Mit regelmässigen Konzerten (...) treiben OM ihre Musik neu voran. Die legendäre Luzerner Band ist je älter, je spannender geworden.
Wir haben nur eine Handvoll der knapp ein Dutzend Konzerte besucht, die OM seit über einem Jahr in der Jazzkantine spielen. Es war erfrischend, zu hören, wie die Band jedes Mal das Publikum neu zu packen wusste. Kein Set glich dem andern. Mal schoben sich funky Groove-Teppiche in den Vordergrund, die improvisatorisch verwandelt wurden, mal dominierten fein ziselierte Klangtexturen das Set. Ein bis zwei Gigs waren in jeder Beziehung herausragend, Mittelmass war nie angesagt. Kein Wunder, dass die Konzerte immer sehr gut besucht werden.
Erstaunlich ist das nicht angesichts der langen Geschichte dieser Band und der persönlichen Entwicklung, die jeder Musiker in den letzten 40 Jahren zurückgelegt hat, aber auch nicht selbstverständlich. Was lang gehalten hat, kann sich auch mal erschöpfen, und was jedes Mitglied an eigenen Erfahrungen gesammelt hat, könnte sich auch gegenseitig im Wege stehen. Bei OM scheint das Fundament intakt, zumal die Musiker alle noch immer in Luzern leben und einander freundschaftlich verbunden sind. Dessen ungeachtet ist auch diese Band nicht davor gefeit, sich die grundlegenden Fragen zu stellen: Was haben wir zu sagen? Ist die Musik schlüssig? Bleibt sie wach?
Reine Improvisation ist angesagt
Viel Wasser ist seit ihrer Gründung im Jahr 1972 die Reuss heruntergeflossen. Nach vier Alben und zahlreichen Konzerten und Festivalauftritten in ganz Europa hatte sich die Band 1982 aufgelöst. OM waren richtig erfolgreich und gehörten im rockbetonten Electric Jazz zu den europäischen Spitzenformationen. Seit ihrer Reunion 2008 im KKL Luzern sind sie an besonderen Anlässen und Festivals sporadisch wieder aufgetreten. Früher interagierten sie mit kompositorischem Material, heute ist reine Improvisation angesagt. Aber auch dort lauern Abgründe, Dümpelstellen. Um ihre Musik akut zu halten, haben OM auch schon konzeptionell gearbeitet, etwa zum Thema «In a Silent Mood» (Joe Zawinul) am Festival Alpentöne. Im «Bau 4» haben sie mit Headset und Mikrofon ein Live-Conducting mit sich selber versucht. «Es war zu technisch, das ist uns eher im Weg gestanden», sagt Bassist Bobby Burri.
Jetzt sind die Jazzkantine-Konzerte zur Versuchsanordnung auf dem Weg in die Zukunft geworden. «Wir wollen spielen, um den musikalischen Kontakt untereinander und unsere Musik zu stärken und weiterzubringen», sagt Gitarrist Christy Doran. Und er erklärt auch gleich, warum die Konzerte keine öffentlichen Proben oder Werkstattkonzerte sind. «Das Probelokal ist der Ort, um Sachen auszuprobieren. Vor Publikum konzertieren wir, stellen wir etwas hin.»
Kontinuierlich weiterentwickeln
Für Schlagzeuger Fredy Studer steckt hinter den Jazzkantine-Konzerten die Absicht, «dass das Vehikel OM in Bewegung bleibt und wir uns kontinuierlich weiterentwickeln können.» Ab und zu probt die Band in Duos. Die dort entstehenden Elemente fliessen – oft in einem Überraschungseffekt – wieder ins Quartett ein. Genauso wie die unterschiedlichsten Erfahrungen, die jeder Musiker mit seinen eigenen Projekten mitbringt.
Die Musik sei jedes Mal wieder anders, sagt Doran zur bisherigen Konzertreihe. «Neue musikalische Ideen entstehen.» Auch für Studer geht es vorwärts, «wenn auch in relativ kleinen Schritten. Aber wir sind in einen Fluss gekommen, die Musik entwickelt sich.» Der Saxofonist Urs Leimgruber hat registriert, dass die Konzerte beim Publikum eine Bewegung auslösten. «Viele Zuhörer kommen regelmässig an die Konzerte und lassen sich mit Leidenschaft auf unbekannte Klänge ein.»
Bobby Burri, der im Gegensatz zu den öffentlich präsenten Doran, Leimgruber und Studer als stiller Schaffer bezeichnet werden muss, hat mit seinen Ideen und Interaktionen die Band in der Jazzkantine wiederholt auf einen guten Groove gebracht. Burri stellt eine gute Spannung in der Musik fest und spricht von einer «positiven Routine»: «Wir kennen uns gut, andererseits sind wir bereit, immer mal wieder ein Risiko einzugehen. Dass wir musikalisch mal einen Hänger haben, kann vorkommen, aber inzwischen eher in Ausnahmefällen.» OM werden die Reihe nächstes Jahr fortsetzen. Auch dann wird gelten, wie es Urs Leimgruber formuliert: «Wir entwickeln uns weiter. Jedes Konzert ist ein Unikat.» (Pirmin Bossart, kultur@luzernerzeitung.ch)
https://de.wikipedia.org/wiki/OM_(Rockjazz-Band)