Mi 14. Juni 2017
21:00

Diamanda Galás (USA)

Diamanda Galas: piano, vocals

Die Sängerin, Komponistin, Aktivistin und Avantgarde-Ikone Diamanda Galás hat zwei neue Alben herausgebracht, die ersten seit „Guilty, Guilty, Guilty“.

„All the Way“, das aus radikal überarbeiteten Fassungen von Traditionals und Jazzstandards besteht, und „In Concert at Saint Thomas The Apostle Harlem“, aufgenommen während des Red Bull Music Academy Festivals 2016 in der im Titel genannten Kirche, erscheinen am 24. März auf Galás’eigenem Label Intravenal Sound Operations.

„All the Way“ präsentiert erstaunliche, radikale Fassungen vertrauter Stücke, einschließlich des bahnbrechenden „The Thrill Is Gone“ und einer Solo-Piano-Interpretation von Thelonious Monks „Round Midnight“. Herzstück des Albums ist das amerikanische Traditional „O Death”, das zu einem Hauptbestandteil ihrer Live-Shows geworden ist, und es schließt mit „Pardon Me I’ve Got Someone To Kill“ des Countrysängers Johnny Paycheck. „All the Way“ enthält sowohl Live- wie auch Studio-Aufnahmen.
„In Concert at Saint Thomas The Apostle Harlem“ dokumentiert Galás’ eruptive Performances im Mai 2016 in der im Stadtteil Harlem in New York gelegenen Kirche, die von der New York Times als „guttural und opernhaft, unheilvoll und bar des Trostes, spirituell und erdig, polyglott und sprachlos, nuanciert und aus der Bahn geworfen“ beschrieben wurden. Das Konzert, produziert von Intravenal Sound Operations und der Red Bull Music Academy, wurde ausschließlich aus von Galás als „death songs“ bezeichnetem Material zusammengestellt. Gesungen in den Sprachen Italienisch, Deutsch, Französisch und Griechisch, beinhaltet es sowohl dramatische Interpretationen von Gedichten von Cesare Pavese und Ferdinand Freiligrath, die sich mit dem Tod auseinandersetzen, wie auch Stücke von Jacques Brel („Fernand“, „Amsterdam“) und Albert Ayler („Angels“, gesungen von Galás, die immer schon der Meinung war, Aylers Arbeiten seien auch als Vokalmusik zu verstehen). Zusammen präsentieren die beiden Alben das Werk einer Künstlerin auf dem Höhepunkt ihres kreativen Schaffens, und demonstrieren nicht nur, wie meisterhaft sie ihre Stimme (mit der sie berühmt wurde), beherrscht, sondern auch ihr überlegenes Können als Pianistin und Komponistin.

Diamanda Galás ist eine der kompromisslosesten und einflussreichsten Avantgarde-Künstlerinnen der letzten drei Dekaden, mit einem umfangreichen, oft beklemmendem, doch stets aufregendem Œuvre. Mit ihrer alles durchdringenden Stimme und klassischem und Jazz-Piano als Background hat sie stets die Verbindung ihrer Kunst mit dem Aktivismus aufrechterhalten, sich in philosophisch wohl überlegter und musikalisch aufrüttelnder Form mit Themen wie Folter, Völkermord und Aids auseinandergesetzt. Galás hat mit so unterschiedlichen Musikern wie dem Led Zeppelin-Bassisten John Paul Jones und dem richtungsweisenden Komponisten Iannis Xenakis (und vielen anderen) gearbeitet, und ihre Stimmtechnik und Bühnenpräsenz wurden von Künstlern wie PJ Harvey und Anohni als maßgebliche Inspiration bezeichnet. In den letzten Jahren hat sie extensiv in Europa gearbeitet, allem voran am Grokowski Institute in Breslau an der Theater-Performance „Das Fieberspital“ (“The Fever Hospital”), die auf Texten von Georg Heym, Gottfried Benn und ihr selbst basiert. (Pressetext)

Diamanda Galas, von Verehrern durchaus auch Diamanda Callas genannt, ist so was wie eine Erinnye des Blues und Jazz. Die in San Diego geborene Tochter griechischer Einwanderer beruft sich bei ihrem gar erschröcklichen Tun auf die griechische Kultur. Für ihr neues Opus „Guilty Guilty Guilty" begab sie sich auf das Schlachtfeld der Liebe. Radikal räumt sie mit Schmusejazz-Klassikern wie „Autumn Leaves" auf. Das live in den New Yorker Clubs „Knitting Factory" und „Tonic" (leider schon abgerissen) aufgenommene Opus besticht mit außergewöhnlichen Interpretationen gut abgehangenen Liedguts. Mit einer verzweifelt tönenden Version von O.V. Wrights Gerichtssaaldramas „8 Men And 4 Women" lockt die Klangberserkerin in ihr Universum. Wie schon auf dem Vorgänger „La Serpenta Canta" hält sie gekonnt die Balance zwischen archaischer Emotion und wüster Ikonoklastik, kreiert eine neue Form von freitönendem, fast teuflischem Gospel. (Samir H.Köck, 2008)

Auch wenn schon Ende der 1970er Jahre Komponisten wie Vinko Globokar und Jannis Xenakis auf die dramatische, vielsprachig singende, schreiende, flüsternde Vier-Oktaven-Stimme der griechisch-stämmigen Kalifornierin aufmerksam wurden, so haben doch ihr Debüt von 1982 „The Litanies of the Satan“ und die folgenden Performances „Masque of the Red Death“ und „Plague Mass“ das mediale Bild der Galás als „Gothic Diva“, als extreme Vokalistin und Performerin des Abgründigen und Grausamen nachhaltig geprägt. Tod und Sexualität, Aids, Völkermord, Exil und menschliches Unrecht sind bis heute die durchgängigen Themen ihrer tief berührenden Konzerte geblieben. (Pressetext)