So 24. Juni 2018
20:30

Lee Konitz Quartet (USA/D)

Lee Konitz: alto saxophone, vocals
Florian Weber: piano
Jeremy Stratton: bass
George Schuller: drums

Der vollendeste, eigenwilligste Ästhet unter den weißen Jazzmusikern ist der 1927 (!!) geborene Altsaxophonist Lee Konitz, einer der letzten noch lebenden Giganten des Jazz. Einer der nachhaltig Jazzgeschichte geschrieben hat, diese noch immer belebt, neben Charlie Parker einst die andere originelle, maßgebliche Jazzerneuerung initiierte, neue Klangqualitäten, motivisch gebaute Tonketten eingebracht hat und die sogenannte „Cool“-Ästhetik neben Lennie Tristano entscheidend prägte. Seine von einem vibratolosen Ton, der mittlerweile einer luftigen Expressivität zuspricht, gekennzeichnete Legatospielweise, die er zu eindringlichen Klangbändern, die im Mezzoforte-Bereich herumflanieren, verknüpft, hat nichts an Eleganz, Frische und Imaginationskraft verloren. An diesem Abend konnte man beeindruckt und ehrfürchtig Zeuge davon werden. Mit den um sicher vierzig Jahre jüngeren Partnern, mit denen Konitz seit einigen Jahren arbeitet, hat er kongeniale Klangaficionados gefunden. Welche, die seinen kautzigen Lyrismus und dessen lineare Fortschreitung inspiriert tragen. Mit subtilen Walkingbass-Linien und melodisch farbigem Arco-Spiel des Bassisten, reduktionistischer Akkordik, sensibel arrangiert, vom harmonisch ausgeweitet denkenden Pianisten, und einem Schlagzeuger, der ein wahrer Klangkolorist ist und mit seinen Aussparungen im Spiel einerseits die Spannung noch oben schraubte und andererseits durch unorthodoxe Akzentuierungen die Motorik der Musik entscheidend vorantrieb. Als Novum stellt sich Konitz` gelegentlicher Stimmeinsatz dar, er sang, mit Spielwitz gepaart, sozusagen seine improvisierten Saxophonlinien, was ihn als den wohl coolsten non-verbalen „Crooner“ auswies. Zumeist tat er dies über Standards. Apropo Standards, einmal mehr demonstrierte Konitz auch seine einzigartige Kunst, Standards bis auf´s Skelett entkleiden und ihnen eine neue Haut überziehen zu können. Absolute-Lee amazing. So geschehen und erklungen beim Konzert 2015. Es ist auch diesmal davon auszugehen, dass der Meister den coolen Club mit unvergleichlicher Coolness souverän „herunterkühlt“. (Hannes Schweiger)