Fr 19. Januar 2018
20:30

Dickbauer Collective (A/F)

Mario Rom: trumpet

Klaus Dickbauer: alto saxophone, bass clarinet
Stephan Dickbauer: tenor saxophone, clarinet
Johannes Dickbauer: violin

Asja Valcic: cello

Christian Wendt: bass

Mathias Ruppnig: drums
Patrice Héral: percussion, electronics

Hohe Gesprächskultur: Dickbauer Collective

Es steht nicht immer zum Besten mit der zwischenmenschlichen Kommunikation – davon können wir alle ein Lied singen. Die Werbeindustrie wirft uns Slogans ohne Ende an den Kopf, die Medien setzen mehr und mehr auf verkürzte Informationshäppchen statt auf profunde Auseinandersetzung, die Politik beschränkt sich in aller Regel auf einfache Rhetorik. Ja, selbst einer der mächtigsten Männer der Welt verbreitet seine Gedanken tagtäglich per Twitter, also mit kümmerlichen 140 Zeichen pro Botschaft. Musiker, namentlich Jazzmusiker, sind zum Glück völlig anders gestrickt: Ihr Metier ist die intensive Auseinandersetzung mit ihren Bandkollegen, sie sind quasi hauptberufliche Kommunikatoren. Ein Ensemble, sei es ein Duo oder eine Big Band, wird immer auch daran gemessen, wie genau seine Mitglieder aufeinander hören und eingehen.

Auftritt Dickbauer Collective. Die Band ist ein handverlesenes, eingeschworenes Oktett, das hoch komplexe Texturen aus dem Grenzbereich von Jazz, Zeitgenössischer Musik und Folklore mühelos spielen kann, ohne das große Ganze, den Bandsound, zu vernachlässigen. Das ist nur möglich, weil erstens die Gruppendynamik stimmt und zweitens die „musikalische Gesprächskultur“ hoch gehalten wird. So verblüfft nicht nur die Wandelbarkeit jedes einzelnen Mitglieds, sondern auch der hohe Aufmerksamkeitsgrad, der ein Konzert des Dickbauer Collective wie ein Musterbeispiel für eine gelungene Diskussion wirken lässt: Da treten Klarinette und Bassklarinette (Bruder Stefan Dickbauer und Onkel Klaus Dickbauer) in einen angeregten Dialog, bei dem die Meinung des anderen gehört und kommentiert wird; da geht Ausnahmetrompeter Mario Rom mit einem ebenso klugen wie inspirierten Solo auf die Anregungen der restlichen Band ein; da wechseln Johannes Dickbauer und die Cellistin Asja Valcic mit unglaublicher Leichtigkeit ihre Rollen im Kollektiv, sind einmal ein Mini-Streicherensemble, um gleich darauf Teil des Bläsersatzes zu werden oder rhythmische bis solistische Aufgaben zu übernehmen; da fungieren Bassist Christian Wendt, Schlagzeuger Mathias Ruppnig und Perkussionist Patrice Héral als gleichermaßen präzises wie elastisch akzentuierendes Fundament.

Das Dickbauer Collective kreiert keine „alternative facts“ und keine „fake news“, sondern spielt Musik, die ihre Kraft aus dem Dialog schöpft – sei es der Dialog des Komponisten mit seinen Ideen oder jener der Solistin/des Solisten mit dem Ensemble. Es ist auch nicht verwunderlich, dass vier der acht Ensemblemitglieder mit ihren Kompositionen auf ganz individuelle Weise die vielfältigen Klangmöglichkeiten der Blas-, Saiten- und Schlaginstrumente ausreizen. Johannes Dickbauer ist zwar der Projektleiter, der das Oktett organisatorisch zusammenhält, aber alles andere basiert auf gegenseitigem Respekt und der Konzentration auf die Äußerungen, Meinungen und Besonderheiten der jeweils anderen. Ein Ensemble mit hoher Gesprächskultur also, das stilistische Grenzen nonchalant negiert und das mit seiner originellen und packenden Musizierhaltung das Publikum in seinen Bann zu ziehen vermag. Diese Musik ist ERGREIFEND im ursprünglichen Sinn des Wortes. (Pressetext)