Mo 30. April 2018
19:30
Ö1 Jazztag & Euroradio Jazz Day & International Jazz Day 2018 present

Mario Rom's Interzone (A) / Irène Schweizer Solo (CH)

19.30 h (pünktlich)
Mario Rom: trumpet
Lukas Kranzelbinder: bass
Herbert Pirker: drums

20.50 h
Irène Schweizer: piano

Ö1 – Live-Übertragung

30.04.2018 / 19.30-22.00 (!), „On stage“ am Ö1 Jazztag mit Andreas Felber. Mario Rom's Interzone und Irène Schweizer solo live aus dem Porgy & Bess in Wien.

Aus Anlass des Ö1 Jazztags kommt „On stage“ heute in einer XL-Ausgabe live aus einem der arriviertesten Jazzclubs Europas, dem Porgy & Bess in Wien. Auf dem Programm stehen zwei hochkarätige Konzerte: Zum einen ist mit dem famosen Trio „Interzone“ eine der jungen österreichischen Bands der Stunde zu erleben, angeführt vom 28-jährigen, virtuosen Trompeter Mario Rom. Zum anderen wartet ein rarer Solo-Auftritt von Irène Schweizer, der Grande Dame des europäischen Jazz: Ausgehend vom freien Jazz der 1960er Jahre entwickelte die inzwischen 76-jährige, in Zürich lebende Pianistin seither einen unverkennbaren Personalstil von sinnlicher Plastizität. Stets spontan, ohne Vorlage musizierend, hallen aus ihrer Musik Blues und Ragtime ebenso wider wie die sperrigen Dissonanzen Thelonious Monks und der souljazzige Township-Jazz Abdullah Ibrahims. Ein potenzieller Höhepunkt des Jazz-Jahres 2018!

Mario Rom's Interzone „Truth Is Simple To Consume“
Ein Konzertabend dessen Konsumation, grund der Fulminanz des Musikalischen im Einklang mit einer Überdosis Spielfreude, wahrlich ein riesen Vergnügen darstellte. Man konnte sich an der freigesetzten Energie, den überbordenden positiven Vibes genüsslich delektieren. Ein Labsal nach all den in den vorangegangenen Monaten von statten gegangenen innenpolitischen Geschmacklosig- und Niederträchtigkeiten inklusive Wahlausgang. Glücklicherweise ist der Jazz kein Boden für „Fakes“, welcher Art auch immer. Entweder man kann´s oder man kann´s nicht.
Wahr ist, die drei exzellenten Musiker können es, ohne wenn und aber.
Wahr ist, dass sie zu den Lichtgestalten im Gegenwarts-Jazzzirkel hier- wie dortzulande zählen.
Wahr ist, dass jeder für sich zu einem charismatischen Stilisten, der den Wesenskern der Musik herausschälen möchte, gereift ist. Bravouröse technische Fertigkeit dient als Mittel zum Zweck.
Wahr ist, die drei brennen für den Jazz. Und der Umgang mit dessen „Bausteinen“ geht ihnen mit „Leichtsinn“ und „Leichtfertigkeit“ von der Hand. Mühelos, mit fliegendem Swing und einem Eigenleben anvertraut werden diverse jazzgeschichtliche „Zeitzonen“ ab der Bebop Evolution mit tiefem Respekt, aber auch nötiger Freimütigkeit „interzonal“ ausgeleuchtet. Hört die Zwischentöne. Die Performance explodierte mit einer rasenden Tour de Force. Mario Rom pendelte, kreativ berstend sowie dramaturgisch gewieft, in seinen Improvisationen zwischen peitschenden Energie-Klang-Stößen und fassettenreichen Motivabfolgen. Seine Melodierhythmik, die gelegentlich zerbröselte und oftmals gegenläufig zu den Bewegungsmustern von Bass und Schlagzeug ausgelegt war, bewirkte eine nie verebbende Spannungsintensität. Dahingehend legten Kranzelbinder und Pirker in einem Ideenrausch voll unerwarteter Wendungen, Temporückungen und Akzentverschiebungen, da tauchte schon einmal eine rockige Färbung oder eine fettes Bass-Riff auf, jederzeit ein Schäufelchen nach. Da keine harmonischen Verbindlichkeiten bestanden, berührte die Musik mit purer Unmittelbarkeit. Ein Fest für Melodie, Klang, Rhythmus – gespeist von der bestechenden Präzision des Zusammenspieles. So jagte eine verblüffende Ereignishaftigkeit die andere, in denen neben expansiver Narrativik ebenso einem poetischen Erzählstrang Platz zugedacht wurde. Zusätzliche Würze verabreichten die „Interzoniker“ ihrem modalen Jazzkosmos unter geschmackssicherer Beigabe von hintergründigem Humor.
Wahr ist, dass sie angesichts einer reduktionistischen Besetzung einen speziellen, satten Band-Sound ausgetüftelt haben. Der beschert ihnen eine ziemliche Ausnahmestellung.
Wahr ist, dass enorme Freude aufkommt zu hören, wenn der große Jazznachlass derart profund und belebend weitergedacht wird.
Wahr ist, dass das Trio fast ausnahmslos eigene Stücke spielt – straight on the edge.
Wahr ist: So einfach kann´s sein mit der Wahrheit. Ein wahrer Klang gelassen ausgespielt. (Hannes Schweiger, anläßlich eines Konzertes im November 2017)

IRÈNE SCHWEIZER SOLO
Die legendäre Schweizer Jazz Pianistin zurück im Porgy & Bess.
Befreiung von allen Zwängen – Eine Aussage die auf den Weg zum Erfolg von Irène Schweizer nur zu gut zutrifft.
Die gebürtige Schaffhauserin musste einen ungewöhnlich kurzeN Weg zurück legen um ihren Platz in der internationalen, männerdominerten Jazz-Szene der 60er Jahre zu finden – und um von ebendieser Szene auch trotz ihrem Geschlecht akzeptiert zu werden. Als Teil der jungen Jazzavantgarde, ein wilder Haufen der von den alteingesessenen Jazzpuristen wenig bis gar keinen Respekt bekommen hat, kam sie weit herum, wohl auch darum, weil sie sich schon immer ausserhalb der Norm bewegt hat.
Vor kurzem erschien eine Biografie Irène Schweizers, geschrieben vom Berliner Autor Christian Broecking, in welcher er äusserst gründlich ihr Leben abzeichnet. Aus dieser Biografie bleibt in erster Linie eine Erkenntnis übrig: Irène Schweizer ist eine Pionierin - nicht umsonst gilt sie auch als Begründerin des Schweizer Free-Jazz. (Pressetext)

Irène Schweizer (* 2. Juni 1941 in Schaffhausen) ist eine Schweizer Pianistin und Schlagzeugerin, die zu den Begründern des europäischen Free Jazz zählt. In ihrer eigenständigen, seit den frühen 1960er Jahren konsequent entwickelten Arbeit geht es um «eine frei improvisierende Spielweise, die Geräusche, perkussive Elemente, schnelle, teils mit den Armen angeschlagene Clusters und konventionellere Pianotechniken miteinander verbindet». Sie gilt als «Europas erfahrenste Jazzpianistin».
Schweizer lernte als Kind Handorgel, befasste sich dann im Alter von zwölf Jahren zunächst autodidaktisch mit Klavier und Schlagzeug, bevor sie Unterricht bei einem Privatlehrer nahm. Als Vierzehnjährige spielte sie als Schlagzeugerin in einer Dixielandband. Nach Besuch einer Handelsschule verdiente sie sich ihren Lebensunterhalt als Sekretärin. 1958 wandte sie sich dem Modern Jazz zu und trat bis 1961 alljährlich mit den Modern Jazz Preachers beim Amateurfestival in Zürich auf, 1960 als Siegerin. Begegnungen mit Abdullah Ibrahim und den Blue Notes um Chris McGregor (im legendären Jazzcafé Africana in Zürich) und mit Cecil Taylor (1966) führten sie zum Free Jazz. Insbesondere mit ihrem Trio, dem seit 1963 der Schlagzeuger Mani Neumeier und der Bassist Uli Trepte (beide später bei Guru Guru), seit 1968 dann der Schlagzeuger Pierre Favre und der Bassist Peter Kowald angehörten, spielte sie auf vielen Festivals. Nach einer Epoche des Suchens, in der sie u.a. im Trio mit Buschi Niebergall und Allen Blairman auftrat, arbeitete sie ab 1973 mit dem Saxofonisten Rüdiger Carl zusammen, z.T. abermals zum Trio ergänzt mit dem südafrikanischen Schlagzeuger Louis Moholo. Seit 1976, wo sie beim Jazz Festival Willisau einen spektakulären Erfolg feierte, gibt sie auch Solo-Konzerte.
Schweizer liebt einerseits die völlig freie Improvisation, andrerseits finden sich in ihrer Musik auch Anklänge an traditionellere Formen und Kompositionen von Klassikern wie Thelonious Monk und Duke Ellington einerseits, an die südafrikanische Musik andererseits. Neben ihrer musikalischen Tätigkeit war sie schon früh als Feministin aktiv. Daher war sie um 1980 auch in der Feminist Improvising Group aktiv; das Trio Les Diaboliques mit Joëlle Léandre und Maggie Nicols reflektiert dies noch heute. In den 1990er Jahren arbeitete sie auch mit Marilyn Crispell, dem London Jazz Composers’ Orchestra und Co Streiff, dann auch im Trio mit Makaya Ntshoko und Omri Ziegele. Daneben ist sie in der Schweizer Jazzszene wichtig als Organisatorin. So ist sie an der Entstehung des Taktlos Festivals (Zürich) und des Labels Intakt Records wesentlich beteiligt.
Schweizer wohnt in Zürich-Aussersihl und hat sich bei den Nationalratswahlen 2007 als Kandidatin für die Alternative Liste aufstellen lassen.
Schweizer erhielt 1990 den Kulturpreis der Stadt Schaffhausen und 1991 den Kunstpreis der Stadt Zürich. Die Schweizer Regisseurin Gitta Gsell dokumentierte das Leben der Jazzmusikerin in einem abendfüllenden Film. 2013 wurde sie mit dem «Nachtigall 2013», dem Sonderpreis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet. In der Laudatio wird «künstlerische und persönliche Integrität, ihr freundliches Wesen, ihre kreative Unruhe, ihr Organisationstalent, ihre Vielseitigkeit und ihre Präsenz in den verschiedensten Verbindungen und natürlich, über allem, ihre Entwicklung als Pianistin» gelobt; dies «machten sie zu einer der spannendsten Figuren des Jazz». (Wikipedia)

In Zusammenarbeit mit Ö1