Michael Moore: clarinet, alto saxophone
Ab Baars: clarinet, tenor saxophone
Toby Delius: clarinet, tenor saxophone
Wolter Wierbos: trombone
Thomas Heberer: trumpet,
Mary Oliver: violin, viola
Guus Janssen: piano
Tristan Honsinger: cello
Ernst Glerum: bass
Han Bennink: drums
„EinePartieTischtennis“ nannte eines der interaktionsdichtesten Duos der europäischen Free Music-Szene einst seine kauzigen, extrovertierten, abenteuerlichste Verrenkungen vollführenden Zwiegespräche. Die begnadeten Spieler: der in Kiew geborene, 2017 verstorbene Pianist/Komponist Misha Mengelberg und der wirbelwindige Schlagzeuger Han Bennink. Neben dem Holzblasvirtuosen Willem Breuker über Jahre hinweg die prägenden Kreativköpfe der seit den 1960er Jahren das eigenständige Profil des europäischen, zeitgenössischen Jazz mitschärfenden holländischen Free Jazz Bewegung. 1967 gründeten die beiden mit Breuker das Plattenlabel Instant Composers Pool. Diese Begrifflichkeit, eine Wortschöpfung Mengelbergs, stand ebenfalls für den Zusammenschluss der damals hochtalentiertesten, querdenkenden Improvisatoren in den Niederlanden und umschrieb auch Mengelbergs Ansatz Improvisierter Musik. Ein Ansatz der nicht auf völliger Losgelöstheit aller Strukturprinzipien aufbaut, sondern auf Formbildung im intuitiven Schaffensprozess setzt. Denn nach Mengelbergs Auffassung ist Musik immer eine Balance bzw. ein Streitgespräch zwischen Form und Chaos. Im Anschluss an ihre Post-Hard Bop Exkurse erforschten Mengelberg und Bennink in ihren Duetten exzessiv diese Musizierpraxis. Geprägt durch die Begegnung mit Fluxuskünstlern und einem Faible für absurdes Theater, etablierten sich in ihrer Musik dadaistisch anmutende Sequenzen und ein eigenwillig skurriler Humor, der fortan ein Synonym für die frei improvisierte Musik holländischer Prägung wurde. Neben Analogien zur Musik von Jazzinnovatoren wie Thelonious Monk oder Cecil Taylor wurzelt ihr musikalisches Vokabular gleichfalls in der europäischen Tradition. Augenzwinkernd hinsichtlich des Traditionsbezuges gegenüber den Genres, forcierten die beiden Erzmusiker eine signifikant individuelle Stilistik eines sublimen Klang/Energie-Spieles. Anfang der 1970er Jahre, initiierte Mengelberg rund um das Duo mit Bennink eine Großformation die unter dem Namen ICP Tentet formierte. Besetzt mit namhaften holländischen Musikern des Pools zuzüglich einiger temporärer Gäste wie z.B. John Tchicai, Peter Brötzmann oder Alan Silva. Mit diesem eher sporadisch sich zusammenfindenden Ensemble verfolgte Mengelberg eine konträre Diktion. Innerhalb dieser Sezession wird keine explizite stilistische Einheitlichkeit angestrebt, sondern eine auf der Individualität der Proponenten basierende Mannigfaltigkeit in den Fokus gerückt. Daraus folgernd bilden sich wechselhafte Formgebungen, die fortan in assoziativen Dekonstruktionen, Überhöhungen oder Persiflagen von gerne herangezogenem, determiniertem Material wie Tango, Walzer oder Märsche ihre Freude finden. Nicht ohne eine wohlproportionierte charmante Flapsigkeit und Krudität, die die MusikerInnen walten lassen. Das Kollektiv steht nun seit vier Dekaden für neue Wege kollektiven Improvisieren unter großformatigen Besetzungsverhältnissen. Normativ sowohl für die holländische Jazz-Genese - ergo für die europäische, als auch dessen internationalem Fortgang. Der amerikanische Jazzkritiker Kevin Whitehead titulierte diesen Ansatz einmal New Dutch Swing. Über die Jahre, der Freundeskreis nennt sich inzwischen ICP Orchestra begleitet von einigen personellen Häutungen, hat sich das Konzept, mit seinem sympathischen Hang zur Imperfektion, gehörig verfeinert und konkretisiert. Nach dem Ableben Mengelbergs nahm der Querdenker Guus Janssen dessen Platz am Klavierstuhl ein. Initiator ist nunmehr Han Bennink, bewegungsdynamischer Muskel des Ensembles. Zu erwarten ist das Unerwartbare, gleichwohl exzentrische Improvisationen außerhalb der Verfassung und eben jene aktionistisch wie musikalisch schrullige Humoreske.
It´s a crazy thing, when it got that New Dutch Swing. (Hannes Schweiger)
http://www.icporchestra.com/
https://www.allaboutjazz.com/php/article.php?id=561700