Linda May Han Oh: bass
Greg Ward: alto saxophone, clarinet
Matthew Whitaker: guitar
Artur Hnatek: drums
Das an diesem Abend vorgetragene „Blue Over Gold“ wurde von einem Bild des „vielschichtigen“ Malers Mark Rothko inspiriert, der ein Vertreter des Abstrakten Expressionismus war. Hier hat eine Farbkomposition Musik ausgelöst. Normalerweise aber läuft es bei Linda Oh anders herum.
Die Bassistin schreibt Stücke, ohne es auf bestimmte Kolorierungen anzulegen und kann dann nicht anders, als Tönen, als Tonarten einen bestimmten Anstrich zuzuordnen: G klingt für sie nach Gelb, E nach Grün, C neutral, F irgendwie bläulich. Man musste das nicht unbedingt nachvollziehen können, um ihr Konzert als ziemlich bunt zu empfinden.
Es lag vermutlich auch daran, dass die knapp 33-jährige Linda May Han Oh mit klassischer Musik aufgewachsen ist, dann zur Rockmusik konvertierte und in Teenagerjahren den Reizen des Jazz erlag – diese unterschiedlichen Prägungen fließen in die Musik der Australierin ein, die früh Klavier, dann Klarinette und Fagott sowie Bassgitarre spielen lernte, ehe sie – überwältigt von Ray Browns Spiel auf Oscar Petersons Album „Night Train“ – im Kontrabass ihre instrumentale Bestimmung fand.
Binnen kürzester Zeit hat sie sich allerlei auf der überdimensionalen, tieftönigen Steh-Geige drauf geschafft und auch davon profitiert, dass in ihrer Heimat Perth Bassisten äußerst gefragt, weil selten waren. Bestens präpariert ist die in Malaysia geborene Tochter chinesischer Eltern vor etwa zehn Jahren nach New York gekommen, um einen Master an der Manhattan School of Music zu erlangen.
Dass die junge Frau schon vor ihrem Abschluss im Big Apple für Furore sorgte und kurz nach ihrer Ankunft in der Stadt das Interesse namhafter Bandleader wie Dave Douglas, Joe Lovano oder Pat Metheny erregte, war bei ihrem Konzert leicht nachzuvollziehen – denn Linda Oh spielt mit Herz und Verstand, mit untrüglichem Timing, weiß wendige Linien zu intonieren, mit Flageoletts Farbtupfer wie unaufdringliche Ausrufezeichen zu setzen und einen munteren Dialog zwischen tiefen und hohen Lagen zu moderieren – besonders ihr unbegleitetes Solo wird in Erinnerung bleiben. (...) (www.nmz.de)