Karl Ratzer: guitar, vocals
Johannes Enders: tenor saxophone
Ed Neumeister: trombone
Peter Herbert: bass
Howard Curtis: drums
Karl Ratzer ist mittlerweile vollends dort angekommen, wohin er seit jeher leidenschaftlich strebte: zum Nukleus der Musik. Mit eben einer Band, die derart aufeinander eingeschworen ist, dass sie fast zu einem „Meta-Instrument“ mutiert – so eine Art „SaitenFellAerophon“. Gleich mit dem Titeltrack „Tears“ vom neuen Album kehrte Ratzer die geschmeidig sublime Funkyness seines musikalischen Ich hervor. Beigemengt wurde noch eine tiefgründige „Soulitude“, die durch die intensive Beschäftigung Ratzers mit dem Werk des großen Ray Charles und dessen Soul/Jazz-Mengenlehre, mit zusätzlichem Pep upgegraded wurde. Getragen von federleichtem Swing und galantem Drive, verantwortet von einem der besten Rhythmusgespanne in diesem Duktus, flossen jene Ingredienzien zu einem harmonisch raffinierten Neo-Hard Bop, vor den maßgeblichen afro-amerikanischen Apologeten dieser Spielpraxis den Hut ziehend, der Edelmarke Karl Ratzer zusammen. Dennoch bleibt für die außerordentlich lebendig wirkende Imaginationskraft dieser „Jazzweltanschauung“ die kollektive Semantik von Bedeutung. Verdeutlicht einerseits durch die arrangementtechnische Optimierung der Stücke, die dem exzellenten „Blue Notes Collageur“ Ed Neumeister obliegen, andererseits durch die, die Urmasse der jeweiligen Songs modulierenden Soli. Jeder der fünf artikulierte im jeweiligen Improvisationsfreiraum seine essenzielle Verbindung zu den Roots der Jazztradition ab der Be Bop-Genese, in Einklang mit der Fähigkeit entlang der Blutbahnen der Songs kreative Eigenverantwortung zu übernehmen. Ratzer erwies sich einmal mehr als Meister der Auslassung bzw. der Agogik. Neumeister und Enders verorteten ihre wunderbar flexiblen Inventionen ab und an sehr maßvoll in libertärem Klangspiel, Herbert und Curtis trumpften mit, die rhythmische Strukturalität ausdehnenden Phantasien auf. Dem folgte die Demonstration wie selbst dem tradierten Formverlauf Thema-Solo-Thema durch unbedingte spontane Willenskraft der Langweil entzogen wird. Nicht verschwiegen werden dürfen natürlich Ratzers berührende, gelegentlich in Nonchalance sich ergehende, mit Inbrunst veräußerten Vokalismen, die im Besonderen in den Ray Charles Songs sein exzeptionelles Soul und Blues-Feeling zusätzlich hervorkehrten. Diese Wahrhaftigkeit schreibt auch ihm die Devise aller großen Jazzschöpfer zu, die da lautet: „Für´s Leben spielen, nicht für Museen“. Jenes Ereignis zum Jahresauftakt. Das wird es auch diesmal wieder werden. (Hannes Schweiger)