)